Das Innenministerium präsentierte am 24. Juli 2024 zum dritten Mal den Lagebericht zum Thema „hate crime“. Darin enthalten sind auch Informationen zur Situation von Menschen mit Behinderungen.
„Hate Crime“ bedeutet auf Deutsch Hassverbrechen. Der Bericht für das Jahr 2023 erfasst auch Hassverbrechen gegen Menschen mit Behinderungen. Dabei zeigt sich, dass insbesondere Menschen mit Behinderungen, die in Einrichtungen leben oder arbeiten, besonders stark von solchen Verbrechen betroffen sind.
Unter „hate crime“ versteht man Straftaten, die begangen werden, weil Täter:innen Vorurteilen gegen eine bestimmte Gruppe haben. Diese Verbrechen betreffen zum Beispiel Menschen mit Behinderungen, Menschen mit einer anderen Weltanschauung, Herkunft, Religion, sexueller Orientierung oder sozialem Status.
Seit 2020 ist das Erkennen und systematische Erfassen von Hassverbrechen fixer Bestandteil der polizeilichen Arbeit. Hassverbrechen als solche zu erkennen und ernst zu nehmen, ist wichtig bei der Strafzumessung. Das heißt, bei der Entscheidung, welche Strafe Täter:innen erhalten.
Schon 2011 forderte deshalb der Klagsverband, dass Hassverbrechen auch als solche anerkannt werden.
Deliktskennung Vorurteilsmotiv (VM)
Das Innenministerium präsentiert 2024 zum dritten Mal einen Lagebericht zum Thema „hate crime“. Im Jahr 2023 erfasste die Polizei in diesem Zusammenhang bundesweit 6.461 Vorurteilsmotive bei 5.668 Straftaten.
Die Deliktskennung Vorurteilsmotiv (VM) wurden in neun Bereichen erfasst und nach Häufigkeit gereiht.
2023 wurden folgende Motive bei Straftaten erfasst:
- Weltanschauung 2.706
- Nationale/Ethnische Herkunft 1.612
- Religion 700
- sexuelle Orientierung 446
- Hautfarbe 293
- Geschlecht 248
- Alter 176
- Behinderung 144
- sozialer Status 136
In allen Bundesländern werden die meisten Straftaten aufgrund eines Vorurteils gegen die „Weltanschauung“, gefolgt vom Vorurteil gegen „Nationale/Ethnische Herkunft“ und „Religion“ begangen.
Der Bericht ermittelt außerdem die Art der Straftaten, die Täter:innen und wo die Straftaten begangen werden (öffentlich, im Privatbereich oder durch das Internet).
Zur Situation von Menschen mit Behinderungen
Laut Bericht sind insgesamt bei 144 Hassverbrechen Menschen mit Behinderungen betroffen. Bei der Art der begangenen Straftaten zeigt sich folgendes Bild:
Gegen Menschen mit körperlichen Behinderungen und Menschen mit Sinnesbehinderungen kommt es vermehrt zu Eigentumsdelikten, wie Sachbeschädigung (17 VM), Diebstahl (12 VM) und Raub 45 Prozent (6 VM). Herabwürdigungen durch Verhetzungen und Verstöße gegen das Verbotsgesetz belaufen sich auf knapp 17 Prozent.
Hingegen sind die Motive bei Straftaten an Menschen mit psychischen Behinderungen oder Menschen mit Lernschwierigkeiten vielfältiger. Fast jedes zweite Vorurteilsmotiv (42 Prozent) ist eine unmittelbare Auseinandersetzung, wie Körperverletzungen (14 VM), gefährliche Drohungen (9 VM) und sexueller Missbrauch (5 VM). Die Eigentumsdelikte belaufen sich dann nur auf 16 Prozent.
Hier einige konkrete Beispiele für Taten:
- Sachbeschädigungen: zum Beispiel der Notfallschnur am Behinderten-WC oder am Spezial-Fahrrad, Anzünden des Rollstuhls
- Verstöße gegen das Verbotsgesetz: belustigende, NS-verherrlichende behindertenfeindliche Bilder im Internet; Verhetzung von „Integrationsschüler:innen“ bzw. „Autist:innen“
- Körperverletzungen: Umwerfen eines Rollstuhlfahrers
- Beleidigungen: eine Person mit Trisomie 21 wurde auf einem Behindertenparkplatz vor Zeug:innen als „Krüppel“ bezeichnet, Mobbing an Schulen.
Die Einrichtung als Tatort
In Bezug auf die Orte, in denen die Hassverbrechen verübt werden, ist festzustellen, dass Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen, insbesondere Pflege- und Bildungseinrichtungen, besonders stark betroffen sind.