Landau: „Endlich in Barrierefreiheit investieren!“

Caritas-Präsident kritisiert zum Tag der Menschen mit Behinderung (3. Dezember) Fristverlängerung im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz - Viele Länder gänzlich säumig

Michael Landau
Caritas Österreich

„Es muss endlich in Barrierefreiheit investiert werden!“: Caritas-Präsident Michael Landau hat am Montag in einem „Kathpress“-Gespräch gefordert, dass alle öffentliche Verkehrsmittel, Gebäude und Betriebe, die in die staatliche Zuständigkeit fallen, barrierefrei sein müssen. Diese laut Bundesbehindertengleichstellungsgesetz bis 2016 umzusetzende Verpflichtung des Bundes sei allerdings jetzt schon auf 2020 verlängert worden. „Das ist, als ob ich mir selbst eine Entschuldigung schreiben würde“, ärgerte sich Landau in dem Gespräch anlässlich des Tages der Menschen mit Behinderung am 3. Dezember: „Entschlossenheit bei der Gleichstellung von Menschen mit Behinderung sieht anders aus.“

Noch schlimmer ist die Situation nach den Worten Landaus im Zuständigkeitsbereich der Bundesländer: Für die unter Landesrecht fallenden Pflichtschulen und Kindergärten gebe es keine Frist, bis wann sie barrierefrei sein müssen. Wien und die Steiermark hätten immerhin bereits Etappenpläne zur Barrierefreiheit erstellt, in Kärnten sei ein solcher in Arbeit. Die sechs anderen Bundesländer „legen ihre Hände in den Schoß“, kritisierte der Caritas-Präsident.

Und auch Wien will nach seinen Informationen „erst 2042 völlig barrierefrei sein“. Landau: „Für Kinder mit Behinderungen und deren Familien, die heute einen inklusiven, barrierefreien Schulplatz suchen, ist das nicht zu akzeptieren. 28 Jahre Wartezeit sind eine Zumutung.“

Die Caritas vermisst klar kommunizierte und vor allem rasch umsetzbare Ziele für ganz Österreich. Landau forderte ein Investitionsprogramm für Barrierefreiheit, in dem Schulen und Kindergärten Priorität haben. „Die vieldiskutierte Inklusion in der Schule wird nicht umsetzbar sein, wenn es an der Grundvoraussetzung – der Barrierefreiheit – fehlt“, sagte Landau.

Viele Beispiele für fehlende Gleichberechtigung

In der konkreten Caritas-Arbeit stoßen Mitarbeiter, wie Landau berichtete, immer wieder auf Beispiele, wo Menschen mit Behinderungen eben nicht gleichberechtigt am Leben teilhaben können, weil sie auf Barrieren stoßen. Landau erzählte von Herrn H., Teilnehmer eines Caritas-Workshops zum Thema Inklusion, der Englisch lernen und richtige Kurse besuchen möchte. Frau B. würde gern mit ihrem Freund von der betreuten Wohngemeinschaft in eine eigene Wohnung ziehen. Und der sechsjährige Emil vermisse seinen im Rollstuhl sitzenden Vater, wenn die Volksschüler den Eltern Weihnachtslieder vorsingen und der Vater wegen des fehlenden Aufzugs in der Schule nicht dabei sein kann.

„Es ist in den vergangenen Jahren ohne Zweifel einiges zur Verbesserung der Barrierefreiheit passiert“, merkte Landau an. „Doch tatsächlich bleibt noch viel zu tun.“ Auch im gesetzlichen Bereich: Bisher gebe es kaum Möglichkeiten, das Recht auf Barrierefreiheit wirksam einzuklagen.

„Ein Gericht kann zum Beispiel einem Rollstuhlfahrer, der aufgrund von Stufen ein Gebäude nicht benutzen kann, lediglich Schadenersatz für den immateriellen Schaden einer erlittenen Kränkung zusprechen“, erklärte Landau. Das Gericht könne jedoch nicht die Beseitigung einer Barriere verlangen, indem beispielsweise eine Rampe gebaut wird. Ein Unterlassungsanspruch im Bundesbehindertengleichstellungsgesetz würde dem abhelfen.

Das von der Caritas verlangte baldige Investitionsprogramm für Barrierefreiheit in Österreich würde gerade in der Wirtschaftskrise doppelt Sinn machen, wies Landau abschließend hin: Zum einen würden Arbeitsplätze geschaffen, zum anderen wären neben behinderten auch ältere Menschen oder Eltern mit kleinen Kindern Nutznießer. „Barrierefreiheit ist also in jedem Fall ein Zukunftsprogramm“, so Landau.

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