Lebenshilfe zeigt sich verärgert über Aussagen Minister Hundstorfers
„Die langjährige unbestrittene Erfolgsformel des Pflegegeldes, pflegebedingte Mehraufwendungen pauschal abzugelten, muss beibehalten werden! Dadurch wird ein weitgehend selbstbestimmtes, an den persönlichen oder familiären Bedürfnissen orientiertes Leben sowie eine Wahlmöglichkeit zwischen Pflege in vertrauter Umgebung und einer Betreuungseinrichtung eher ermöglicht“, meint Lebenshilfe-Bundesgeschäftsführer Albert Brandstätter.
Dieses Prinzip wurde am 21.10. von Sozialminister Hundstorfer im Nationalrat in Frage gestellt, indem er postulierte, viele Menschen würden das erhaltene Pflegegeld nicht für Leistungen wie etwa mobile Dienste verwenden. Daher müsse ein künftiger Pflegefonds sachleistungsorientiert sein. Nur nach dem Gießkannenprinzip vorzugehen, funktioniere nicht.
Lebenshilfe: Sparen bei Pflegegeldverwaltung ist sinnvoll
„Ich frage da: Was funktioniert denn nicht daran? Hier ist doch eher bei der Pflegegeldverwaltung anzusetzen: Die Verwaltungskosten liegen laut Rechnungshofbericht oft weit über dem angestrebten Prozentsatz. Viele Einstufungen erfolgen ohne Hausbesuche. Sehr häufig kommt das Geld gar nicht in vollem Ausmaß bei den Pflegebedürftigen an“, ärgert sich Brandstätter.
Die Lebenshilfe fordert daher eine Verkürzung der Verfahrensdauer, einheitliche Rechtsträger, Vereinheitlichung der Einstufung und bundeseinheitliche Standards, ein multidisziplinäres und evidenzbasiertes Einstufen. Dies geht in Richtung Absicherung selbst-bestimmten Lebens und der Wahlfreiheit der Familien.
Selbstbestimmung und Wahlfreiheit müssen Grundlagen bleiben
Sozialminister Hundstorfer bietet eine reine Sparlogik zu Lasten der Betroffenen: Ausgaben sollen möglichst dann finanziert werden, wenn der Staat sie in anderer Form – im Sinne von Mitfinanzierung von Sachleistungen – wieder hereinbekommt. Und eines irritiert besonders: Hundstorfer streut den Verdacht, dass die Familien oder Betroffenen das Geld nur einbehalten, aber nicht für Pflegeleistungen verwenden.
„Wenn hier Familien eine große Betreuungsleistung erbringen, wenn einzelne Betroffene sich hier eine Hilfe und da eine Unterstützung mehr finanzieren können, müssen sie sich doch nicht ständig rechtfertigen! Hier alles über organisierte mobile Dienste abwickeln zu lassen, lässt den betroffenen Menschen noch weniger Wahlfreiheit als sie ohnehin haben“, betont Brandstätter.
In der UN-Behindertenrechtskonvention stehen als grundlegende Momente von Inklusion persönliche Assistenz und Wahlfreiheit in Bezug auf die Anspruchnahme oder Nicht-Inanspruchnahme von Dienstleistungen.
„Da kann ich nur sagen: Hände weg vom Pflegegeld, wenn das nur unter einer Sparlogik und in Richtung verschärfter Kontrollmechanismen und Einschränkung der Wahlfreiheit der einzelnen Bezieher geschieht! Diskussionen über die Zukunft des Pflegegeldes und vor allem über eine Vereinfachung seiner Verwaltung ja, aber nicht in dieser Weise: Hier fordert die Lebenshilfe weiterhin einen runden Tisch“, so Brandstätter abschließend.