Die am 25. Oktober 2006 mit BGBl. II Nr. 405/2006 im Bundesgesetzblatt kundgemachte Änderung der Ausländerbeschäftigungsverordnung trat mit 1. November 2006 in Kraft.
Seit einigen Monaten ist das Problem der illegalen Pflege – besonders brisant bei der sog. 24-Stunden- bzw. Rund-um-die-Uhr-Pflege – durch ausländische Pflegekräfte in der österreichischen politischen Szene zur quasi causa prima gemacht worden.
Nun hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) mit der jüngsten Änderung der Ausländerbeschäftigungsverordnung – AuslBVO – versucht, das Problem zu entschärfen.
Die Eckdaten im Überblick:
Nach der durch die Änderung neu eingefügten Bestimmung des § 1 Z 6 der Ausländerbeschäftigungsverordnung kann die Pflege durch eine ausländische Pflegekraft, die ansich den Übergangsbestimmungen zur EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit unterliegt – also insb. Angehörige eines der „neuen EU-Mitgliedstaaten, wie z. B. der Tschechischen und Slowakischen Republik, Polens, Ungarns etc.“ -, unter folgenden Voraussetzungen legal erbracht werden:
- Es muss sich um die Erbringung von Pflege und Betreuung in einem privaten Haushalt handeln,
- die zu pflegende Person muss zumindest ein Pflegegeld der Stufe 3 nach dem Bundes- oder einem Landespflegegeldgesetz beziehen,
- die zu pflegende Person, ein Angehöriger derselben oder eine inländische Pflege- und Betreuungseinrichtung muss als Arbeitgeber dieser Pflegeperson auftreten und
- das Beschäftigungsverhältnis muss der Vollbeschäftigung – also mit Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherungspflicht – unterliegen
Damit ist jedoch klargestellt, dass der Einsatz solcher ausländischen Pflegekräfte bei Beziehern eines Pflegegeldes der Stufen 1 und 2 auch weiterhin nicht legal erbracht werden kann, da sie diesfalls noch immer den Übergangsbestimmungen von der EU-Arbeitnehmerfreizügigkeit, also der siebenjährigen Beschäftigungsverbotsfrist, unterliegen.
Und darüber hinaus steht zu bezweifeln, dass diese Maßnahme das Problem nachhaltig lösen kann, wenn ein legales Pflege- und Betreuungsbeschäftigungsverhältnis zu einer solchen ausländischen Pflegekraft mit Pflegegeldbeziehern ab Stufe 3 nur bei einem – für die meisten pflegebedürftigen Personen kaum leistbaren – Vollbeschäftigungsverhältnis zustande kommen kann; ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis, das lediglich der Teilversicherung unterläge und in vielen Fällen wohl gerade noch leistbar wäre, reicht für eine legale Beschäftigung ausländischer Pflegekräfte nach der neuen Rechtslage nicht aus. Und so wird wohl schon aus Gründen der mangelnden Leistbarkeit von solchen legalen Beschäftigungsverhältnissen für die pflegebedürftigen Menschen in den meisten Fällen wohl kein Gebrauch gemacht werden können.
Das Pflegegeld kommt nach einer Erhebung auf Basis der Lohnsteuerstatistik 2003 doch überwiegend den schwachen Einkommensschichten zugute – rund 60 % der Bezieher hatten ein Bruttomonatseinkommen unter 860 und rund 27 % sogar unter 570; rund 99 % der Bezieher lagen unter der Höchstbeitragsgrundlage ( 3.270 monatlich).
Und zu guter Letzt ist noch die Frage offen, was mit Fällen, die vor dem 1. November 2006 ein solches illegales Pflegeverhältnis hatten, geschieht.
Eines ist jedoch sicher: Das Problem des Mangels an ausreichenden leistbaren Pflegeangeboten für Pflege zu Hause, und hier insb. von 24-Stunden-Pflege, ist durch diese Maßnahme nicht gelöst.
Anonymous,
26.11.2006, 11:36
Wir brauchen zweierlei. Einerseits eine Gesetz, welches den Betroffenen Geld sichert (beispielsweise Modell Schweden) und andererseits ein Arbeitsrecht, dass es auch einzelnen leicht ermöglicht Arbeitsplätze zu schaffen. Es kann ja nicht wirklich Ziel der Politik sein, die Leute in die Schwarzarbeit und die Arbeit von teilweise windschiefen Vereinen zu treiben.
Dass die klassischen Betreuungsorganisationen mit ihren überhöhten Preisen pro Stunde für viele keine Lösung darstellen, hat die Vergangenheit ja eindrucksvoll bewiesen und erst zu den nun bekannten Problemen geführt.
Franz,
26.11.2006, 11:12
Sehr geehrter Herr Lichtenauer! Die zunächst scherzhaften Überlegungen machten wir bewußt, daß die Form der Betreuung durch ausländische Pflegekräfte derzeit jenseits einer praktikablen Lösung sind. Kaum jemand ist in der Lage, solche Dienstverhältnisse gesamthaft korrekt abzuwickeln, was aber das Ziel sein muß. Sie haben richtigerweise auf mögliche Risken hingewiesen. Momentan scheint es mir einzig sinnvoll, dies hinkünftig über gut organisierte Vereine abzuwickeln (wünschenswert wäre da allerdings eine politikfreie Zone). Ich denke, die Menschen sind in dieser Angelegenheit nach wie vor von der Politik alleine gelassen!
Ob man nicht eine rechtliche Basis dafür schaffen könnte, daß diese Pflegetätigkeit in einem sicheren rechtlichen Rahmen in Form des Einzelunternehmers erfolgt? Ansonsten bliebe nur die Zwischenschaltung von Trägervereinen (möglichst politikfreie Zone), mit dem Vorteil, daß es auch eine Qualitätskontrolle und Aufsichtspflicht gibt?
Gerhard Lichtenauer,
25.11.2006, 14:00
Hallo anonym (Franz), mir scheint, Sie brauchen nicht mehr viel Nachhilfe, aber das Modell der Persönlichen Assistenz nach dem Arbeitgebermodell hat wahrlich auch seine Tücken und Risiken. Wehe, ein Assistent ist mal nicht (mehr) wohl gesonnen und fordert seine Rechte gerichtlich ein. Da würde es wohl fast immer etwas „zu holen“ geben, auch wenn der Dienstgeber immer alles korrekt abwickeln wollte.
Das wissen nur wenige (AG/AN): Für geringfügig Beschäftigte gelten dieselben arbeitsrechtlichen Bestimmungen wie für alle anderen Dienstverhältnisse. Also Anspruch auf 5-6 Wochen Urlaub, Pflegefreistellung, Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Abfertigung alt/neu, etc. Weitere Infos per Suchmaschine: „wkw+geringfügige+arbeitsrecht“ (ohne „“).
Anonymous,
24.11.2006, 22:16
Hallo Herr Lichtenauer! Ich bin verblüfft! Wie ich da wohl eingefahren wäre, nachdem ich soviel Wichtiges vergessen habe. War da nicht früher, als es noch nicht ausschließlich „geringfügig Beschäftigte“ gab auch mal eine Abfertigung zu berappen?
Ich denke gerade, ob uns da das WIFI Betriebsservice fundiert auf Vordermann bringen könnte, gleichzeitig fällt mir ein, dass ich die Unternehmerprüfung auch noch nachholen sollte. Bis ich alles beisammen hab und endich straffrei starten kann, liege ich vermutlich in einem Pflegebett und gebe einem Illegalen Nachhilfe!
Gerhard Lichtenauer,
23.11.2006, 02:35
@ Franz, mir fällt auch noch was ein (und ist sicher noch nicht vollständig): Sollten Sie über 30 kg wiegen, dürfen Sie nicht ohne Hilfsmittel gehoben werden. Ausstellung von Dienstvertrag und Dienstzeugnis. Einhaltung von Kündigungsfristen, Schutzbestimmungen und Kündigungsschutz während Schwangerschaft, Mutterschutz und Wiedereinstellungspflicht. Für Weiterbildung sollten Sie auch sorgen. Behördenwege und Arztbesuche müssen Sie während der Arbeitszeit gewähren. Für jederzeit abrufbare Ersatzkräfte sind Entgelte für Bereitschaftszeiten zu zahlen. Abfertigung NEU bzw. Abfertigung ALT, falls Dienstverhältnis schon seit Jahren besteht. Und damit geht’s jetzt ans Eingemachte: Nachzahlung von allem genannten für die vergangenen Jahre, zuzüglich Finanzstrafe!
Aber Sie dürfen beruhigt sein, Sie verstossen nun nicht mehr gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz (wenn Sie alles andere einhalten).
Franz,
22.11.2006, 21:47
Mein Artikel von vorhin wurde aus unbekannter Ursache nicht vollständig wiedergegeben, bitte lesen Sie hier das Ende: … weil im Gesetz diese Tätigkeit vermutlich gar nicht vorgesehen regressiert die AUVA die Heilungskosten, das wir teuer!
Damit, und das ist sicher, brauch ich irgendwann auch noch den Konkursrichter, aber daß est dann eh schon wurscht, weil bei mir ist eh keinen Pfenning mehr zu holen.
Halt! Jetzt haben wir doch noch auf eine ganz andere Sache vergessen: wir wollten doch jemand liebevolle Pflege zukommen lassen, aber wie soll das gehen?
Franz,
22.11.2006, 21:38
Ich bin betroffen – in zweifacher Hinsicht – und weiß nicht, wie ich nun vorgehen sollte.
„Die Rund-um-die-Uhr-Plege“ in meinem Fall beansprucht etwa 170 Monatsstunden, bei etwa 9Euro Stundensatz für Hausangestellte (stimmt das ?) kämen da so rund 1.500/Monat raus, zusätzlich den Arbeitgeberanteil in Höhe von ??%, dann weitere zwei Monatsgehälter 13/14, zuzüglich Urlaubsvertretung natürlich auch gegen Bezahlung. Im Krankheitsfall zahle ich dann natürlich weiter (Entgeltfortzahlung) und muss mir eine zusätzliche Vertretung leisten. Für Dienste ausserhalb der Normalarbeitszeit fallen 50 oder 100%-ige Überstundenzuschläge an (man denke an Sonn- und Feiertage !!). Gesetzliche Bestimmung der Nachtruhezeit (11Std.) sind bei Strafe einzuhalten. Hoffentlich ist der zu Pflegende so verständnisvoll. Kann die durchgehende Wochenendruhe von 36Stunden nicht eingehalten werden, fallen teure Ersatzruhezeiten an, die aber in der darauffolgenden Woche zu konsumieren sind (jetzt brauch ich schon wieder eine Vertretungskraft). Da es sich beim Haushalt nun um einen Arbeitsplatz handelt, bin ich gezwungen, für die Arbeitssicherheit auch die Evaluierung durchführen zu lassen, der Arbeitsmediziner müsste weiters prüfen, ob alles ok ist, ich muß Arbeitszeitaufzeichnungen führen und bei Kontrolle vorweisen können.
Keine Ahnung, was ich jetzt noch alles übersehen habe und muss mir deswegen vorsorglich einen Steuerberater, Rechtsanwalt und sonst ‚was leisten, um nicht mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, sonst bin ich vorbestraft. Für das Finanzamt wird wohl ein Steuerkonto einzrichten sein und auf die Betriebsprüfung durch die Krankenkasse – natürlich vor Ort – freu ich mich wirklich schon sehr. Die Bank habe ich vergessen, Barzahlung ist wegen der Beweispflicht nicht wirklich sinnvoll. Hoffentlich geht die ausländische Pflegekraft nicht einkaufen und wird dabei verletzt, dann habe ich einen Betriebsunfall abzuwickeln und – weil im Gesetz diese Tätigkeit vermutlich gar nicht vorgesehe
Klaudia Karoliny,
17.11.2006, 20:15
Es ist echt zermürbend, wie über die Köpfe der Betroffenen und Angehörigen von den PolitikerInnen hinweg entschieden wird!
Wer bitte soll sich eine Rund-um-die-Uhr-Assistenz unter solchen Bedingungen leisten können – und schon gar nicht aus dem ausbezahlten Pflegegeld. Es deckt bei weitem nicht den erhöhten Aufwand aufgrund von Krankheit oder Behinderung (jede Stelle bedient sich dessen durch Selbstbehalte udgl.) und schon gar nicht die notwendige Hilfe und Unterstützung.
Ich bin auch enttäuscht, dass es die PflegegeldbezieherInnen der Stufen 1 und 2 nicht erfasst. Teilzeitjobs müssten meiner Meinung nach aber wirklich möglich sein!
Gerhard Lichtenauer,
17.11.2006, 11:48
Wie soll auch eine vernünftige Lösung zustande kommen, wenn nicht nur die Betroffenen (also Experten in eigener Sache) niemals in die Entscheidungsprozesse eingebunden wurden, sondern auch die Lösungsvorschläge und Warnungen vieler anerkannter Experten und Organisationen beharrlich ignoriert werden.