Linzer Sozialamt kassierte Weihnachtsspende ein

Eine Spende aus einer vorweihnachtlichen Hilfsaktion von 1.000 Euro sollte einem 26-jährigen Linzer endlich ein richtiges Bett, einen Kühlschrank, einen Herd und evtl. auch eine Waschmaschine bescheren.

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Denn vom laufenden Sozialhilfebezug gehen sich solche Wohnträume nicht aus. Doch das Sozialamt Linz setzte aufgrund der Spende den Sozialhilfebezug des jungen psychisch erkrankten Mannes im Folgemonat auf Null. Die Begründung: Wer eine derartig hohe Spende erhält, benötigt keine Sozialhilfe mehr.

Der junge Mann hat es nicht leicht gehabt. Wegen schwieriger familiärer Verhältnisse verlor er schon mit 14 Jahren sein Zuhause, war einige Zeit wohnungslos und wurde drogenabhängig. Mit Unterstützung seiner Erwachsenenvertreterin von VertretungsNetz und einer Bewährungshelferin vom Verein „Neustart“ hat er gerade erst angefangen, sich ein stabiles Leben aufzubauen. Im Mai hat er einen Schnuppertermin für eine Arbeitsstelle.

VertretungsNetz bekämpfte den Sozialhilfebescheid des Linzers vor dem Landesverwaltungs­gericht (LVwG). Denn der Spendenbetrag sollte ja die außerordentlichen Kosten des Wohnbedarfs abdecken. Die Spende sei daher wie eine Zusatzleistung zur Vermeidung besonderer Härtefälle zu behandeln. Das Gericht folgte nun aber der Argumentation des Magistrats Linz: Der junge Mann hätte beim Sozialamt um eine Sonderleistung ansuchen können.

Was ist ein Härtefall?

Das lässt Birgit Lechner, Rechtsberaterin bei VertretungsNetz in OÖ nicht gelten: „Das Sozialamt bewilligt solche Zusatzleistungen in der Praxis so gut wie nie. Unsere Erfahrung aus den letzten Jahren, seit das Sozialhilfe-Ausführungsgesetz in OÖ umgesetzt wird, zeigt: Egal, ob es um eine dringende Zahnbehandlung, eine kaputte Waschmaschine oder um einen Umzug geht, die Antwort lautet oft ‚Nein‘.“

Seitens des Magistrats Linz bestätigt man diese Wahrnehmung von VertretungsNetz und anderen sozialen Organisationen sogar auf eine Anfrage der OÖN: „Das machen wir tatsächlich nur in Härtefällen, es besteht kein Rechtsanspruch“. Birgit Lechner ärgert sich: „Kein Bett zu haben und auf einer Couch zu schlafen, die man auf der Straße gefunden hat, ist für das Magistrat Linz also ‚kein Härtefall‘. Was dann?“

Fehlkonstruktion Sozialhilfe

Mit dem Sozialhilfe-Grundsatzgesetz wurde die Hilfe in besonderen Lebenslagen leider auf gesetzlicher Ebene stark eingeschränkt. Die Behörden in den meisten Bundesländern wiederum vollziehen die sogenannten „Kann-Leistungen“ des Gesetzes in der Regel als „Nicht-Leistungen“. Dass einem armutsbetroffenen Menschen nun auch das Spendengeld für ein Bett wieder abgenommen wird, macht deutlich, wie dringend das System reformiert werden muss. Die jüngsten Zahlen zeigen zudem einen dramatischen Anstieg der Armut in Österreich. Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen sind davon besonders stark betroffen.

VertretungsNetz fordert daher ganz grundsätzlich, soziale Rechte – etwa auf Pflege, Gesundheit, Wohnen und soziale Sicherheit – in der Verfassung zu verankern, damit man bei diesen fundamentalen Gütern des Lebens nicht auf den „Good will“ des einfachen Gesetzgebers angewiesen ist. Außerdem prüft der Verein nun weitere rechtliche Schritte gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts.

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6 Kommentare

  • Auch diesbezüglich bestätigt sich der Satz:“Nach unten treten geht immer!“
    Nur beschämend!

  • Unglaublich demütigend und unsozial ist dieses Gesetz! Und leider auch manche Schreibtischtäter*innen. Es dürfte auch am internen „System“ liegen, wie manche Sachen ausgelegt werden. Jedenfalls zum Schämen!

  • Wie überhaupt hat das Sozialamt von der Spende erfahren?
    Warum hilft man Menschen nicht dabei, bewusst eingebaute Rechtslücken für sich zu nutzen? Dafür sind sie ja da. Unsere gewählten Saubermänner und -frauen machen es uns täglich vor, warum sich nicht an ihnen orientieren?
    Das Sozialamt geht es genau 0 an, was mir geschenkt / gespendet wird, auch wenn es und auch das Recht da sicher anderer Meinung ist. Aber es gibt bsp das Bankgeheimnis, das Datenschutzrecht, die für Jedermann gelten. Und auf diese Rechte sollte man nicht verzichten. Mit SpenderInnen kann man die Bedingungen, wie die Spende erfolgen soll, verhandeln. In Form von Bargeld zB.

  • Das Sozialhilfegesetz ist alles andere als gut. Es verhindert keine Armut, sondern fördert sie! Hier besteht dringender Handlungsbedarf.

    Aber derzeit gilt das Gesetz! Warum musste man dem Mann eine Geldspende zukommen lassen und ihn derart in Schwierigkeiten bringen. Warum konnte man ihm nicht einfach ein richtiges Bett, einen Kühlschrank, einen Herd schenken?

    Dann wäre dem Mann geholfen, und das Gericht hätte nicht auf Grund eines Gesetzes, das schlecht ist, urteilen müssen!

    • Eine Geldspende nimmt dem Empfänger nicht die Freiheit, für sich geeignete Sachen zu kaufen und der Aufwand für den Spender ist minimal.
      Bei einer Sachspende steigt der Aufwand, wenn der Empfänger von ihr wirklich profitieren soll.
      Davon abgesehen kann nicht dem Rechtsunterworfenen angelastet werden, dass aus einer freiwilligen Zuwendung in offensichtlich überschaubarer Höhe sozialrechtlich ein anrechenbares Einkommen wird. Das ist völlig lebensfremd und läuft möglicherweise auch der subjektiven Moral der Rechtsunterworfenen zuwider, was die Effektivität des Gesetzes beeinträchtigt. Denn gegen das Gesetz, das auch von den Handelnden als gut und richtig empfunden wird, wird mit Sicherheit weniger verstoßen.

  • Hier stand ein rassistischer Kommentar der nur Lügen und Schimpfwörter beinhaltete, er wurde von der Redaktion gelöscht.

    Wir bitten darum höflich zu bleiben.