Deutsche Staatssekretärin im Gespräch mit Nationalratsabgeordneten im Parlament
Wie steht es mit der Teilhabe behinderter Menschen am gesellschaftlichen Leben in Österreich und in Deutschland? Auf welche Hürden stoßen die Betroffenen im Alltag und welche Antworten kann die Politik geben? Um diese zentralen Fragen ging es beim heutigen Gespräch der deutschen Staatssekretärin für Behindertenfragen, Gabriele Lösekrug-Möller, mit österreichischen Abgeordneten im Parlament.
Wo man eindeutig von Österreich lernen könne, sei das im Behindertengleichstellungsrecht verankerte Schlichtungsverfahren sowie die verlängerte duale Ausbildung in Integrationsbetrieben, unterstrich die SPD-Politikerin. Die TeilnehmerInnen der Unterredung kamen auch zum Schluss, dass aufgrund der in beiden Ländern bestehenden starken föderalen Strukturen die Implementierung von einheitlichen Standards oft erschwert werde.
Staatssekretärin Gabriele Lösekrug-Möller, die seit Anfang Dezember des Vorjahres als Staatssekretärin im Sozial- und Arbeitsministerium tätig ist, stellte eingangs fest, dass die Inklusion von Menschen mit Behinderung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden muss. Ihrer Ansicht nach gebe es in Deutschland zwar eine ambitionierte Sozialgesetzgebung, die jedoch einer dringenden Weiterentwicklung bedürfe. Als Beispiel nannte Lösekrug die Planungen für das – auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, SPD und CSU vereinbarte – neue Bundesteilhabegesetz, das u.a. notwendige Anpassungen an die UN-Behindertenrechtskonvention bringen soll. Weiters zeigte sie sich interessiert an den Erfahrungen Österreichs hinsichtlich der UN-Staatenprüfung und der Umsetzung der Empfehlungen des UN-Behindertenausschusses.
Als eine sehr positive Premiere bezeichnete die SPÖ-Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig den bilateralen Meinungsaustausch, der auch in Zukunft eine Fortsetzung finden sollte. Sie kam auf den Partizipationsprozess im Rahmen der Entwicklung des Nationalen Aktionsplans Behinderung zu sprechen, der ihrer Ansicht nach sehr gut abgelaufen sei und auch weiterhin von einer Begleitgruppe im Sozialministerium unterstützt werde. ÖVP-Mandatar Franz-Joseph Huainigg verwies auf die positiven Erfahrungen mit der persönlichen Assistenz am Arbeitsplatz und dem Schlichtungsverfahren, das einen niederschwelligen Zugang zum Recht gewährleiste.
G-Mandatarin Helene Jarmer beklagte die mangelnde Transparenz bei der Ausarbeitung des Nationalen Aktionsplans (NAP) Behinderung. Außerdem hätte sie sich gewünscht, dass der NAP nicht im Sozialministerium, sondern im Bundeskanzleramt angesiedelt wäre. Nachholbedarf gebe es u.a. noch bezüglich der Barrierefreiheit von Gebäuden, der Berücksichtigung der Bedürfnisse behinderter Menschen im Katastrophenschutz sowie der fehlenden Einrichtung eines 24-Stunden-Telefonnotrufs.
FPÖ-Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein wünschte sich ein generelles Umdenken in der Gesellschaft und sprach u.a. die Inklusion behinderter Kinder in den Schulen an. Der Vertreter der NEOS, Gerald Loacker, betonte, dass seine Fraktion das Thema Behinderung nicht isoliert betrachte, sondern immer in einem Gesamtkontext. Wichtig wären seiner Meinung nach Fortschritte bezüglich der Barrierefreiheit von Gebäuden. Außerdem befasste er sich mit der Durchlässigkeit der Arbeitsmärkte sowie der Finanzierbarkeit des Pflegegelds.