Man kann die Fortschritte des neuen Gesetzes („zweites Gesetz zum Schutz von Erwachsenen“) gut zeigen

Evaluierung des 2. Erwachsenenschutz-Gesetz (2. ErwSchG) im Auftrag des Bundesministeriums für Jusitz - Leichter-Lesen-Zusammenfassung des Abschlussberichts; erstellt vom Bundesministerium für Jusitz, Abt. I 1

Justizministerium bei Nacht
BIZEPS

Wenn man sich die Entwicklungen im Bereich des Schutzes von Erwachsenen ansieht, kann man klar die Ziele erkennen, die von der Politik gewünscht wurden.

Man kann die Fortschritte des neuen Gesetzes („zweites Gesetz zum Schutz von Erwachsenen“) gut zeigen:

  • die Zahl der gerichtlichen Erwachsenenvertretungen (früher hieß das „Sachwalterschaften“) ist weniger geworden, seit das neue Gesetz gilt
  • Gerichte verwenden den Genehmigungsvorbehalt, also, dass der Vertreter zu etwas zustimmen muss, selten
  • Vereine für den Schutz von Erwachsenen helfen den Gerichten bei ihren Entscheidungen und bieten auch Hilfe von Sozialarbeitern an
  • da das Gericht selten entscheidet, dass der Vertreter zustimmen muss, wird die Freiheit der betroffenen Personen nur wenig eingeschränkt
  • seit das neue Gesetz gilt, werden die Angelegenheiten, um die sich der Vertreter kümmern soll, genauer beschrieben
  • früher wurde jemand oft „in allen Angelegenheiten“ vertreten, so sagt man das jetzt nicht mehr; jetzt werden die einzelne Angelegenheiten genau aufgezählt
  • Diese Ergebnisse stammen aus der Auswertung von Daten des Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnisses (ÖZVV) und der Verfahrensautomation Justiz (VJ) sowie von Informationen, die die Erwachsenenschutzvereine über ihre Arbeit bereitgestellt haben.

Es war schwierig, die verschiedenen Informationen zusammenzuführen. Jede Quelle hat eigene Kategorien und Kriterien, diese sind speziell für die jeweilige Organisation gemacht.

Die verschiedenen Datenquellen wurden genau untersucht und Vorschläge für ihre Zusammenführung entwickelt. Damit sollen die Aufzeichnungen verbessert und die Entwicklungen im Bereich des Erwachsenenschutzgesetzes gut beobachtet werden.

In einer Befragung von Vertretenen wurde festgestellt:

  • die meisten Vertretenen haben das neue Gesetz nicht bewusst wahrgenommen, ihr Alltag wurde dadurch nicht merkbar verändert
  • die meisten Vertretenen sind mit ihren Vertretern zufrieden: Ihr Verhältnis zu ihnen ist gut
  • Nutzen vom „Clearing-Prozess“ ist manchmal schwer zu erkennen; darunter versteht man, dass vor der gerichtlichen Bestellung eines Vertreters genau geschaut werden muss, ob man wirklich einen gerichtlichen Vertreter braucht
  • die Mitarbeiter des Erwachsenenschutzvereins machen das, was im Gesetz steht und unterstützen auch sonst die Menschen, die Hilfe brauchen
  • oft sind die Vertretenen deshalb unzufrieden, weil sie denken, dass ihnen der Vertreter mehr von ihrem Geld geben sollte

In Befragungen haben die Vertreter gesagt, dass

  • sich für die Betroffenen wenig geändert hat, seit das neue Gesetz gilt
  • die Idee des neuen Gesetzes aber trotzdem begrüßt wird
  • die wichtigste Veränderung ist die Einführung des verpflichtenden Verfahrens, dass man vor der gerichtlichen Bestellung eines Vertreters genau schauen muss, ob die Person wirklich einen gerichtlichen Vertreter braucht; alle wollen aber, dass der Zeitrahmen von 3 Jahren nicht so streng eingehalten werden muss
  • die Erfahrungen in der Praxis haben gezeigt, dass man manche Regelungen im neuen Gesetz verändern muss, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen

Die Richter, die in den Vertretungsverfahren arbeiten, denken darüber ähnlich. Auch sie haben immer wieder gesagt, dass das Ziel – nämlich die Stärkung der Selbstbestimmung – von verschiedenen Dingen (von der Gesellschaft, von der Politik) abhängt, das neue Gesetz kann das nicht alleine verändern. Die Richter, die befragt wurden, haben auch von ihrer Arbeit mit dem neuen Gesetz erzählt:

  • die 3-Jahresfrist zur Überprüfung und/oder Erneuerung der gerichtlichen Vertretungen wird für die Mehrheit der Fälle als zu kurz angesehen
  • insgesamt gibt es mehr Arbeit sowohl für Richter als auch für Vertreter
  • gut war es, die Entscheidungsfähigkeit der Vertretenen zu betonen, für z.B. die Banken oder Behörden gibt es dadurch aber Unsicherheiten im Geschäftsverkehr
  • manche Richter denken, dass eine gerichtliche Kontrolle auch bei der gesetzlichen und gewählten Vertretung notwendig ist

Auch die Vertreter aus dem Banken- und Gesundheitsbereich haben etwas zu dem neuen Gesetz gesagt:

  • manchmal ist das neue Gesetz nicht ganz klar, das ist dann im Kontakt mit den Vertretenen schwierig
  • es gibt zu wenig Personal, manchmal kennen sich die Mitarbeiter noch nicht so gut aus mit dem neuen Gesetz
  • manchmal unterstützen die Vertreter nicht genug

Es wurde von den Erwachsenenvertretern auch ein Fragebogen ausgefüllt, 530 Personen haben mitgemacht. Die wichtigsten Ergebnisse waren folgende:

  • die Befragten berichten, dass sie mit dem neuen Gesetz ziemlich zufrieden sind, und dass das auch für die von ihnen vertretenen Personen gilt
  • bei der gewählten und der gesetzlichen Erwachsenenvertretung sind – so, wie das neue Gesetz das will – in den meisten Fällen Angehörige als Vertreter tätig
  • dabei glauben viele der Befragten immer noch, dass sie für „alle Angelegenheiten“ zuständig sind, obwohl im Gesetz ja steht, dass man die Angelegenheiten ganz genau aufzählen muss; das gilt insbesondere für Angehörige, die als Vertreter tätig sind
  • Angehörige kümmern sich meistens mehr (mehr Stunden bzw. mehr Tage) um die Vertretung pro Monat
  • bei etwa einem Fünftel der vertretenen Personen, die privat, also nicht in einem Heim, leben, könnte, wenn man diesen Personen gut helfen würde, auf eine Erwachsenenvertretung verzichtet werden; das gilt vor allem für junge Personen
  • die meisten Befragten denken, dass das neue Gesetz gut ist, auch, wenn man deshalb ein bisschen mehr Arbeit und sich für die Vertretenen nichts Wesentliches geändert hat; meistens haben die hauptberuflichen Erwachsenenvertreter gesagt, dass sie wegen des neuen Gesetzes mehr Arbeit haben
  • das Ziel, dass die Vertretenen selbstständiger leben können, wird aber insgesamt als gut bewertet

Auch die Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in Österreich zeigen, dass die Gerichte die neuen Regelungen gut kennen und befolgen.

Insgesamt kann man daher sagen, dass das Ziel des neuen Gesetzes, nämlich, dass die Vertretenen selbstständiger leben können, von allen Beteiligten für gut empfunden wird.

Die gerichtlichen Vertretungen sind weniger geworden, dafür gibt es mehr Vorsorgevollmachten und Erwachsenenvertretungsverfügungen.

Die Gründe, warum das neue Gesetz noch nicht überall ganz gut klappt, sind, dass es zu wenig Personal und zu wenig Geld gibt.

Auch macht die Politik zu wenig, um Unterstützungen ohne Erwachsenenvertretung auszubauen.

Trotzdem ist das neue Gesetz aber insgesamt ein guter erster Schritt in Richtung der Umsetzung der Forderungen der UN-Konvention über die Rechte der Menschen mit Behinderung, weitere Schritte sollen folgen.

Auch die Bundesländer sollen sich mehr darum kümmern, die Menschen zu unterstützen. Darauf, dass solche Unterstützungsmaßnahmen wichtig sind, wurde auch bei einem Treffen mit Fachleuten hingewiesen.

Siehe: Evaluierung des 2. Erwachsenenschutzgesetzes – Abschlussbericht des Forschungsinstituts VICESSE, Vienna Centre for Societal Security

Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich
Hier beginnt der Werbebereich Hier endet der Werbebereich

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.