Genau das ist NICHT die Kernfrage, die es zu klären gilt!
Das Ziel ist nicht die Matura, sondern ein Abschluss, welcher der Leistungsfähigkeit der Betroffenen entspricht – eine individuelle Förderung innerhalb des regulären Schulberiebs. Dies erörterte Integration:Österreich, gemeinsam mit BIZEPS-Zentrum für Selbstbestimmtes Leben, dem Stadtschulrat für Wien und einer Fachschule aus Oberösterreich bei der heutigen Pressekonferenz.
Nächsten Dienstag, am 18.6. steht der Entwurf zur Änderung der Schulgesetze auf der Tagesordnung des Ministerrates. Die darin geplanten Maßnahmen zur Weiterführung schulischer Integration von Jugendlichen mit Behinderung ermöglichen keine individuellen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Im Gegenteil, sie reduzieren die Chance auf einen Arbeitsplatz am ersten Arbeitsmarkt von vornherein auf ein Minimum.
Der Gesetzesentwurf sei nicht EU-konform, widerspreche dem Behindertenkonzept der österreichischen Bundesregierung, das die Ausweitung der Fördermöglichkeiten behinderter Schüler in allgemein- und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen explizit als Zielsetzung beinhaltet und der Staatszielbestimmung des Art. 7 B-Verfassungsgesetz.
Zahlreiche begutachtende Stellen – z.B.: BM für Soziale Sicherheit und Generationen – weisen ebenso wie die Elterninitiative darauf hin und lehnen diese Ausschließlichkeit schulischer Integration in Polytechnische Schulen ab. Sie fordern unisono einen Schulversuchsauftrag an allen Schulen auf der Sekundarstufe II, einschließlich PTS und Berufsschulen mit Möglichkeit zur Teilqualifikation.
Besonders hervorzuheben ist die grundsätzliche Bereitschaft des BM f. Land- u. Forstwirtschaft, Umwelt u. Wasserwirtschaft, in ihrem Zuständigkeitsbereich nichtaussondernden Unterricht anzubieten. Andere wie z.B. das Amt der Steiermärkischen Landesregierung, der Stadtschulrat für Wien, plädieren für eine Öffnung aller Schultypen. Noch weiter geht die Österreichische Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (ÖAR), sie fordert die Abschaffung der Beschulung in Sonderschulen.
Martin Ladstätter, Mitinitiator der Kampagne `AUS´ dem Gesetz berichtet von 59 unterstützenden Organisationen, die gegen die Beschränkung gemeinsamen Unterrichts auf einen Schultyp eintreten.
„Wenn man von schulischer Integration spricht und manche Schultypen ausschließt, ist das ein Widerspruch in sich“ meint Landessonderschulinspektor Tuschel aus Wien zu diesem Entwurf. Er plädiert für diesen prinzipiell schon sensiblen Übergangsbereich Schule-Beruf, doch gerade für Jugendliche mit Behinderung alle Anstrengungen zu unternehmen um zufriedenstellende und flexible Lösungen zu finden. „Bereits in der Konferenz aller LandesinspektorInnen im Herbst 2001 haben wir einstimmig beschlossen, Schulversuche zur Integration auszuweiten und Fr. BM Gehrer um entsprechende Maßnahmen gebeten“.
Dass es bereits Lösungen gibt, konnte Fr. Ruhdorfer, Fachlehrerin eines Schulversuchs an einer dreijährigen Landwirtschaftsschule in Oberösterreich aufzeigen. Sie hat drei Jahre mit Jugendlichen mit Lernbeeinträchtigungen integrativ gearbeitet. Fehlende gesetzliche Rahmenbedingungen verhindern eine Fortsetzung dieses erfolgreichen Schulversuchs. Bereits 10 Kinder mit Behinderung mussten abgewiesen werden. Einige von ihnen müssen nach 8 Jahren integrativen Unterrichts für das 9. Pflichtschuljahr in die Sonderschule zurück.
„Auch dieser Gesetzesentwurf ändert nichts an der skandalösen Regelungen über den Ausschluss `schulunfähiger´ Jugendlicher von jeglicher Förderung ihrer Bildung“ ergänzt Dr. Schindler. Ca. 400 Kinder österreichweit sind davon betroffen. Dies widerspricht nunmehr auch der allgemeinen. Gleichbehandlungs-Richtlinie der EU (2000/78/EG), die bis zum 2.12.2003 umzusetzen ist.
„Im Vergleich zur Schulgesetzgebung für den Volksschulbereich 1993 und die Sekundarstufe I im Jahr 1996 sehen wir Eltern behinderter Kinder und Jugendlicher uns jetzt gestärkt durch VertreterInnen anderer Ministerien, Landesschulbehörden, LehrerInnen und zahlreicher Organisationen wie z.B. dem Katholischen Familienverband und dem Dachverband der Elternvereine“ versucht Fr. Brandl, Vorsitzende der österreichischen Elterninitiative der frustrierenden Situation doch noch etwas abzugewinnen. Die Elterninitiative hofft, Ministerrat und Abgeordnete lassen sich ebenso durch Sachargumente überzeugen und stimmen der Selektion von behinderten Menschen in Schulgesetzen nicht zu!