Soziallandesrätin Christine Baur: Behindertenhilfe muss sich mit De-Institutionalisierung befassen
Anlässlich der gestrigen Enquete in Salzburg zum Thema „Selbstbestimmtes Wohnen für alle Menschen mit Behinderungen“ nahm die Tiroler Landesrätin Christine Baur an einer Podiumsdiskussion teil. (Siehe Fotos)
Sie erläuterte den Stand der Entwicklung in Tirol, wo derzeit knapp 700 Frauen und Männer in großen und kleinen Behinderteneinrichtungen leben. Das sind Wohnhäuser oder Wohngemeinschaften, in denen nur Menschen mit Behinderungen wohnen.
„Problematisch ist, dass die Menschen mit Behinderungen oft nicht selbst entscheiden können, wo und mit wem sie zusammenleben. Vielmehr ist häufig ausschlaggebend, wo gerade ein Platz frei ist“, kritisiert Baur. In Zukunft sollen die Bedürfnisse der Frauen und Männer mit Behinderungen das entscheidende Kriterium für die Wahl der Wohnform sein.
Individuelle Unterstützungsangebote werden ausgebaut
„Die UNO hat im Rahmen der Staatenprüfung zur UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen im vergangenen Herbst stark kritisiert, dass es in Österreich noch immer sehr viele große Behinderteneinrichtungen gibt“, berichtet Baur.
„Die Bundes- und die Landesregierungen wurden aufgefordert, die sogenannte De-Institutionalisierung voranzutreiben“. De-Institutionalisierung heißt, dass Menschen mit Behinderungen – auch jene mit schweren Beeinträchtigungen – selbst entscheiden können, wo, wie und vor allem auch mit wem sie zusammenleben. Dafür müssen sie die jeweils individuell erforderliche Unterstützung erhalten. „Für die Behindertenhilfe ist dieses Ziel eine große Herausforderung“, stellt Baur klar.
„Bestehende Betreuungsangebote, die in den vergangenen Jahrzehnten entstanden sind, werden sich Schritt für Schritt grundlegend ändern müssen. Es soll in Zukunft weniger Angebote für Gruppen von Menschen mit Behinderungen geben, stattdessen sollen individuelle Unterstützungsangebote ausgebaut werden. Das wird sich langfristig positiv auf die Integration und die Gleichstellung von allen Menschen mit Behinderungen auswirken“.