Menschenrechte: Es braucht die Sehnsucht nach dem Besseren

Festtagung zu 'Volksanwaltschaft als Menschenrechtshaus der Republik Österreich' im Parlament

Monika Schmerold erhält Dekret
Volksanwaltschaft

Mit 1. Juli 2012 wurde die Volksanwaltschaft zum Menschenrechtshaus in Österreich. Seitdem schützt sie Bürgerrechte, überprüft Justizanstalten, die Exekutive, spricht mit Menschen in Pflegeheimen und psychiatrischen Einrichtungen. Ist dort, wo Menschen abgeschoben werden oder sich nicht frei bewegen dürfen.

Ihr Auftrag ist dabei verfassungsrechtlich verankert. Beraten und begleitet wird sie vom Menschenrechtsbeirat, sechs regionale Menschenrechts-Kommissionen leisten in den Bundesländern präventive Arbeit zum Schutz der Menschenrechte. Zum dreijährigen Jubiläum sowie zur Neubesetzung der Kommissionen fand heute im Parlament eine Festtagung statt.

Kopf würdigt Präventionsarbeit der Volksanwaltschaft in Sachen Menschenrechte

Zweiter Nationalratspräsident Karlheinz Kopf sprach in seinen Begrüßungsworten über die Bedeutung und Unerlässlichkeit der Volksanwaltschaft in und für Österreich. Trotz der sehr hoch entwickelten Rechtskultur sei es eine unbestrittene Tatsache, dass nicht alle BürgerInnen dieselbe Ausgangssituation für den Zugang zu ihrem Recht haben. Er selbst glaubt, dass sich die Volksanwaltschaft in den letzten Jahrzehnten sehr bewährt hat und Menschen in vielen tausenden Fällen helfen konnte.

Aus seiner Sicht war es die richtige Entscheidung des Parlaments, den nationalen Präventionsmechanismus im Rahmen eines UNO-Mandats bei der Volksanwaltschaft anzusiedeln, gerade die begleitende Kontrolle der Kommissionen, und damit ihre präventive Arbeit, sei für die Gesellschaft von besonderer Bedeutung. Die Verletzung von Menschenrechten lasse sich nämlich, wie Kopf sagte, gar nicht mehr oder nur schwer wieder gut machen.

Fichtenbauer: Menschenrechte als unveräußerliches und unverzichtbares Gut

Der Vorsitzende der Volksanwaltschaft, Peter Fichtenbauer, thematisierte die Entstehungsgeschichte der allgemeinen Menschenrechte und ihrem, wie er sagte, nicht gelöstem Spannungsverhältnis bis zum heutigen Tag. Der eigentliche Wesenskern von Menschenrechten sei dabei, dass es sich um ein unveräußerliches und unverzichtbares Gut handelt. Begründet liegt dieser Gedanke im Naturrecht, das dem Volksanwalt zufolge gleichzeitig auch den Durchbruch für die Erkenntnisse der allgemeinen Freiheit aller Menschen gegeben hat. Fichtenbauer sieht Österreich dabei auf einem sehr hohen Niveau, was die Rechtsstaatlichkeit betrifft. Dennoch sieht er insbesondere in zwei Bereichen des Zivilrechts, nämlich bei der Sachwalterschaft und in Fragen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, dringenden Handlungsbedarf.

Brinek: Österreich darf sich nicht ausruhen, wenn es um die Rechte der Menschen geht

Österreich dürfe zwar stolz auf seine Geschichte in der Verteidigung von Menschenrechten sein, ausruhen sollte es sich darauf aber nicht, so das Urteil von Volksanwältin Gertrude Brinek, denn „noch immer werden Menschenrechte mit Füßen getreten“. Hier verwies Brinek insbesondere auf die Rechte von Frauen, ein Thema, bei dem es für die Volksanwältin in Österreich noch viel zu tun gibt.

Die Bilanz über die Arbeit in Sachen Menschenrechte in den vergangenen drei Jahren fällt für Brinek dennoch gut aus, in mehr als 1200 Kontrollbesuchen wurden Menschen bei Abschiebungen, in Haft oder in Heimen begleitet. Für diese Arbeit mahnte Brinek Sachlichkeit und fachliche Sicherheit ein, es brauche hochkompetente MenschenrechtsexpertInnen, Aktivistinnen allein würden nicht ausreichen. Die Volksanwältin appellierte außerdem, das Nicht-Selbstverständliche zu tun, Passion, Empathie und Nachhaltigkeit seien dabei jene drei Kategorien, die in der Arbeit für den Schutz der Menschenrechte außerdem notwendig sind. Was es Brinek zufolge noch braucht, ist „die Sehnsucht, nach dem Besseren“, das heißt, den festen Glauben an Veränderung.

Kräuter: Nationaler Präventionsmechanismus zum Schutz der Menschenrechte umfangreich ausgestattet

Volksanwalt Günter Kräuter thematisierte die Arbeit in der Volksanwaltschaft sowie in den ExpertInnengruppen zum Schutz der Menschenrechte. Aus seiner Sicht ist es eine „großartige Idee“ der Vereinten Nationalen, Menschenrechtsverletzungen präventiv zu bekämpfen. Die Ausgestaltung der UN-Menschenrechtsverträge in den Unterzeichnerstaaten ist dabei frei zu wählen, in Österreich habe das Parlament mit den sechs Kommissionen eine umfangreiche Ausstattung des nationalen Präventionsmechanismus ermöglicht.
„Viele der Länder haben nur einen Bruchteil jener Möglichkeiten, die es in Österreich gibt“, sagte Kräuter. Dabei sei es wichtig, den Präventionsmechanismus ständig weiterzuentwickeln, mittlerweile habe sich in den Kommissionen sowie im Menschenrechtsbeirat enormes ExpertInnenwissen angesammelt, das dem Volksanwalt zufolge auch international nachgefragt wird. Ein Beispiel für die entscheidende Hilfestellung des Menschenrechtsbeirats zeigt etwa das jüngst durchgesetzte Ende von Netzbetten in den Spitälern Wiens, wie Kräuter sagte.

In ihrer Lesung thematisierte Kammerschauspielerin Elisabeth Orth die knapp 60 Millionen Menschen, die sich aktuell weltweit auf der Flucht vor Kriegen, Konflikten und Verfolgung befinden. Das sei die höchste Zahl, die jemals von UNHCR verzeichnet wurde, darunter auch tausende unbegleitete Kinder, auch in Österreich. Den drei VolksanwältInnen wünschte die Doyenne des Burgtheaters „alles Gute, viel Mut, und viel Frechheit“. Renate Kicker und Andreas Hauer vom Menschenrechtsbeirat sprachen über Anforderungen und Standards in ihrer Arbeit als beratendes Gremium der Volksanwaltschaft.

Neuorganisation der Menschenrechts-Kommissionen

Bei der Festtagung wurden auch die Dekrete an die neuen LeiterInnen und Mitglieder der sechs Kommissionen verliehen. (Anmerkung der Redaktion: Siehe Foto bei der Dekretübergabe an Mag.a Monika Schmerold). Der neue Leiter für Wien und Niederösterreich ist demnach Verfassungsjurist Heinz Mayer, für Steiermark und Kärnten Gabriele Fischer, Verena Murschitz wird von nun an die Kommission in Tirol und Vorarlberg leiten. Volksanwalt Peter Fichtenbauer übernahm den Vorsitz der Volksanwaltschaft von Volksanwältin Gertrude Brinek, welcher routinemäßig jedes Jahr mit 1. Juli wechselt.

Die Kommissionsmitglieder haben uneingeschränkten Zugang zu Institutionen und Informationen in Österreich. Insgesamt gibt es sechs ExpertInnengruppen, die multiethnisch sowie multidisziplinär zusammengesetzt sind.

Menschen- und Bürgerrechte schützen und fördern

Grundlage für den Menschenrechts-Auftrag in der Volksanwaltschaft sind zwei bedeutende UN-Menschenrechtsverträge, durch die sich die Republik Österreich zu bestimmten menschenrechtlichen Garantien und internationalen Standards verpflichtet hat. Die Volksanwaltschaft ist damit verfassungsrechtlich mit der Zuständigkeit für den Schutz und die Förderung der Menschenrechte in Österreich betraut. Mit der Kompetenzerweiterung setzt die Volksanwaltschaft das Zusatzprotokoll zur UN-Anti-Folter-Konvention (OPCAT) und den darin geforderten „Nationalen Präventionsmechanismus“ (NPM) sowie Regelungen der UN-Behindertenrechtskonvention um.

Der Prüfungsauftrag umfasst alle Einrichtungen, in denen Menschen mit und ohne Behinderungen besonders stark Gefahr laufen, Misshandlung, unmenschlicher Behandlung und freiheitsentziehenden Maßnahmen wehrlos ausgesetzt zu sein. Geprüft werden etwa Justizanstalten, Kasernen, Dienststellen der Polizei, psychiatrische Einrichtungen, Alten- und Pflegeheime, Wohngemeinschaften für Jugendliche und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen. Außerdem überprüfen die VA und ihre Kommissionen, ob die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt durch die Exekutive, etwa bei Abschiebungen und Demonstrationen, menschenrechtskonform erfolgt.

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