Menschenrechte für „alle“?

Seit dem 23. Oktober 2008 gilt die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen auch für Österreich verbindlich.

UNO-Flagge mit angedeutetem Gesetzestext
BIZEPS

Die Rechte von Menschen mit Behinderungen und der Schutz vor Diskriminierung sind nun zumindest auf völkerrechtlicher Basis festgelegt. Weitere 40 Staaten haben diese UN-Konvention ratifiziert. Zwei Drittel der 650 Millionen Menschen mit Behinderung weltweit leben in Entwicklungsländern.

„Ein Industriestaat wie Österreich muss – Finanzkrise hin oder her – mehr tun können, um die gleich berechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen zu garantieren und Menschenrechte für alle, auch Menschen mit Behinderungen, zu gewährleisten“, fordert Marianne Schulze, die als Menschenrechtsexpertin an der Entstehung der UN-Konvention mitgearbeitet hat. In Entwicklungsländern ist eine Gleichstellung bisher kaum verwirklicht – eindeutiger Beweis für diese Diskriminierung: 95 Prozent der behinderten Kinder in den Armutsgebieten der Erde besuchen niemals eine Schule! Zwei Drittel der blinden Kinder in Afrika sterben binnen zwei Jahren nach ihrer Erblindung. Die immer größer werdende Zahl an Unterzeichner-Staaten der UN-Konvention zeigt aber, dass auf politischer Ebene vieler Länder der Wille zur Verbesserung der Situation wächst.

„Die völkerrechtliche Verpflichtung zur Gleichbehandlung ist gerade für behinderte Menschen in Entwicklungsländern wichtig, um ihnen endlich Zugang zu medizinischer Versorgung und Bildung zu ermöglichen“, meint Rupert Roniger, Geschäftsführer von ‚Licht für die Welt’ anlässlich des heutigen Welttages der Menschen mit Behinderung.

UN-Konvention – Feigenblatt oder klare Absicht?

Klaus Voget, Präsident der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation, sieht den aktuellen Handlungsbedarf klar auf politischer Ebene: „Die letzte Bundesregierung – vor allem Sozialminister Buchinger – hat das Zustandekommen dieses Gesetzes rasch über die Bühne gebracht. Wir hoffen, dass die neue Regierung nun die Implementierung der Inhalte in die österreichische Rechtslandschaft zügig vorantreibt!“

Menschen mit Behinderungen sind im Alltag täglich mit ganz speziellen Herausforderungen konfrontiert, die immer wieder beweisen, dass tatsächliche Gleichstellung bisher nur auf dem Papier existiert: „Um am öffentlichen Leben teilhaben zu können, ist für viele die Verfügbarkeit eines Blindenführhundes sowie eines Mobilitäts- und Orientierungstrainings unverzichtbar“, fordert etwa Gerhard Höllerer, Präsident des Österreichischen Blinden- und Sehbehindertenverbandes.

„Auch in Österreich, einer modernen westlichen Demokratie, werden die mit der UN-Konvention verbundenen Menschenrechtsansprüche kaum bis gar nicht realisiert. Geht man von den 10.000 gehörlosen Menschen hierzulande aus, ist das beste Beispiel die GIS-Gebühr: 100% der Gebühr müssen entlohnt werden – für nur 26% konsumierbares Programm“, kritisiert auch Helene Jarmer, Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes.

Martin Ladstätter vom Behindertenberatungszentrum BIZEPS, Zentrum für Selbstbestimmtes Leben fasst die nächsten Schritte nach dem Gesetzesbeschluss zusammen: „Es wird an uns liegen, diesem Dokument Leben einzuhauchen. Ich mache mir keine Illusionen. Dieses wirklich wichtige Menschenrechtsdokument wird nur dann Verbesserungen in Österreich bringen, wenn wir uns intensiv für die Umsetzung einsetzen. Das offizielle Österreich hat dieses Dokument ratifiziert und ist damit ziemlich selbstzufrieden. Doch dies ist nicht das Ende der Umsetzung, sondern erst der Anfang.“

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