Menschenrechtskämpfer Manfred Srb verstorben

Der ehemalige Nationalratsabgeordnete der Grünen verstarb am 8. Jänner 2022; wenige Tage nach seiner Frau Annemarie Srb-Rössler. Die Verabschiedung wird am 18. Jänner um 15 Uhr im Friedhof Ottakring stattfinden.

Manfred Srb
BIZEPS

Der 1941 in Stockerau (NÖ) geborene Manfred Srb war der erste selbstbetroffene Abgeordnete im Nationalrat (1986 bis 1994) und somit sehr prägend für die Behindertenpolitik in Österreich.

Davor war er Sozialarbeiter in Wien und engagierte sich jahrzehntelang in Behindertenorganisationen. Er war Mitbegründer des Club Handicap und auch im ÖZIV aktiv. Von 1994 bis 2017 war er ehrenamtlich bei BIZEPS – Zentrum für Selbstbestimmtes Leben tätig; viele Jahre davon im Vorstand.

Sehr hörens- und lesenswert seine Erinnerungen, die bei BIDOK oder Freak-Radio online verfügbar sind. 

Seine legendäre Antrittsrede „Hohes, allzu Hohes Haus“ (ab Seite 127) im Parlament am 29. Jänner 1987 war so markant, dass sie sogar Titel einer Jubiläumsbroschüre der GRÜNEN wurde.

Behindertenpolitik als Menschenrechtspolitik

Prägend und für die folgenden Jahrzehnte wegweisend war sein Verständnis, dass Behindertenpolitik als Menschenrechtspolitik zu leben ist. Diesem Prinzip folgend setze er sich für Inklusion und Partizipation ein, obwohl diese Worte damals noch gar nicht in Verwendung waren.

Manfred Srb bespricht einen Bauplan am Computer
BIZEPS

Große politische Erfolge konnte er gemeinsam mit Annemarie und weiteren Verbündeten bei der Pflegevorsorge (Hungerstreik im Parlament, Beschlussfassung Bundespflegegeldgesetz) und im Bereich Barrierefreiheit erzielen.

In seiner Zeit als Abgeordneter setzte die ÖBB erste größere Maßnahmen um. Auf seinen Druck hin wurden zugängliche Fahrzeuge und Hebelifte angeschafft. Danach führte er im BIZEPS Bauberatungen durch. Die Barrierefreiheit des Wiener Museumsquartiers geht primär auf seine Bemühungen zurück. (siehe auch)

Mit seiner Erfahrung und seinen Kontakten war er ein maßgeblicher Mitstreiter im Gleichstellungsbereich. Motiviert wurde er unter anderem durch seine Erfahrungen aus den USA. Er durfte miterleben, wie dort das Antidiskriminierungsgesetz ADA eingeführt wurde.

Er war auch Gründungsmitglied des European Network on Independent Living (ENIL) und vertrat dort Österreich. In diesem europäischen Netzwerk für Selbstbestimmtes Leben war er im ersten Vorstand.

Viele Jahre durften wir von seiner Erfahrung, Kompetenz und Liebenswürdigkeit profitieren. Er lernte viele von uns an und war auch ein sehr sanfter Mensch. Er war ein Genießer und liebte den Wein und die Sonne.

Manfred verstarb wenige Tage nachdem seine Frau Annemarie Srb-Rössler gestorben ist. Wir verlieren damit innerhalb von wenigen Tagen zwei sehr prägende Persönlichkeiten der Selbstbestimmt-Leben-Bewegung und gute Freunde.

Siehe auch: GRÜNE, kobinet-nachrichten, Sozialministerium, ENIL, DerStandard, Wiener Zeitung, SLIÖ

Rückblick auf seine Zeit im Parlament

In diesem ZIB1 Rückblick vom 9. Jänner 2022 wird über Manfred Srbs Zeit im Parlament berichtet:

Verabschiedung

Die Verabschiedung wird am 18. Jänner 2022 um 15 Uhr im Friedhof Ottakring (Halle 2) stattfinden. (Siehe auch Parte)

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26 Kommentare

  • Der Elisabeth Wundsam-Hartig Preis, der in Kooperation mit BIZEPS alle zwei Jahre außergewöhnliche Initiativen, Ideen und Leistungen auszeichnet, welche die Selbstbestimmung behinderter Menschen fördert, trauert um Manfred Srb und Annemarie Srb-Rössler.
    Ihr Credo : Behindertenpolitik als Menschenrechtspolitik einzustufen, wurde richtungs- und zukunftsweisend für die Selbstbestimmt-Leben Bewegung.
    Uns faszinierte der Schwung und Elan, mit welchen beide Srbs sich auch für Lebenserleichterungen, wie Barrierefreiheit, Pflegevorsorge usw. national und international (ENIL) eingesetzt haben. Neben ihrer fachlichen Kompetenz schätzten wir die charakterlichen Qualitäten wie Verlässlichkeit, Konsequenz, Freundlichkeit und Zuversicht.
    Annemarie, eine schicke Erscheinung, sympathisch beharrlich in der Verfolgung ihrer Ziele zum Wohle behinderter Menschen,  Manfred, mit langem Atem, 1. Selbstbetroffener Abgeordneter im Nationalrat (86 – 94) waren ein ideales Paar beruflich wie privat. Unser leider im Vorjahr verstorbenes Vorstandmitglied Elisabeth Pozzi-Thanner pflegte, wie wohl von New York aus, via Internet, regen Gedankenaustausch mit ihnen. Elisabeths Nähe zu BIZEPS entstand in den 90er auch mit der BIZEPS Obmannschaft von Annemarie Srb-Rössler. Wir gedenken Manfred Srb und Annemarie Srb-Rössler mit Hochachtung und Dankbarkeit.

  • Lieber Manfred !

    Vielen, vielen Dank für Deinen tatkräftigen Einsatz eben nicht nur für das Pflegegesetz sondern auch für vieles weitere !

    Leider weiß ich nicht mehr wann es war, aber im Parlament/Säulenhalle (vielleicht war das beim Hungerstreik) konnte ich damals kurz teilhaben.

    Ruhe in Frieden und nochmals vielen, vielen Dank für all Dein Engagement !

    Ewald Tritscher

  • Sein Leben im Rollstuhl symbolisierte für die meisten seiner Abgeordneten Kolleginnen am Beginn Schwäche. Erst später entdeckten Sie die wunderbare verändernde Kraft von Manfred Srb.

  • Annemarie kannte ich noch aus der Zeit wo wir in der Währingerstraße in die Schule gingen.
    Manafred habe ich dann später kennengelernt.
    Sie waren ein sehr tolles und liebes Paar, und sehr erfolgreich in ihrer Arbeit.
    Die schöne Erinnerung wird uns allen bleiben.
    Danke für eure tolle Bekanntschaft.
    Mein Beileid übermittle ich an die Familie.

  • Das ist ein großer Schock, ich bin sehr traurig, tröstlich finde ich, dass keiner der beiden lange allein sein musste, ich danke euch beiden liebe Annemarie und Manfred für die schöne Zeit des Reisens mit euch, möge euch die Erde leicht sein!

  • Aus den Nachrichten habe ich erfahren, dass Manfred verstorben ist. Was für eine traurige Nachricht.
    Neben allem was Manfred für die Behindertenbewegung geleistet hat – das auch im Artikel gesagt wird – war Manfred für mich einer der sympatischten Menschen, die ich kannte. In meiner Anfangszeit an der TU Wien war er oft bei mir und wir haben gemeinsam Begehungen im Haus gemacht und mich bei meinen Bemühungen um Barrierefreiheit unterstützt. Jetzt ist er nicht mehr da..

    Dass auch seine Frau Annemarie verstorben ist, habe ich erst aus den Mails erfahren, es macht mich sehr traurig. Annemarie kannte ich aus der Beratung bei BIZEBS und von verschieden Veranstaltungen. Dass die zwei jetzt vielleicht an einem anderen Ort wieder gemeinsam ihren Kampf für Meschenrechte fortsetzen, das tröstet mich.

  • Sehr traurig zu hören, dass Manfred und Annemarie gestorben sind. Mein herzliches Beileid den Hinterbliebenen!

  • Ich möchte zum Begräbnis Begräbnis Manfred Srup

  • Vor vielen Jahren (1983-1985) habe ich Manfred Srb beim Verein Jugendzentren kennen- und schätzen gelernt. Er war nicht nur ein sehr lieber Kollege, er war auch unglaublich engagiert. Ich erinnere mich noch sehr gut an den von ihm organisierten Test, den wir als ‚Gesunde im Rollstuhl‘ mit ihm gemacht haben. Wir haben damit am eigenen Leib verspürt, was der Alltag als Behinderte/r bedeutet: beim Einkaufen und vor allem beim Überwinden von Gehsteigkanten. Inzwischen sind zumindest in Wien alle Gehsteigkanten abgeschrägt,
    was ja nicht nur für Rollstuhlfahrer, sondern auch für Mütter mit Kinderwagen sehr von Vorteil ist. Ich habe ihn seither nur mehr ein paar mal getroffen, aber sein Tod hat mich jetzt sehr berührt – insbesondere auch im Zusammenhang mit dem Tod seiner Frau, nur ein paar zuvor.
    RiP
    Stefan

  • Voller Betroffenheit lese ich vom Tod Manfreds und erst vor kurzem vom Tod Annemaries.
    Ich durfte von euch beiden lernen;, Manfred du warst mir in deiner Güte und deinem Verständnis immer Vorbild. Ich habe dich geschätzt und für deinen Mut und deine Kosequenz bewundert.
    Ihr fehlt!

  • So traurig, wenn Menschen wie Manfred von uns gehen. Er hat so viel bewegt und ich werde ihm immer dankbar sein für die Werte der Selbstbestimmung, die er mir vermittelt hat. Manfred, Du wirst uns fehlen!

  • Ich habe die Familie Srb leider nicht persönlich gekannt, aber ich bewundere Menschen, die sich für andere einsetzen Schade, was heute leider nicht immer selbstverständlich ist. Ich wünsche mir, dass die beiden ihren gerechten Lohn erhalten – wenn sie ihn auf Erden leider auch nicht mehr genießen können. Mein aufrichtige Beileid an die Familie. Hans

  • Ich verneige mich mit aller Dankbarkeit für eure Vorbildwirkung und euer ansehbares Lebenswerk, Manfred, aber auch vor dir Annemarie. Ich werde euch persönlich sehr vermissen, wenngleich euch Ruhe und Frieden gebührt. In stillem Gedenken an euch,
    herzlich
    Klaudia
    PS: Herzlichen Beileid den Hinterbliebenen der Familien!

  • Manfred Srb hat viel in seinem Leben erreicht auf das er stolz sein konnte und für das wir dankbar sind. Wir kannten uns seit 1986. Er war mit mir im ersten Vorstand des Europäischen Netzwerkes für selbstbestimmt Leben. Sein warmer Humor, Lächeln, und seine Lebensfreude werden mir immer in Erinnerung bleiben.

  • Die Traurigkeit über diese Nachricht wird nur übertroffen von der Dankbarkeit, ihn kennen- und auch so viel von ihm gelernt zu haben! Das ist es was bleibt. Vielen Dank, Manfred Srb und alle guten Wünsche und alles Mitgefühl den Trauernden!

  • … die Behindertenbewegung hat zwei herausragende Persönlichkeiten mit Handschlagqualität verloren – ein großer Verlust für die Behindertenbewegung – ich denke Manfred ist an „gebrochenem Herzen“ gestorben“ – auch ich verneige mich vor eurem Lebenswerk. Pepo

  • Ja, mit Manfred und Annemarie Srb haben wir zwei wichtige vordenker und Mitstreiter verloren! Als unser Sohn Florian 1998 mit 16 Jahren einen Schlaganfall hatte und nach monatelanger Intensivstation und einem Jahr Reha am Rosenhügel feststand, dass er intensiv pflegebedürftig bleiben würde, waren wir voll Angst und Sorge. Über BIZEPS fanden wir zu Annemarie, die und Mut machte und half ein Betreuungsteam für zu Hause aufzustellen und einzuschulen. Wir haben es nicht bereut. 20 Jahre konnten wir ihn zu Hause betreuen. Für ihn eine schöne Zeit, aber auch für uns nicht nur eine intensive und fordernde Zeit, sondern auch eine sehr lebendige, in der wir viele interessante Menschen kennengelernt und viele Feste miteinander gefeiert haben.
    Immer wieder haben wir den Rat und die Unterstützung von Annemarie gebraucht und dabei auch Manfred kennen gelernt.
    In großer Dankbarkeit Engelbert & Florian

  • Wir haben uns mit viel Engagement für Integration im Schulbereich und zum „Thema“ Institut Hartheim eingesetzt…

  • liebe annemarie, lieber manfred!

    die welt ist ohne euch ein dunkler, grauer ort. ihr habt soviel kraft und empathie in die selbstbestimmt-leben bewegung gebracht. wir verdanken euch so viel. ich verneige mich vor eurem lebenswerk.

    erwin

  • Super Mensch immer mit einem offenen Ohr.

  • Ich habe ihn getroffen und einen überaus angenehmen, sympathischen Menschen kennengelernt.

    Sehr schade um ihn.

  • Ich kannte Hrn. Manfred Srb nicht, aber dem Artikel nach hatte er viel bewegt zu Lebzeiten und viel mehr als er damals wissen konnte.
    Eine Stärkung der demokratischen Gemeinschaft und ein Vertreter von oft vergessenen.
    Von dem Antidiskreminierungsgesetz darf ich persönlich Profitieren. Herzlichen Dank dafür!
    Mein aufrichtiges Beileid an die Hinterbliebenen des Paares.

  • Mein tiefstes Beileid,,,,

  • Natürlich bin auch ich traurig, dass Manfred verstorben ist, doch anderseits hat sich das erfüllt, was er und seine Annemarie wollten, immer beisammen bleiben, im Leben und im Tod. Ich wünsche den beiden weiterhin ganz viel Liebe mit und zueinander und reichlichen Diskussionsstoff. Ich war immer so gerne bei euch auf Besuch und wir haben nicht nur herumgemosert und uns über Personen unterhalten können, weil sie nicht anwesend waren, doch das haben wir gebraucht. Rollt jetzt euren neuen Weg und er wird gut sein. Alles Liebe eure Theresia