Mit Hundeschlittenfahrten im Rollstuhl zurück zur Natur und zur Lebensfreude

Drei Amerikaner haben das sogenannte „Wheelchair Mushing“, eine Art Hundeschlittenfahren im Rollstuhl, entdeckt und dadurch ihre Verbindung zur Natur zurückgewonnen.

4 Hunde von hinten. Die Hunde sind angeleint, stehen umgeben von Schnee. Im Hintergrund Wald und ein Sonnenuntergang.
Bild von Patrick auf Pixabay

Die Amerikaner Rodney Higgings, Don Wheeler und Jerry Fenstermacher haben ein gemeinsames Hobby, das ihnen eine große Freude bereitet, das sogenannte „Wheelchair Dog Mushing“. Das Konzept dahinter ist einfach: Einen Hund oder eine Gruppe von Hunden zu trainieren, damit sie fähig sind Kommandos zuverlässig zu befolgen.

Dann bekommen sie ein Geschirr angelegt, man befestigt sie mit Zugleinen am Rollstuhl und lässt sie laufen. Zugegeben, so einfach wie es klingt, ist es dann doch nicht, denn die hohe Geschwindigkeit ist sowohl für den Menschen als auch für den Hund eine große Herausforderung.

Hinzu kommen Hindernisse, die es zu überwinden gilt, wie z.B. andere Tiere, unwegsames Gestrüpp und Wetterwechsel.

Ein großer Spaß

Doch trotz der Herausforderungen sind Higgings, Wheeler und Fenstermacher sich einig, mit ihren Hunden in der Natur unterwegs zu sein, macht verdammt viel Spaß. Alle drei Rollstuhlfahrer haben eine ähnliche Geschichte, wie sie zu diesem außergewöhnlichen Hundesport gekommen sind.

Rodney Higgings z.B. musste sich nach einer Krankheit an sein Leben im Rollstuhl gewöhnen. „Ich war ein Outdoor-Mensch“, erzählt er gegenüber dem Magazin New Mobility.

Durch seine Erkrankung kam es ihm so vor, als würde er die Verbindung zur Natur verlieren, doch das alles änderte sich, als er gemeinsam mit seinem Labrador-Retriever, Skyler Rose Raindancer, das „Wheelchair Mushing“ entdeckte. Zunächst begannen sie, in der Nähe seines Hauses in Kalifornien zu trainieren. Später dann legten sie regelmäßig 3  bis 4 Meilen zurück. „Das hat mich wieder mit der Natur verbunden und war ein wichtiger Teil meiner mentalen Heilung“, erzählt Higgings.

Ähnlich erging es Don Wheeler. Schon vor seinem Unfall besaß Wheeler einen gut trainierten Husky und träumte davon, Hundeschlittenrennen zu fahren. Nach einem Motorradunfall brauchte er sehr lange, um sich an seine neue Situation zu gewöhnen. 2019 trat er dem Sibirian Husky Club bei und adoptierte einen dreijährigen Husky namens Dash. „Mushing mit Dash war das, was für mich dem Motorradfahren am nächsten gekommen ist“.

Die Verheißung, Zeit mit Hunden zu verbringen und schnell zu fahren, war das, was Jerry Fenstermacher am Mushing begeisterte. Fenstermacher war vor seinem Unfall Ausdauersportler und großer Hundeliebhaber. Das Mushing verbindet somit zwei seiner Leidenschaften.

Nicht ohne den richtigen Hund und die richtige Ausrüstung

Beim Mushing hängt alles vom Hund ab. Es braucht einen Hund, der in der Lage ist, Fahrer:innen mit Rollstuhl zu ziehen und das sowohl körperlich als auch vom Wesen her.

Huskys und Malamutes sind schon bekannte Schlittenhunde, aber auch andere Rassen, wie Schäferhunde und Labradore sind geeignet, weil sie für die Arbeit und das Befolgen von Befehlen gezüchtet wurden. Higgings, Wheeler und Fenstermacher hatten bereits, bevor sie mit dem Sport begonnen haben, Erfahrung mit dem Hundetraining.

Richtiges Hundetraining ist unerlässlich, vor allem, wenn mehrere Hunde angeleint sind.

Alles hört auf’s Kommando

Der erste Trainingsschritt ist, den Hunden beizubringen, Befehlen zu gehorchen. Musher:innen müssen sich sicher sein, dass die Hunde konsequent Befehle befolgen können. Der Hund müsse etwa 10 Kommandos beherrschen, bevor er für das Anlegen eines Geschirrs bereit sei.

Drei Dinge seien besonders schwierig, sagt Higgings: nicht schnüffeln, nicht begrüßen und keine anderen Tiere jagen. „Wenn Sie Ihrem Hund diese drei Dinge beibringen können, sind die anderen Kommandos ein Kinderspiel“, sagt Higgings.

Andere Befehle sind zum Beispiel „Beweg dich“, „dreh dich nach rechts oder links“, „langsamer machen“, „geradeaus weiter“ oder „anhalten“. Higgings rät aber davon ab, Leckerlis für das Training einzusetzen, denn die Lernmotivation der Tiere sei in der Regel hoch. Die Chance, schnell zu laufen ist für die Hunde Belohnung genug. Auch Fenstermacher stimmt dem zu. Der Hund zieht aus eigenem Antrieb, weil er das Abenteuer und die Bewegung liebt.

Auch ein richtig angepasstes Hundegeschirr ist unerlässlich. Es braucht zum Beispiel verstärkte Leinen oder Schleppleinen, Handschuhe, Befestigungen am Rollstuhlrahmen oder eine Art Hüftgurt. Wichtig ist, dass die Ausrüstung auf die Besitzer:innen, auf den Hund und das Gelände, auf dem es eingesetzt wird, zugeschnitten ist.

Higgings und Fenstermacher zum Beispiel verwenden ein sogenanntes Free Wheel also ein zusätzliches Rad, das an der Vorderseite des Rollstuhls angebracht werden kann und die Stabilität sowie die Geländegängigkeit des Rollstuhls erhöht. Higgings und Fenstermacher nutzen beide das Free Wheel, um zu vermeiden, dass sich die Vorderräder ihrer Rollstühle in Unebenheiten und Ritzen verfangen. Fenstermacher ist mit bis zu drei Hunden unterwegs. Das Streben nach Geschwindigkeit ist mit einem Unfallrisiko verbunden, das weiß er.

Higgings ist mit nur einem Hund mit geringerer Geschwindigkeit unterwegs. In 10 Jahren sei er nur drei Mal gestürzt, sagt er. Zu wissen, dass er nach einem Sturz wieder in den Rollstuhl kommen kann, habe ihm Selbstvertrauen gegeben.

Wheeler fährt ohne Free Wheel, ist aber bisher nur einmal gestürzt. Das sei aber nicht die Schuld des Hundes, sondern die des Geländes gewesen, sagt er. Nicht immer ist ein herausforderndes Gelände notwendig. Higgings zieht es vor, auf gut befestigten Wegen zu fahren.

Wheeler fährt hingegen mit seinem Hund auf unbefestigten Radwegen und anderen natürlichen Wegen spazieren. Diese haben den Vorteil, dass sie nicht nur abseits der Straße sind, sondern dort auch weniger Menschen anzutreffen sind.

Fenstermacher erklärt auch, dass es eine selbstbewusste Einstellung zum Mushing braucht. Oft habe er unaufgeforderte Kritik von Fremden bekommen, wie z.B. „sind Sie sicher, dass das nicht zu viel für einen Hund ist?“. „Ich bin stur“, sagt er: „und weigere mich, mich von meiner Behinderung oder der Meinung anderer davon abhalten zu lassen, die Dinge zu tun, die ich tun kann und will. Mein Rat an alle, die Mushing ausprobieren wollen, ist stur zu sein und sein Ding durchzuziehen.“

Alle drei Männer empfehlen, langsam anzufangen und Distanzen schrittweise zu erhöhen, so wie es auch ein:e Läufer:in tun würde.

Alle drei Männer lieben den Hundesport und haben dadurch ihre Verbindung zur Natur wiedergefunden. Don Wheeler hat auch einen eigenen YouTube Kanal, genannt „Team Dash“, der einen kleinen Einblick in das Mushing gibt.

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Ein Kommentar

  • tolle sache! gratulation! wie ist das bei uns? muß man den schnee selber mitbringen?