Mit Lügen zum Job

Ein Zeitungsständer mit verschiedenen Tageszeitungen. Bild, Frankfurter Allgemein, Neue Zürcher Zeitung und andere.

Keine Frage, für behinderte Menschen ist es in Deutschland immer noch sehr schwer, einen Arbeitsplatz zu finden. Die hohe Arbeitslosenquote und die niedrige Beschäftigungsquote behinderter Menschen spricht Bände. Diesem Thema hat sich nun auch die Märkische Allgemeine mit dem Artikel „Manchmal sind sogar Lügen erlaubt – Für Behinderte bleibt der Arbeitsmarkt hart“ angenommen. Zusätzlich gibt es zu dem Thema auch noch einen Kommentar des Autors.

Die Zeitung berichtet über das Bewerbungsgespräch einer Verkäuferin bei einem Einzelhandelsunternehmen in Kyritz. Die Frau hat einen Grad der Behinderung von 60, muss aufgrund einer Erkrankung regelmäßig Medikamente nehmen. Im Bewerbungsgespräch hat sie dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass sie eine Behinderung hat, worauf dieser gesagt haben soll, „mit sowas wollen wir nichts zu tun haben.“ So weit, so ungut.

Dann beginnt der Autor der Leserschaft mitzuteilen, dass man tatsächlich nicht verpflichtet ist, eine Behinderung gegenüber dem Arbeitgeber zu offenbaren. Das ist richtig, aber wird sehr vielen behinderten Menschen in der Praxis nicht weiterhelfen, weil sie entweder eine sichtbare Behinderung haben oder aber früher oder später auf Kooperationsbereitschaft des Arbeitgebers angewiesen sind.

Die Gesetze sind schuld?

Dann aber wird der Artikel spekulativ. „Sehr wahrscheinlich hat im Übrigen nicht die Behinderung von Barbara V. den Arbeitgeber abgeschreckt, sondern die gesetzlichen Regelungen zum Schutze Behinderter“, schreibt die Märkische Allgemeine. Ich frage mich, woher wissen die das? Haben sie mit dem Arbeitgeber gesprochen? Ist es nicht eher so, dass viele Arbeitgeber behinderte Menschen für weniger leistungsfähig halten und Angst haben, dass diese erhöhte Fehlzeiten haben – das ist zwar statistisch falsch, aber leider ein sehr verbreitetes Vorurteil.

Der Artikel fährt fort: „So gilt beispielsweise nach dem Sozialgesetzbuch IX ein erhöhter Kündigungsschutz. Zudem haben Schwerbehinderte Anspruch auf zusätzlichen Urlaub und das Recht, Mehrarbeit abzulehnen, also beispielsweise Überstunden.“

Diskriminierung ist das Problem

Der erhöhte Kündigungsschutz besteht unter anderem darin, dass das Integrationsamt zustimmen muss, wenn behinderte Mitarbeiter gekündigt werden. Ich kenne die Zahlen von Brandenburg nicht, aber ich schätze mal, die Zustimmungsquote des Integrationsamts in Brandenburg liegt bei 90 Prozent. Aber Fakten wie diese hätten die Theorie, dass es an den Gesetzen liegt, nicht gerade unterstützt. Es liegt nicht an den Gesetzen, es liegt an den Arbeitgebern, die sich gegen behinderte Menschen entscheiden. So wie sie sich gegen Alleinerziehende, Ausländer oder Frauen entscheiden. Das genannte Gesetz versucht zumindest zu verhindern, dass Angestellte nicht sofort entlassen werden, sobald sie eine Behinderung bekommen, weil der Arbeitgeber sie loswerden will.

Und auch der Kommentar des Autors liest sich für mich wenig fundiert. Weil der Konkurrent keine behinderten Menschen beschäftigt, macht man das selbst auch nicht? Ich glaube viel eher, dass es dazu keinen Konkurrenten braucht, sondern fähige Personalchefs, die wissen, dass behinderte Menschen genauso motiviert und leistungsfähig sind wie nicht behinderte Menschen. Es ist zum Nachteil der Unternehmen, wenn sie den besten Bewerber nicht einstellen, weil der eine Behinderung hat. Es wäre schön gewesen, wenn die Zeitung das den Arbeitgebern mitgeteilt hätte.

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