Müssen gehörlose Studenten ihre Dolmetscher für den Unterricht selbst zahlen?

Diese Frage stellt sich, wenn man sich die Geschichte von Siegfried Bachmayer, Student an der Linzer Johannes Kepler Universität, anhört.

gebärdende Hände
ÖGLB

Siegfried Bachmayer studiert Soziologie im vierten Semester, belegt derzeit fünf Kurse pro Semester, und muss trotzdem darum bangen, weiter studieren zu können. Er benötigt pro Lehrveranstaltung mehrere Dolmetscher, da Universitätsdolmetschen sehr anspruchsvoll ist, und so „fehlerfreies Übersetzen nicht länger als 20 Minuten möglich ist“, so Bachmayers Dolmetscherin.

Die Kosten dafür betragen über 10.000 Euro pro Semester. Er würde gerne 7 Kurse pro Semester belegen, dies ist ihm allerdings finanziell nicht möglich, berichtet der Standard am 13. Dezember 2007.

Bisher wurden die Kosten vom Bundessozialamt Oberösterreich und vom Land Oberösterreich übernommen, jetzt lehnt das Land es ab, dafür die Kosten zu tragen. Man schiebt die Zuständigkeit zwischen Land und Universität hin und her. Laut Behindertengleichstellungsgesetz müssten die Universitäten als öffentliche Dienstleister dafür sorgen, dass behinderte Studierende gleichberechtigten Zugang haben, ohne jedoch über die finanziellen Mittel dafür zu verfügen.

Herr Bachmayer erzählt über sein Studium in New York, dort hat er Film studiert, wo die Universität ohne bürokratischen Hürden 14 Dolmetscher zur Verfügung stellt. Im Moment unterstütze ihn seine Freundin finanziell, sagt er, „denn sonst hätt´ ich längst abgebrochen“.

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0 Kommentare

  • Ich selbst bin eine Betroffene-meine Antwort: Gebärdensprachdolmetsch deshalb damit ich das Gesagte mitbekomme. Wenn du meinst, Lippenzulesen, das funktioniert nicht bei Vorträgen bzw. Diskussionen. Mit Gebärdensprachdolmetsch bsp. in Gruppengesprächen werde direkt miteingebunden anstatt so daneben zu sitzen und nur Bahnhof zu verstehen. Nur mit Dolmetsch ist dies alles möglich. MitschreiberInnen deshalb, damit ich eine gute Mitschrift erhalte und daraus lernen kann. und nicht ständig danach fragen muss, ob mir jemand mir seine Mitschrift gibt. Also, um gut im Uni-Betrieb integriert zu werden brauche ich BEIDE Personelle Hilfen!

  • Eine Frage – vor allem an selbst Betroffene: Muss es in Vorlesungen bzw. Kursen an der Uni ausschließlich Gebärdendolmetschung sein oder wären MitschreiberInnen ebenso möglich? Ich stelle es mir schwierig vor und habe dies auch schon von einigen gehörlosen Personen gehört, gleichzeitig auf eine Dolmetscherin zu schauen und mitzuschreiben. Dagegen wäre eine Assistentin, die mit einem Notebook-PC unmittelbar neben dem Studierenden sitzt und direkt mitschreibt eine Möglichkeit sowohl das Gesagte zu verfolgen, als auch eine Mitschrift zu haben. Und dies wäre wesentlich kostengünstiger. Dies heißt nicht, dass die Unis aus der Verflichtung entlassen werden, ihr Lehrangebot für alle Studierenden zugänglich zu machen bzw. – und das ist der nächste Schritt – in ihren Budgetzuteilungen durch das Ministerium auch entsprechende Summen dafür zweckgebunden bekommen müssten.

  • @hanbal: Doch der horrende Betrag in den USA wäre so um die 7000-9000 US$ pro Jahr, wobei dort extrem viele Stipendien gibt. Und die Akademie der bildenden Künste zahlt nicht immer die Dolmetscherkosten, sondern das BSB und FSW zahlt einen kleinen Teil der Kosten.

  • Allerdings musste er in Amerika sicher einen horrenden Betrag zahlen, während er bei uns befreit ist. (mindestens 50 %) An sich müsste die Uni einen Grundbetrag bezahlen. Fünf Kurse sind eh genug. Ich bekomme trotz Behinderung (Schwerbehonderung umstritten) nicht die geringste Erleichterung. Ich leide allerdings nicht unter einer „bevorzugten“ Behinderung.

  • Die Akademie der bildenden Künste zahlt jedem Gehörlosen ein Stipendium für Dolmetscher. Aber warum gibts im konkreten Fall keine Skripten oder andere Lernunterlagen?

  • @Wolfgang, das Problem ist nicht die Uni, sondern das Land Oberösterreich bzw. das Bundessozialamt. Und auch an der TU Wien und Uni Wien gibt es das Problem mit der Finanzierung von Gebärdensprachdolmetscher. Dies ist eigentlich ein österreichweites Problem.

  • Es gibt aber auch positive Dinge, so hat etwa die Bibliothek der Technischen Universität Wien schon vor Jahren Braille-Anzeige und Braille-Drucker etc. beschafft. Techniker sind fortschrittlicher … An der TU Wien gibt es das oben dargestellte Alte Denken nicht.