Sechs Fragen der Ethikkommission an die BehindertensprecherInnen der im Parlament vertretenen Parteien und die Antworten.
Anlässlich der Nationalratswahl hat die Ethikkommission FÜR die Bundesregierung die BehindertensprecherInnen um ihre Meinungen und Pläne gebeten. Alle Fragen konnten einfach mit ja oder nein beantwortet werden, SPÖ und Grüne haben aber auch Begründungen geliefert.
Frage 1: Planen Sie, die Präimplantationsdiagnostik (PID) in Österreich auf rechtlicher Basis abgesichert einzuführen?
ÖVP-Gesundheitssprecher Dr. Erwin Rasinger und die Grüne Behindertensprecherin Theresia Haidlmayr sind sich einig: Nein zur PID. Die Grünen begründen das mit der noch fehlenden ausreichenden Meinungsbildung in den darüber debattierenden Gremien.
Für die SPÖ antwortete Behindertensprecherin Christine Lapp mit einem Ja zu dieser Frage: Der allgemeine Stellenwert der PID ist grundsätzlich positiv zu bewerten. PID dürfe nur in öffentlichen, kontrollierbaren Institutionen durchgeführt werden, seriöse und ausgewogene Beratung sei notwendig. Und: Der Umfang der PID ist in einem genauen Diagnosekatalog festzulegen. Dieser Diagnosekatalog darf nur Kriterien enthalten, die bekannten klinischen Krankheitsbildern entsprechen.
Frage 2: Planen Sie, den Mutter-Kind-Pass inhaltlich zu verändern?
ÖVP und SPÖ sprechen sich gegen Änderungen aus, die SPÖ überlegt, diese gute Einführung der SPÖ wieder stärker zu reaktivieren. Die Grünen können sich die Aufnahme eines Ersttrimester-Ultraschalls vorstellen, wenn der Inhalt dieser Untersuchung der Terminbestimmung dem Nachweis der Intaktheit der Schwangerschaft sowie der richtigen Schwangerschaftslokalisation dient. Eine Nackenfaltenmessung will keine dieser drei Parteien im Mutter-Kind-Pass verankern.
Frage 3: Sind Sie dafür, die eugenische (embryopathische) Indikation (§ 97 StGB) zu streichen?
Erwin Rasinger antwortet in der kürzest möglichen Form mit Ja. Theresia Haidlmayr ist als Behindertensprecherin für die Streichung, bei den Grünen gibt es dazu aber noch keine einheitliche Meinungsbildung. Christine Lapp spricht sich gegen die Streichung aus. Die Aufhebung der eugenischen Indikation sei der erste Schritt, die Fristenregelung grundsätzlich in Frage zu stellen. Schwangerschaftsabbrüche werde es immer geben und müssten daher optimal geregelt sein. Wir sind der Meinung, dass wir ein sehr gutes Gesetz haben. Eine Änderung hilft keinem behinderten Menschen, aber schadet den betroffenen Frauen.
Frage 4: Sind Sie dafür, die Biomedizin-Konvention des Europarates frühestens dann zu ratifizieren, wenn die Forderungen der Ethikkommission FÜR die Bundesregierung umgesetzt sind?
Frage 5: Sind Sie dafür, dass in allen Ethikkommissionen der Forschungseinrichtungen VertreterInnen der behinderten Menschen aufgenommen werden? Sind Sie dafür, dass Tätigkeit und Schulung der VertreterInnen der behinderten Menschen finanziell abgesichert werden?
Frage 6: Sind Sie dafür, dass in die Bioethik-Kommission im Bundeskanzleramt ein/e VertreterIn der Menschen mit Behinderung aufgenommen wird?
Auf die Fragen 4 bis 6 antworten SPÖ, ÖVP und Grüne einstimmig jeweils mit JA.
Zu Fragen 5 und 6 meint Christine Lapp: Wir sind der Auffassung, dass aus Gründen der Ausgewogenheit und Ausgeglichenheit auf alle Bevölkerungsgruppen Rücksicht zu nehmen ist, nur dadurch ist eine breite Information und Mitsprache möglich. Theresia Haidlmayr begründet ihr Ja zu Frage 5: Ethikkommissionen haben unserer Ansicht nach eine wesentliche Funktion bei der Diskussion und Erörterung umstrittener biotechnologischer Methoden sowie einer demokratischen Entscheidungsfindung über die Fragen, wie eine pluralistische Gesellschaft mit diesen Neuerungen umgehen soll. Sie sollten daher mit VertreterInnen aller relevanten gesellschaftlichen Gruppierungen besetzt sein.
Die FPÖ hat die sechs Fragen bisher noch nicht beantwortet. Sobald die Antworten eintreffen, werden sie selbstverständlich ebenfalls veröffentlicht.