Jetzt wird es ernst: Die Regierung wird in den nächsten Tagen einen Nationalen Aktionsplan zum Thema Behinderung beschließen. Ein Kommentar.
Knapp 20 Jahre nach Verabschiedung des Behindertenkonzeptes im Jahr 1992 entschloss sich die Politik einen „Nationalen Aktionsplan für Menschen mit Behinderungen“ zu erstellen.
Diese gute Idee weckte Hoffnungen, die nun bitter enttäuscht werden.
Unterschiedliches Verständnis von Partizipation
Das Sozialministerium organisierte in zwei Jahren dazu nur zwei Veranstaltungen (2011, 2012) und versandte Anfang 2012 einen selbst verfassten Entwurf, der so mangelhaft gestaltet war, dass über 100 (!) Stellungnahmen dazu abgegeben wurden.
Statt nun in eine Phase der grundlegenden Überarbeitung einzutreten – endlich auch unter Einbeziehung der Betroffen – entschied man sich für die Flucht nach vorne.
Wirklich erschreckend ist das Unverständnis des Ministeriums, wenn es um den Begriff Partizipation geht.
Ziel: Schnell noch im Sommer beschließen
Der Text des Aktionsplans soll noch im Juli 2012 im Ministerrat beschlossen werden – der Kurier nennt als konkretes Datum den 24. Juli 2012.
Da der Text vom Sozialministerium bisher nicht mit den Betroffen überarbeitet und auch nicht dem Bundesbehindertenbeirat vorgelegt wurde, forderte die SLIÖ dringend einen Termin beim Sozialminister ein. Am 2. Juli 2012 fand dieses Gespräch mit einem leitenden Mitarbeiter der Fachabteilung und des Kabinetts des Ministers statt.
Dabei wurde die Linie des Ministeriums definitiv klargelegt. Der Text bleibt geheime Verschlusssache und eine Mitarbeit der Betroffenen der Überarbeitung wird abgelehnt. Erst in Zukunft (nach der Beschlussfassung) ist im Rahmen einer Begleitgruppe die Mitarbeit der Betroffenen wieder erwünscht.
Bewertung nach Vorlage
Derzeit ist nur der Entwurf des Aktionsplans sowie eine Vielzahl der über 100 Stellungnahmen bekannt. (Das Ministerium hat auch die Stellungnahmen, wie dies eigentlich bei jeder ordentlichen Begutachtung üblich ist, nicht veröffentlicht.)
Klar ist inzwischen auch, dass die Bundesländer derzeit nicht an der Umsetzung mitarbeiten wollen. Bekannt wurde außerdem, dass sich der Titel geändert hat. Der Plan wird nun heißen: „Nationaler Aktionsplan der Österreichischen Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention (2012- 2020) – Inklusion als Menschenrecht und Gestaltungsauftrag“
Eine Bewertung kann daher leider erst nach Veröffentlichung des Textes erfolgen. Eines ist aber schon jetzt klar und muss festgehalten werden: Dieser Aktionsplan ist nicht „unser Aktionsplan“. Es ist einfach nur ein Plan der aktuellen Regierung. Sie wird zwar behaupten – und wahrscheinlich auch in Presseaussendungen schreiben – wie toll die Betroffenen eingebunden waren. Nur muss man festhalten: Dies ist dann eine Lüge.
Vision statt Taten
Ein schönes Fazit hat kürzlich Mag. Hubert Stockner (SLI-Tirol) gemailt: Es wird so vorgegangen, „damit Inklusion Vision bleibt“, hält Stockner darin fest.