Erste Lesung: GRÜNE für Allgemeines Behinderten-Gleichstellungsgesetz
Die Erste Lesung des Antrags der Grünen auf Erlassung eines Allgemeinen Behinderten-Gleichstellungsgesetzes (14/A) wurde von einem Gebärdendolmetscher übersetzt.
Abgeordnete HAIDLMAYR (GRÜNE) erinnerte daran, dass die Grünen nach 1995 und 1999 nunmehr zum dritten Mal eine Initiative auf Schaffung eines Behinderten-Gleichstellungsgesetzes im Nationalrat einbringen. Bisher seien sie mit ihrer Forderung allein geblieben, Menschen mit Behinderungen in allen Belangen Menschen ohne Behinderungen gleichzustellen, sagte sie, ein vereinbarter Vier-Parteien-Entschließungsantrag, wonach bis Jahresende eine Regierungsvorlage zu dieser Materie auszuarbeiten ist, mache sie jetzt aber zuversichtlich. Haidlmayr zeigte sich stolz über diesen Verhandlungserfolg und äußerte die Hoffnung, dass mit dem in Aussicht gestellten Gesetz Diskriminierungen von Behinderten tatsächlich aufhören werden. Konkret will sie unter anderem, dass die Gebärdensprache als Sprache anerkannt wird und Behinderte barrierefreien Zugang zu allen öffentlichen Verkehrsmitteln haben.
Abgeordnete RAUCH-KALLAT (ÖVP) erklärte, in der Behindertenpolitik gebe es bereits seit den achtziger Jahren eine Zusammenarbeit über Parteigrenzen hinweg. So sei 1997 ein Anti-Diskriminierungs-Paragraph in der Verfassung verankert worden. Trotz der Verbesserung der Situation behinderter Menschen sei es aber noch nicht gelungen, alle Diskriminierungen von Behinderten zu eliminieren. Das geplante Behinderten-Gleichstellungsgesetz ist für sie daher ein ganz wichtiger Schritt. Rauch-Kallat betonte allerdings, dass man mit Gesetzen zwar vieles erreichen könne, es müsse aber über gesetzliche Maßnahmen hinaus auch gelingen, Barrieren in den Köpfen mancher Menschen abzubauen.
Abgeordnete Mag. LAPP (SPÖ) wies darauf hin, dass 2003 das Europäische Jahr für Menschen mit Behinderung sei. Sie hält es für notwendig, die Bevölkerung nicht nur in Bezug auf den Umgang mit Behinderten zu sensibilisieren, sondern auch gesetzliche Maßnahmen zu setzen. 300.000 Menschen müssten vom Rand der Gesellschaft in die Gesellschaft kommen. Lapp schilderte einige konkrete Fälle aus der Praxis, etwa dass ein Bub mit Down-Syndrom eine Aufnahmeprüfung für den Besuch eines Kindergartens machen musste, und äußerte sich zuversichtlich, dass gegen solche Vorkommnisse das geplante Behinderten-Gleichstellungsgesetz eine Handhabe bieten werde.
Abgeordnete Dr. PARTIK-PABLE (FPÖ) unterstrich in Richtung Abgeordneter Haidlmayr, nicht nur die Grünen, sondern alle im Parlament vertretenen Parteien hätten sich die Gleichstellung von Behinderten und die Beseitigung von Diskriminierungen „auf ihre Fahnen geheftet“. So habe eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt ab 1998 sämtliche Gesetze im Hinblick auf mögliche diskriminierende Stellen für Behinderte durchforstet. Jede Freizeitaktivität werde für einen Rollstuhlfahrer zu einem Spießrutenlauf, gab Partik-Pable zu bedenken und zeigte sich in diesem Sinn über das geplante Anti-Diskriminierungsgesetz erfreut. Es gebe nicht nur bauliche Barrieren, sondern auch im Bildungs- und Berufsleben Diskriminierungen.
Staatssekretär Dr. WANECK begrüßte die Vier-Parteien-Einigung und sprach von einem „Festtag“. Kein Mensch sei hundertprozentig „normal“, konstatierte er, irgendwo habe jeder eine Behinderung, auch wenn diese nicht immer sichtbar sei.
Abgeordneter Dr. HUAINIGG (ÖVP) gab zunächst seiner Freude darüber Ausdruck, in Zukunft an Gesetzen im Interesse behinderter Menschen mitwirken zu können. Im Zusammenhang mit dem vorliegenden Antrag begrüßte er die Einsetzung einer Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt, wo ein umfassender Gesetzentwurf zur Behindertengleichstellung ausgearbeitet werden soll. Abgeordneter Haidlmayr dankte er für deren unermüdlichen Einsatz zur Schaffung eines Gleichstellungsgesetzes und meinte, dass es nun wichtig sei, dass alle daran mitwirken. Huainigg hob aus seiner Sicht auch hervor, dass barrierefreies Bauen menschengerechtes Bauen bedeute. Ihm gehe es auch darum, berufliche Barrieren abzubauen, Blindenhunden überall den Zugang zu erlauben und die Gebärdensprache anzuerkennen, da man damit auch sehr komplizierte Begriffe ausdrücken könne.
Abgeordneter BROSZ (GRÜNE) widmete sich der Integration Behinderter an den Schulen. Die gesetzliche Lage bezeichnete der Abgeordnete als durchaus befriedigend, ergänzte aber, dass es in Bezug auf die weiterführenden Schulen ab der neunten Schulstufe Änderungsbedarf gebe, und auch die Realisierung gesetzlicher Bestimmungen noch zu wünschen übrig lasse. So sei etwa die Finanzierung weiterführender Projekte immer wieder ein Problem. Auch gebe es nach wie vor räumliche Barrieren, und es sei bislang schwierig gewesen, die Gebärdensprache in der Schule durchzusetzen. Brosz präzisierte, dass es bei der Integration behinderter Kinder an den Schulen darum gehe, den Betreffenden die bestmögliche individuelle Chance zu bieten.
Präsident Ing. PRINZHORN gab nach Ende der Debatte bekannt, dass der Antrag 14/A zu einem Behinderten-Gleichstellungsgesetz dem Verfassungsausschuss zugewiesen werde.