Ab kommenden Jahr können gehörlose Menschen vor Gericht einen Gebärdensprachendolmetsch auf Kosten des Bundes in Anspruch nehmen.

Die entsprechenden Änderungen in der Straf- und Zivilprozeßordnung wurden am Mittwoch vom Nationalrat einstimmig beschlossen, berichtet die APA.
Die Debatte im Nationalrat wurde von Betroffenen vom Balkon aus verfolgt. Zwei Gebärdensprachdolmetscher übersetzten die Reden der Abgeordneten simultan in die Gebärdensprache.
SPÖ-Behindertensprecher Walter Guggenberger sprach von einer „wesentlichen gesetzgeberischen Maßnahme, um die Benachteiligung behinderter Menschen hintanzustellen“. ÖVP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat begrüßte, daß im Parlament die Anliegen der Behinderten über die parteipolitischen Grenzen hinweg verfolgt würden.
Der LIF-Abgeordnete Volker Kier, der die Gesetzesänderung initiiert hatte, meinte, mit der Verankerung in den Gerichtsordnungen erfolge eine „Defacto-Anerkennung“ der Gebärdensprache.
Als nicht weitreichend genug kritisierten nur die Redner von FPÖ und Grünen den Gesetzesbeschluß. FPÖ-Behindertensprecherin Helene Partik-Pable forderte die Einführung der Gebärdensprache in den Schulen, an den Universitäten sowie wie bei öffentlichen Dienststellen.
Auch die Grüne Justizsprecherin Terezija Stoisits sprach von einem ersten Schritt. Die Gebärdensprache vor Gericht sei „der niedrigste Level in der europäischen Gesamtsicht“.