Nationalratswahl 2019: Analyse des Wahlprogramms der GRÜNEN

Am 29. September 2019 gibt es in Österreich Nationalratswahlen. BIZEPS nimmt dies zum Anlass, um zu überprüfen, wie in den Wahlprogrammen der antretenden Parteien die Anliegen von Menschen mit Behinderungen berücksichtigt werden.

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Im 82-seitigen Wahlprogramm der GRÜNEN steht die Bekämpfung der Klima- und Umweltkrise im Mittelpunkt. Auch geht es um Chancengleichheit für alle, Fairness und Armutsbekämpfung. Die grüne Politik gibt sich klar weltoffen, inklusiv und pro Europa.

An mehreren Stellen finden wir Bekenntnisse zu Inklusion und das nicht nur, was Menschen mit Migrationshintergrund und Angehörige unterschiedlicher Altersgruppen betrifft. Menschen mit Behinderungen und deren Teilhabe ist ein häufiges Thema.

Menschen mit Behinderungen in Schule, Gesellschaft und Arbeitsmarkt

In Kapitel 4, „Bildungsgerechtigkeit schaffen und Zukunftschancen eröffnen“, findet sich das erste Bekenntnis zu Inklusion. Unter Punkt 4.2 „Schule: Kein Kind zurücklassen“ heißt es zur sogenannten Grünen Schule:

„Es fördert alle Schüler*innen individuell in einem gemeinsamen, inklusiven Rahmen und schafft dabei ein Umfeld, in dem Lernen und das Weitergeben von Gelerntem Freude macht. Kinder mit speziellem Förderbedarf bzw. Behinderungen werden selbstverständlich in den Regelunterricht einbezogen.“ Weiters geht es um „Eine gemeinsame und inklusive Schule, die alle Kinder individuell fördert“:

 „Zu einer inklusiven Schule gehört außerdem die barrierefreie Ausstattung der Schulgebäude, die Bereitstellung nötiger Infrastruktur, gut ausgebildete Sonderpädagog*innen und Persönliche Assistenz im Schulalltag.“

In Kapitel 7 „Die Zukunft der Arbeit“, fordert man unter dem Punkt „Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderungen“ die Reform der Ausgleichstaxe und dass Menschen mit Behinderungen eine eigene Zielgruppe des AMS werden sollen.

Verstärkt um Menschen mit Behinderungen geht es im Kapitel 9 „Menschenrechte: Zusammenhalten statt Gesellschaft spalten.“

Gleich am Beginn des Kapitels heißt es: „Damit Menschen mit Behinderung ein selbstbestimmtes Leben in der Gemeinschaft führen können, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention vorsieht, sind Programme und Unterstützungsleistungen wie das Recht auf Persönliche Assistenz, Gebärdensprachdolmetscher*innen oder persönliche Budgets ausreichend zu finanzieren.“  

Unter Punkt 9.4 „Inklusion – barrierefrei leben“, geht es dann nochmal genauer um die Rechte von Menschen mit Behinderungen, diesmal in Zusammenhang mit der UN-Behindertenrechtskonvention. Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention wird gefordert. Auch möchte man sich für eine Verbesserung des Nationalen Aktionsplans einsetzen, zum Beispiel durch Indikatoren, die den Erfolg der Maßnahmen messbar machen sollen.

Hierzu heißt es: „Es muss nicht nur überprüft werden, ob die Zielsetzungen durch effektive Maßnahmen erreicht wurden, sondern auch, ob die Zielsetzungen ausreichend widerspiegeln, was die UN-Behindertenrechtskonvention verlangt.“ Auch will man, dass bei der Erstellung des neuen Nationalen Aktionsplans 2021 – 2030 Menschen mit Behinderungen und ihre Interessensvertretungen besser miteinbezogen werden.

Analog zum Pflegefonds möchte man einen Inklusionsfonds schaffen, mit dessen Hilfe man zum Beispiel eine bundeseinheitliche Harmonisierung der Persönlichen Assistenz und die Sozialversicherung von Menschen, die in Werkstätten arbeiten, bewerkstelligen möchte.

Noch einmal spricht man sich ganz klar für inklusive Bildung aus. Bis 2030 soll ein inklusives Bildungssystem in Österreich umgesetzt werden, heißt es.

Die Forderungen nach beruflicher Teilhabe und Inklusion werden genauer ausgeführt: „Es muss ein Zugang zur Arbeit für alle geschaffen werden, indem gesetzliche oder finanzielle Hürden wie jene der „Arbeitsunfähigkeit“ für Menschen mit Behinderungen beseitigt werden.“ Man verlangt außerdem eine umfassende und langfristige Strategie für einen inklusiven Arbeitsmarkt.

Weitere Themen sind die Schaffung eines barrierefreien Notrufs, die Bundesweite Regelung Persönlicher Assistenz und auch ein Rechtsanspruch auf diese. In Zusammenhang mit der Forderung nach Persönlicher Assistenz werden auch gleiche Regelungen für Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern gefordert.

Etwas seltsam ist die Idee der „Einführung“ eines bundesweiten Behindertengleichstellungsgesetzes, da es ein solches ja bereits seit 2006 gibt. An dieser Stelle werden wir wohl noch genauer nachhaken müssen. (Update: In einer überarbeiteten Version heißt es nun zum Behindertengleichstellungsgesetz: „Aufnahme einer verpflichtenden Aufforderung zur Beseitigung einer Diskriminierung (z.B. Barrieren).“)

Diese Teile des 9. Kapitels geben einen sehr guten Aufschluss darüber, was die Grünen für Menschen mit Behinderungen vorhaben.

Auf die Situation in der Pflege wird noch einmal in Kapitel 11 „Gesundheit und Pflege dürfen kein Privileg sein“ eingegangen. Hier spricht man zum Beispiel von einer langfristigen solidarischen und finanziellen Absicherung des Pflegesystems, einer Unterstützung pflegender Angehöriger durch Maßnahmen wie Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit, eine dauerhafte finanzielle Absicherung des Pflegefonds und eine österreichweite Vereinheitlichung des Pflege- und Betreuungsangebots.

Auch im Bereich Sport finden Menschen mit Behinderungen Erwähnung. Hier heißt es, dass die Politik vermehrt Aufmerksamkeit auf den Behindertensport legen soll.

Das komplette Wahlprogramm finden Sie auf der Internetseite der GRÜNEN. Das Wahlprogramm liegt auch in einer Kurzform in Leicht Lesen vor.

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