Neuer WHO-Bericht: Weltweit 1 Milliarde behinderte Menschen

15 Prozent aller Menschen haben eine Behinderung. Somit ist jeder 7. Mensch weltweit von Behinderung betroffen. Bisher ist man von 10 % ausgegangen.

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Armut ist die Hauptursache für diese unglaubliche Zahl. Große Defizite für Menschen mit Behinderungen gibt es in den Bereichen Rehabilitation, medizinische Versorgung und Zugang zum Arbeitsmarkt. Und auch in Österreich bedingen einander Armut und Behinderung! Österreich hinkt vor allem bei Assistenzleistungen für Menschen mit Behinderungen und der Bildung für alle Kinder in Regelschulen nach.

Gestern um 9 Uhr Ortszeit haben Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Weltbank in New York den ersten globalen Bericht zu Behinderung veröffentlicht. Seit den 1970er Jahren haben Betroffene, Vertreter und Organisationen auf die neuen Zahlen gewartet, die die bisherigen Schätzungen dramatisch übertreffen: Jeder 7. Mensch weltweit, insgesamt mehr als 1 Milliarde Menschen ist behindert (15 Prozent der Bevölkerung).

Bisher wurde angenommen, dass rund 10 Prozent eine Behinderung haben. Diese Zahl ist so stark gestiegen, weil die Menschen immer älter werden und sich daher auch chronische Krankheiten häufen. Die Zahl ist aber auch gestiegen, weil es immer mehr arme Menschen gibt. Am stärksten von Behinderungen betroffen sind demnach Menschen in Entwicklungsländern und dort vor allem Frauen.

Rehabilitationsprojekte von ‚Licht für die Welt’

„1 Milliarde Menschen ist behindert – das sind viel mehr als bisher angenommen. Und einem Großteil der Menschen mit Behinderungen werden immer noch grundlegende Menschenrechte vorenthalten. Das können wir nicht länger hinnehmen und deshalb werden wir gemeinsam mit den Regierungen unserer Partnerländer und anderen Fachorganisationen nichts unversucht lassen, um auch behinderten Menschen Zugang zu Gesundheit und Bildung zu ermöglichen“, erklärt Mag. Rupert Roniger, Geschäftsführer von ‚Licht für die Welt’.

Arm macht behindert

Armut und Behinderung sind weltweit ein Kreislauf: Der Großteil aller Menschen mit Behinderungen lebt in Entwicklungsländern. Kinder und Frauen sind am stärksten betroffen. In Afrika sind 6,4 % aller Kinder unter 14 Jahren behindert. Das sind wesentlich mehr als in den Ländern mit hohem Einkommen (2,8 %). Kinder mit Behinderungen haben weit geringeren Zugang zu Schulbildung als nichtbehinderte Kinder.

Grundsätzlich gilt: Die ärmsten Länder sind am stärksten von Behinderung betroffen. Beispiele sind: Burkina Faso, Mosambik, Somalia, Mali. Entwicklungszusammenarbeit kann einen großen Beitrag leisten, um in den Armutsgebieten unserer Erde Menschen mit Behinderungen Zugang zu Gesundheit, Bildung, Rehabilitation und Technologie zu ermöglichen und bestehende Barrieren abzubauen.

Millenniumsentwicklungsziele: Armut halbieren bis 2015

Dies ist auch für die Millenniumsentwicklungsziele (MDGs), dem größten Entwicklungsprogramm der UNO, wesentlich. Ohne die Einbeziehung und Berücksichtigung von Menschen mit Behinderungen in allen Zielen, Programmen und Aktionsplänen der MDGs können diese nicht erreicht werden. Halbierung der weltweiten Armut bis 2015 und Bildung für alle – das sind die ersten beiden MDGs.

1. Weltbericht zu Behinderung

Die World Health Assembly hat die WHO im Jahr 2005 beauftragt, einen World Report on Disability zu erstellen. Dieser Bericht wurde gemeinsam von der WHO mit der Weltbank erstellt. Insgesamt waren über 370 Personen aus 74 Ländern beteiligt, darunter auch Johannes Trimmel von ‚Licht für die Welt’ sowie viele Menschen mit Behinderungen.

Mag. Helene Jarmer, Behindertensprecherin der Grünen und Präsidentin des Gehörlosenbundes, unterstreicht die Bedeutung des ersten Weltberichts zu Behinderung: „Oft heißt es, dass Menschen mit Behinderungen eine kleine, vernachlässigbare. Randgruppe sind. Der Weltbericht zeigt, dass das überhaupt nicht stimmt. Im Gegenteil: Jeder 7. Mensch hat eine Behinderung. Die Zahlen und Empfehlungen aus dem neuen Bericht sind so wichtig, weil sie eine Grundlage für die Planung und Durchführung von staatlichen Programmen zu Behinderung bilden.“

Österreich und Behinderung im Weltbericht

Armut ist auch in Österreich eine Hauptursache für Behinderung. Dr. Reinhard Pichler, Gesamtleiter des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder, kennt die Situation aus seinem Berufsalltag: „Arme Menschen gehen später zum Arzt, die Heilung dauert länger und kann daher auch chronisch werden.“

Dr. Franz-Joseph Huainigg, Behindertensprecher der ÖVP, erklärt, in welchen Bereichen Österreich den größten Aufholbedarf hat: „In Österreich wird Behinderung oft mit Krankheit verwechselt. Behinderte Menschen sind nicht krank, können aber krank werden. Es muss daher sichergestellt werden, dass Menschen mit Behinderungen entsprechend ihrer Bedürfnisse behandelt werden, was bisher leider noch nicht in allen Spitälern der Fall ist. Auch im Bereich Bildung gibt es noch viel zu tun: 50 Prozent der Kinder mit Behinderungen kommen nach wie vor in Sonderschulen. Dabei sollten ab sofort alle behinderten Kinder in Regelschulen integriert werden. Inklusive Schulbildung ist bei uns aber leider noch ein Fremdwort.“

Statement Bundesministerium für Gesundheit

Gesundheitsminister Alois Stöger zum aktuellen Weltbericht: „Behinderung ist von der Gesellschaft und vom Gesundheitssystem ernst zu nehmen. In vielen Ländern werden Krankheiten nicht behandelt, was in letzter Konsequenz zu einer Behinderung führen kann.

In Österreich sind wir durch unser solidarisches Gesundheitssystem in der Lage, Erkrankungen in hoher Qualität zu behandeln. Trotzdem darf man sich nicht ausruhen. Ich habe daher den Unfallversicherungsschutz auch auf Menschen mit Behinderung, die in Tageswerkstätten arbeiten, ausgedehnt.“

Lösungen: Akzeptanz und Inklusion

Die zwei wichtigsten Empfehlungen des World Reports on Disability lauten: Zugang zu medizinischer Versorgung und Schulbildung schaffen sowie Menschen mit Behinderungen in das Gemeindeleben gleichberechtigt einbeziehen.

Das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Wien zeigt, was damit gemeint ist: Seit mehr als 10 Jahren betreibt das Wiener Krankenhaus die einzige Gehörlosenambulanz Ostösterreichs, in der jeder Mitarbeiter in Gebärdensprache kommunizieren kann und die Patienten umfassend betreut werden.

Andrea Scherney, Sportdirektorin des Österreichischen Behindertensportverbandes, erklärt, welche Rolle Sport spielen kann: „Was im alltäglichen Leben schwerfällt, ist im Sport oft selbstverständlich und spielerisch leicht – nämlich, dass alle gleichberechtigt oder sogar als Team antreten, egal ob behindert oder nicht!“

Helene Jarmer: „Hauptziel ist, dass Menschen mit Behinderungen zur Normalität gehören und gleich behandelt werden, wie alle anderen.“

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