Nur so können wir sicherstellen, dass die Zielgruppe die Informationen bekommt

"Die Übersetzung eines Textes in 'Leicht Lesen' ist eine sehr umfangreiche Aufgabe", berichtet Mag.a Gerda Reiter, Projektleiterin bei der Innovia - Service & Beratung zur Chancengleichheit gem. GmbH im BIZEPS-INFO Interview.

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Texte so zu formulieren, dass sie von möglichst vielen Menschen verstanden werden, ist eine schwierige Aufgabe. „Es kommt dabei besonders auf die Kommunikation mit der Zielgruppe und mit dem Auftraggeber an. Nur so können wir sicherstellen, dass die Zielgruppe die Informationen bekommt, die für sie wichtig sind und dass sie diese Informationen versteht. Die Kommunikation mit dem Auftraggeber garantiert, dass die Inhalte trotz Vereinfachung stimmen“, erläutert Reiter und erklärt, wie eine Übersetzung in „Leicht Lesen“ (LL) gemacht wird:

Wie wird es gemacht?

  • Bearbeitung des übergebenen Materials: Wir schauen den zu übersetzenden Text durch, überprüfen ihn auf Vollständigkeit, klären offene Fragen zum Inhalt und wer die verantwortlichen Ansprechpersonen auf AuftraggeberInnenseite für Inhalt, Layout und Produktion sind.
  • Eingrenzung der anzusprechenden Zielgruppen: Wir recherchieren zum Lese,- Lern- und Orientierungsverhalten der anzusprechenden Zielgruppen.
  • Recherche des Informationsbedarfs bei den Zielgruppen: Wir führen strukturiere Roundtable-Gespräche mit Zielgruppen-, Interessenvertretungen oder Selbstvertretungsgruppen, sogenannte Fokusgruppen. Dabei erheben wir den Informationsbedarf zur aktuellen Thematik und filtern möglicherweise „schwierige“ (zum Beispiel inhaltlich schwer zu vermittelnde oder emotional belastende) Themenbereiche heraus.
  • Erst-Redaktion, Layout, Medien-Vorschläge: Wir erarbeiten einen ersten Vorschlag für die Übersetzung, das Layout und das Trägermedium.
  • Übermittlung des Vorschlags an AuftraggeberIn: Wir übermitteln dem Auftraggeber den Vorschlag und dokumentieren die Rückmeldungen. Diese bauen wir im Anschluss in die Übersetzung ein.
  • Erste Rückbindung mit der Zielgruppe: Mindestens 3 NutzerInnen aus der Zielgruppe überprüfen gemeinsam mit Assistenz den LL-Text und das Layout. Die Ergebnisse dieser Rückbindung werden ausführlich dokumentiert. Bei einem österreichweiten Produkt, wie dem Behindertenbericht erfolgt die Rückbindung in 3 Bundesländern, damit wir regionale sprachliche Besonderheiten bereinigen können.
  • Zweit-Redaktion mit Einarbeitung der Feedback-Ergebnisse: Die Ergebnisse aus der Rückbindung werden in den LL-Text eingearbeitet.
  • Zweit-Überprüfung durch AuftraggeberIn und NutzerInnen: Sowohl der Auftraggeber als auch VertreterInnen aus der Zielgruppe überprüfen den LL-Text. Wenn es noch einmal Änderungen gibt, dann werden diese in den Text eingearbeitet. Dieser Prozess wird so lange wiederholt, bis die Zielgruppe den Text verstanden hat und der Auftraggeber mit dem Ergebnis einverstanden ist.
  • abschließende Überprüfung durch AuftraggeberIn, Freigabe und Produktion: Der Auftraggeber überprüft noch einmal das gesamte LL-Produkt (Text und Layout) und gibt es für die Produktion frei.

Expertinnen und Experten in eigener Sache

„Ich arbeite nun seit fast 3 Jahren täglich mit Menschen mit Lernschwierigkeiten zusammen. Dadurch habe ich sehr viel von den Expertinnen und Experten in eigener Sache direkt gelernt“, berichtet Reiter und verweist auf eine Reihe von erfolgreichen Übersetzungen.

In einem Projekt mit der Wirtschaftskammer ist es beispielsweise gelungen, einen rechtsgültigen Ausbildungsvertrag für die Teilqualifizierung zu erstellen. Damit errang Innovia sogar den Bundessieg beim „ebiz E-Government Award 2009“ in der Kategorie „Barrierefreiheit in der IT“.

Für die Arbeiterkammer Tirol wurden 10 Berufsbilder von den 10 meist erlernten Lehrberufen in LL übersetzt. „Wir haben die Texte für verschiedene Homepages übersetzt, zum Beispiel die Texte für Gleich & Gleich für das Bundessozialamt oder für die Arbeitsassistenz Tirol. Zudem haben wir das Wahlprogramm der Tiroler Grünen (Landtagswahl 2008), verschiedene Folder und eine Clearingvereinbarung in LL gemacht“, führt die Projektleiterin aus.

Auch die vom Sozialministerium im Herbst 2009 vorgestellte Leichter-Lesen-Version des Behindertenberichts wurde von Innovia erstellt.

Über Innovia

Innovia wurde im Jahr 2007 gegründet und hat ihr Büro in Innsbruck.

„Vor allem sollten neue Möglichkeiten für die Umsetzung von BürgerInnenrechten von Menschen mit Lernschwierigkeiten und Behinderungen entwickelt werden, indem Zugang und Verständlichkeit von Rechtstexten, Information, Veranstaltungen und Dienstleistungen ohne Einschränkung umgesetzt werden“, hält Reiter fest und ergänzt abschließend: „Die Angebote im Service zur Barrierefreiheit werden derzeit von 8 fix angestellten MitarbeiterInnen – darunter 6 begünstigt behinderte ArbeitnehmerInnen – umgesetzt.“

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