NZZ: „Selten ist eine neue Regierung so ohne Saft und Kraft, ohne Visionen und Illusionen gestartet“

Die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) nimmt Österreichs Innenpolitik ins Visier, die pointierte Analyse österreichischer Verhältnisse zeichnet ein beschämendes Bild.

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„Statt des Willens zum Aufbruch dominiert gegenseitiges Misstrauen. Einzige Triebkraft ist das Klienteldenken“, so präsentiert sich Österreichs Politik der „Neuen Zürcher Zeitung„.

Mit einer Nüchternheit, die schon fast schmerzhaft wirkt, schreibt die „NZZ“: „Die dank massiven sozialpolitischen Versprechungen zum eigenen Erstaunen überraschend zur stärksten politischen Kraft des Landes gewordene SPÖ versucht mit mehr Krampf als Geschick, wenigstens einen Teil davon umzusetzen, während die ob des Verlustes der relativen Mehrheit noch immer traumatisierte ÖVP sich ihre Reformen aus sieben Jahren Mitte-Rechts nicht aufweichen lassen will. Es ist, als ob zwei einander nicht Wohlgesinnte auf einem schmalen Grat aufeinander zu marschierten, als ob der kurz aufflackernde Wille, den anderen hinunterzustossen, der Angst weicht, damit auch selbst zu fallen – weshalb man sich aneinander klammert.“

Problematisch wird auch die zaghafte Reformfreudigkeit bzw. die Rücknahme von Reformen gesehen: „Zu nennen wären hier die Reform der Rentenreform oder diverse ‚kosmetische Massnahmen‘ in der Alterspflege.“

Gut schneidet die große Koalition bei der Bewertung ihrer Arbeitsteilung ab – auch wenn’s nicht zu funktionieren scheint: „Auffallend ist nach fünf Monaten dieser bloss bei der Verteilung von Posten klaglos funktionierenden „Koalition der Lustlosigkeit“ eine Polarisierung, wie es sie seit Jahrzehnten nicht gegeben hat“.

Auch der, sich immer beliebter machende österreichische Sozialminister kommt auf seine Kosten: „Getrieben von dem zwar mit geringen Kompetenzen ausgestatteten, trotzdem aber unermüdlichen Ressortchef Erwin Buchinger, einem dem Ideal des Wohlfahrtsstaates nachhängenden Sozialromantiker, läuft ein fast immer gleiches Spiel ab: Die SPÖ und Buchinger preschen mit überzogenen, nicht finanzierbaren Vorstellungen vor, die ÖVP, deren Parteichef Wilhelm Molterer zugleich Finanzminister ist, versucht so weit wie möglich zu bremsen.“

Die Pflegedebatte schindet ebenfalls Eindruck bei der „NZZ“: „Eine für die weitere Regierungstätigkeit entscheidende Schlacht tobt derzeit um die Finanzierung der Alterspflege, im Besonderen der Hauspflege. Einig ist man sich vorerst nur darin, dass die bisher wohlwollend tolerierte Illegalität (über bestens organisierte Pflegevereine aus Osteuropa) auf Dauer nicht zu halten ist, dass eine völlige Legalisierung (und damit marktgerechte Entlohnung) aber nicht zu finanzieren wäre.“

Oh du mein Österreich!

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