Wertungen vorzunehmen bringt keine Lösung in der Pflege-Problematik
Im Gespräch mit der Tageszeitung „Die Presse“ vom vergangenen Samstag argumentierte Sozialminister Dr. Erwin Buchinger, dass im Zuge der Lösung der Pflegeproblematik zuerst die Finanzierung der 24-Stunden-Hilfe zu Hause finanziert werden müsse und diese wichtiger sei als höheres Pflegegeld.
Zudem mögen die Interessenvertretungen und Betroffenen zur Kenntnis nehmen, dass die von der Regierung versprochene einmalige Erhöhung des Pflegegeldes innerhalb von vier Jahren ja ohnehin eine Verbesserung gegenüber früher darstelle, so Buchinger im Interview mit der „Presse“.
Diese Aussagen sind für die ÖAR glatter Hohn. „Das Ausspielen einer Problematik gegen eine andere trägt keinesfalls zu einer konstruktiven Lösung der gesamten Pflegeproblematik bei,“ so ÖAR-Präsident Dr. Klaus Voget, „es schafft aber im Gegenzug Verärgerung und geballte Frustration bei den Wählerinnen und Wählern mit Behinderung!“
Die ÖAR fordert in ihrem Positionspapier für die Behindertenpolitik der gegenwärtigen Legislaturperiode eine Erhöhung/Valorisierung des Pflegegeldes durch eine einmalige überproportionale Anhebung (Ausgleich für Nichtanpassungen der letzten Jahre, ausgenommen 2005) und eine zukünftige jährliche Valorisierung zumindest im Ausmaß der Steigerung des Verbraucherpreisindexes, um die Position der pflegebedürftigen Menschen im Sinne der Führung eines selbstbestimmten Lebens zu verbessern, und dies mit dem Ziel einer bedürfnisorientierten Unterstützung.
Gerhard Lichtenauer,
15.03.2007, 14:29
Dr. Buchinger (PK 21.2.07): „Im Regierungsprogramm haben wir uns vorgenommen, einmal in dieser Legislaturperiode das Pflegegeld zu valorisieren. Das ist ein entscheidender Vorteil gegenüber der bisherigen Situation. Zwischen 1995 und 2005, also in einem Zehnjahreszeitraum wurde das Pflegegeld einmal valorisiert, nämlich 2005. Und jetzt wird von 2005 bis Ende der Legislaturperiode 2010, also in fünf Jahren auch einmal valorisiert. Wir sind also doppelt so gut in diesem Valorisierungszeitraum, als in den Vorgängerregierungen – freilich nicht so gut – wie sich`s viele Behinderten- Vertretungsorganisationen wünschen, dass man jedes Jahr valorisiert.“
So nebenbei, es gab überhaupt noch nie Wertanpassungen. Auch der Inflationsausgleich von 1994 und 1995 deckte nicht den sprunghaften Anstieg (manche sprechen von 300%) von Pflegekosten, unmittelbar nach PG-Einführung. Die geplante einmalige Einjahres-Inflationsanpassung (01/2009 oder 01/2010) in fünf (lt. o.g. Pk.) bzw. vier (lt. Presse-Interview), eigentlich aber in sechs Jahren (01/2005-12/2010), als Verbesserung zu bezeichnen, ist tatsächlich glatter Hohn (ÖAR).
Der Schönerungsversuch entspricht auch nicht den Tatsachen. Denn seit 1993 (PG-Einführung) bis Anfang 2007 (neue Regierung) – also in 14 Jahren – wurde insgesamt dreimal erhöht (01/94, 01/95 und 01/05). Einmal in vier (bis sechs) Jahren unterscheidet sich aber kaum von dreimal in 14 Jahren. Aber unabhängig von Bezugszeiträumen und genauer Verhältnisrechnung, jetzt von „entscheidendem Vorteil“ oder „doppelt besser“ zu sprechen, ist blanker Zynismus, weil es genauso unfair und unsozial ist, wie die unerträgliche Praxis bisheriger Regierungen.
Den Schwächsten der Gesellschaft und Jenen, welche die Unterstützungsarbeit unermüdlich leisten, werden permanent die berechtigten Wertanpassungen vorenthalten und diese systematisch an den sozialen Rand gedrängt. Irgendwann sollte Schluss damit sein, Assistenzbedürftige für dumm zu verkaufen.
meia,
14.03.2007, 09:13
Medienwirksame Protestaktioen wie vorher angeführt, machen zumindest den Regierenden klar, dass sich die Betroffenen wehren – ich möchte schon sehen, wenn hunderte, ja tausende Rollis mit deren Angehörigen und solidarischen Menschen demonstrieren, ob das keinen Eindruck hinterlässt – Ob dann noch solche Aussagen wie: „Wir sind doppelt so gut als die anderen Bundesregierungen – (Wir halten zwar nicht unsere Versprechen) – doch einmal in 5 Jahren erhöhen wir das Pflegegeld“. Nochmals: Eine Musterklage (unterstützt von der ÖAR – Dr. Voget ist ja Jurist und Richter) hätte sehr gute Chancen auf Erfolg.
Franz Böck,
14.03.2007, 08:09
Glaubt denn da wirklich noch einer, dass sich diese Regierung vom Zettelverteilen und den angeregten Mahnwachen beeindrucken lässt? Am Ende, und da stehen wir ja nun, ist es wie immer:
An den Herrn Bundeskanzler Dr. Gusenbauer! Was interessieren mich denn meine Versprechungen, die ich vor den Wahlen getätigt habe? Nichts! War es denn das Papier wert, das dazu beschrieben wurde? Nein!
An den Herrn Vizekanzler und Finanzminister Dr. Molterer! Wir wollen genug Geld in der Kasse haben, um die Steuerreform am Ende der Legislaturperiode finanzieren zu können, um dann ein Wahlzuckerl an die Unternehmer oder wem sonst auch immer verteilen zu können. Leider bleibt halt dann wieder nichts für Randgruppen über in diesem Lande! Sie sollte lieber dann die Hände falten und die Go … halten!
An den Herrn Sozialminister Dr. Buchinger! Ich habe in meinen täglich, laut weblog, stattfindenden Mediaclipping nichts über Beiträge in BIZEPS finden können und setze durch, dass das Pflegegeld erhöht wird! Das ist eine riesige Verbesserung! Des weiteren habe ich ja vollste Zustimmung für meine Pläne zur Pflegesicherungsreform von der Caritas, bei der Diakonie, bei der Volkshilfe und beim Hilfswerk erhalten! Etwaige Restzahlungen sollen bitte die Pflegebedürftigen oder deren Angehörige selbst tragen !
An den Herrn Wirtschaftsminister Dr. Bartenstein! Ich will keine ausländischen illegalen Pflegekräfte, weil ich ja in Österreich genug Pflegekräfte finde! Bei der Caritas, bei der Diakonie, bei der Volkshilfe und beim Hilfswerk. Da die aber nicht um 3,95 Euro die Stunde pflegen, sollen halt die Behinderten und Pflegebedürftigen ordentlich zur Kasse gebeten werden! Das Pflegegeld soll ja sowieso erhöht und ordentlich verwendet werden! Ich stelle auch die Zeitrechnung um und der Tag hat nur mehr 9 Stunden! Damit kann ich auch den Stundenlohn für die Pflegenden erhöhen!
meia,
14.03.2007, 01:17
Herr Dr. Voget, dem ist nichts mehr hinzuzufügen! Wann beginnen endlich gezielte Proteste? Z.B. Mahnwachen vor dem Parlament und den beiden Bundesparteizentralen der SPÖ und ÖVP?
Flugblätter – demonstrative Bettelaktionen – Eine Musterklage gegen die Bundesregierung hätte sehr gute Chancen eine jährliche Wertanpassung des Pflegegeldes zu erzwingen – wenn nötig durch alle Instanzen – bis zum EUGH.