BehindertenvertreterInnen fordern umfassendes Bekenntnis zur Gleichstellung behinderter Menschen in den neuen Rundfunkgesetzen. Selbst betroffene Menschen müssen in den ORF-Gremien integriert sein.
In der von der Bundesregierung veröffentlichten Punktation zu einem neuen ORF- und einem Privatfernsehgesetz findet sich das Bekenntnis ein verbessertes Angebot für Gehörlose an Gebärdensprache und Untertitel gesetzlich festzulegen. Die ÖAR und Integration Österreich begrüßen dieses Vorhaben ausdrücklich, zumal gehörlose Menschen bisher von wichtigen Informationen ausgeschlossen worden sind.
Die Präsenz von Gebärdensprache im TV wird auch als meinungsbildende Maßnahme die Integration gehörloser Menschen in die Gesellschaft fördern und zu einer Anerkennung ihrer Kultur beitragen. Der ORF zieht mit dieser Maßnahme mit zahlreichen anderen europäischen Fernsehstationen gleich, die bereits seit Jahren spezifische Nachrichtensendungen oder eigene Magazine in Gebärdensprache produzieren und ausstrahlen.
Die ÖAR und Integration:Österreich glauben jedoch, dass diese punktuelle Maßnahme nicht ausreicht, um das Programmangebot für behinderte Menschen nachhaltig zu verändern. Der ORF hat in den letzten Jahren verabsäumt, selbst betroffene Menschen als JournalistInnen auszubilden bzw. in die ORF-Gremien zu integrieren. Dadurch hat der ORF gegenüber der fortgeschrittenen gesellschaftlichen Integration behinderter Menschen ein starkes Nachholbedürfnis.
Huainigg, Leiter der AG „Behinderte Menschen und Medien“: „Nur durch selbst betroffene JournalistInnen wird ein neues Bild in den Medien entstehen, das dem heutigen Selbstverständnis behinderter Menschen entspricht. Durch die Integration von behinderten Menschen in die BBC hat sich gezeigt, dass Programme, die selbst von Behinderten gemacht sind, am besten gemacht sind, da es sich um die mediale Umsetzung selbst gemachter Erfahrung handelt („first hand life experiences“).
Die BBC ist davon überzeugt, dass Behinderte jeden Prozessschritt mitwirken und kontrollieren sollen. Ein ähnlicher Prozess muss jetzt im ORF stattfinden“.
Daher fordern die ÖAR und Integration:Österreich:
- Gesetzlich festgeschriebener Auftrag die Staatszielbestimmung zur Gleichstellung behinderter Menschen im Rahmen des öffentlich-rechtlichen Auftrages zu erfüllen (analog zu den Volksgruppen-Bestimmungen);
- Aufnahme von BehindertenvertreterInnen in die ORF-Gremien Stiftungs- und Publikumsrat (wie bei den Volksgruppen-Bestimmungen);
- Spezielle Ausbildungsprogramme, damit behinderte Menschen die Möglichkeit haben, als JournalistInnen tätig zu werden;
- Zugänglichkeit aller ORF-Gebäude (Das Funkhaus Wien, das Radiokulturhaus und das Landesstudio Kärnten etwa sind für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich);
- Festschreibung von Auflagen für Privat-TV-Betreiber: Mindestmaß an Untertitelungen, zur Verfügungstellung von Sendeflächen für Minderheitenprogramme (ähnlich dem deutschen Modell DSF, wo die Frequenzvergabe an die Verpflichtung geknüpft ist, das von Betroffenen gestaltete Behindertenmagazin „normal“ auszustrahlen).
Integration:Österreich veranstaltet am 17. und 18. Mai im Auftrag des Sozialministeriums eine Tagung zum „Neuen Bild behinderter Menschen in den Medien“.