3. Dezember: Internationaler Tag der Menschen mit Behinderung
Im Zuge einer Pressekonferenz in Wien stellte die Präsidentin des Österreichischen Gehörlosenbundes Mag.a Helene Jarmer gemeinsam mit den Vorstandsmitgliedern Ing. Lukas Huber und Gabriele Zemann Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität gehörloser Menschen vor.
Grundtenor der Pressekonferenz: Erst durch bilingualen Unterricht und barrierefreie Arbeitsplätze kann eine selbstbestimmte Lebensführung ermöglicht werden.
Jarmer fokussierte sich vor allem auf die prekäre Bildungssituation und die Schlechterstellung der Österreichischen Gebärdensprache (ÖGS) im Gegensatz zu anderen Minderheitensprachen in Österreich: „Trotz Anerkennung der ÖGS in der Bundesverfassung im Jahr 2005 wurden bisher keine weiteren Maßnahmen ergriffen, um die tatsächliche Eingliederung dieser in den Bildungs- und Betreuungsbereich zu ermöglichen. Die Betreuung und der Unterricht sind primär auf Lautsprache(n) ausgerichtet. Gehörlosen Kindern und Jugendlichen wird aufgrund dieser sprachlichen Barrieren der Zugang zu weiterführender Bildung oder gar einem Studium erschwert. Nur maximal 1 Prozent der ca. 10.000 gehörlosen ÖsterreicherInnen konnten bisher ein Studium abschließen. Gebärdensprachdolmetschung unterliegt finanziellen Einschränkungen und der Verfügbarkeit von DolmetscherInnen. Daher fordern wir eine Reform der LehrerInnenausbildung, welche bis heute nicht im Einklang mit dem Prinzip der Inklusion der UN-Behindertenrechtskonvention steht. LehrerInnen können, müssen derzeit keine ÖGS-Kompetenz nachweisen um gehörlose Kinder und Jugendliche unterrichten zu dürfen. Wir wollen das österreichweite Bildungsniveau heben – derzeit gibt es vor allem in ländlichen Gegenden wenig bis keine Unterstützung. Diese Menschen werden alleine gelassen.“
„Wie unlängst der Fall zweier gehörloser Schülerinnen aus Kärnten beweist, ist der Anspruch auf barrierefreien Unterricht leider nicht selbstverständlich“, so Huber. Der Landesschulrat für Kärnten schreibt im November in einem Bescheid, dass die Muttersprache der beiden nicht die Österreichische Gebärdensprache, sondern Deutsch sei.
Der Österreichische Gehörlosenbund sieht diesen Bescheid als schwerwiegende Diskriminierung an, da die verfassungsrechtlich verankerte Anerkennung der ÖGS als Minderheitensprache in diesem Bescheid nicht berücksichtigt wird. Die ÖGS ist die Muttersprache gehörloser Menschen in Österreich. Muttersprache ist die Sprache, die in der Familie gesprochen wird, mit welcher man sich identifizieren kann, sich wohl und verstanden fühlt.
Zemann ging auf das Arbeitsleben gehörloser Menschen ein, das vielen Zugangsbeschränkungen ausgesetzt ist. Die Kosten von DolmetscherInnen werden nur in privaten Unternehmen und hier nur für vereinzelte Einsätze, wie beispielsweise bei Teamsitzungen, übernommen. Gehörlose Menschen im öffentlichen Dienst haben keinen Anspruch auf Bezahlung von Dolmetschleistungen. Daher ist hier auch die Hürde einen gehörlose/n MitarbeiterIn einzustellen höher.
Die VertreterInnen des ÖGLB wünschen sich für die Zukunft mehr Selbstbestimmung: „Dazu gehören unter anderem Wahlmöglichkeiten. Wahlmöglichkeiten in Hinblick auf die Wahl der Schule und Ausbildung, Wahl des barrierefreien Kulturangebotes, Wahl der untertitelten Fernsehsendung und vieles mehr.“