Österreich beim Europäischen Menschengerichtshof verklagt

Nach über 4 Jahren Diskriminierung und Rechtsstreit um die Ausstellung einer Adoptionseignungsbestätigung hat nun ein blindes Paar eine Klage gegen die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg eingebracht.

Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger
freiraum

Denn das Land OÖ will trotz 3 Sachverständigengutachten, die dem blinden Paar die positive Eignung als Adoptiveltern attestieren sowie einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Diskriminierung des Paares, Dietmar Janoschek und Elfriede Dallinger, im Adoptionseignungsverfahren, eine Eignungsbestätigung nicht Ausstellen.

Die Eingabe des Paares beim Obersten Gerichtshof (OGH) wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass er nicht zuständig sei, sondern das Land OÖ dem Paar seit 2010 einen Bescheid schuldet, den sie dann über dieVerwaltungsgerichte beeinspruchen können.

Das Land OÖ wiederrum verweigert die Ausstellung dieses Bescheides, da es der Meinung ist, sie würden in Adoptionsangelegenheiten nicht hoheitlich sondern wie ein privatwirtschaftliches Unternehmen agieren und da gibt es keine Bescheide.

Auch der Behindertenanwalt Dr. Erwin Buchinger forderte vergeblich in einem Schreiben an die OÖ-Landesrätin Gertraud Jahn sowie die Verantwortlichen beim Land OÖ die Beendigung der Diskriminierung von Janoschek und Dallinger bzw. Ausstellung eines positiven Bescheides.

Verfassungsgerichtshof und Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte prüft

Da sich sowohl die Verwaltung, als auch das Zivilgericht als nicht zuständig sieht, muss nun vom Verfassungsgerichtshof entschieden werden, ob die Zivilgerichte oder die Verwaltung zuständig ist und entweder dem OGH oder dem Land OÖ, diese Angelegenheit zur erneuten Bearbeitung zuweisen. Erfahrungsgemäß kann das viele weitere Jahre dauern.

Janoschek: „Der Rechtskonflikt zwischen den Behörden wird auf unserem Rücken ausgetragen. Wie kommen wir dazu, dass wir auf unsere Kosten ausjudizieren lassen müssen, ob nun die Jugendwohlfahrtsbehörden in Österreich in Adoptionsangelegenheiten hoheitlich oder nicht hoheitlich agieren und ob AdoptivwerberInnen über die Verwaltungs- oder die Zivilgerichte ihr Recht einklagen können.

Wir haben uns nun mit unserem Anwalt entschlossen, die Republik Österreich beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte auf endgültige Durchführung des Verfahrens ohne Diskriminierung zu klagen. Die Europäische Menschenrechtskonvention sieht vor, dass jeder einen Anspruch darauf hat, dass seine Angelegenheiten innerhalb einer angemessenen Frist verhandelt werden (Art. 6 MRK). Außerdem geht es um die Achtung des Privat- und Familienlebens (Art. 8 MRK) und das Recht auf Nicht-Diskriminierung (Art. 14 MRK). Gegenstand unserer Beschwerde gegen die Republik Österreich ist die Annahme, dass das Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie das OÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz die Menschenrechtskonvention verletzen. Wir ersuchen die zuständigen Behörden, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, die für ein Adoptionsverfahren notwendig sind.“

Petition gestartet

Wir haben auch eine Petition gestartet, mit der wir auf die Ungerechtigkeit aufmerksam machen. Wir wenden uns darin an die Politiker des Landes OÖ und der Bundesregierung, unserer Endlosschleife im Adoptionsverfahren endlich ein Ende zu machen. Außerdem fordern wir im Sinne der vielen Kinder die sich Eltern wünschen, klarere Gesetze sowie mehr Transparenz und Gerechtigkeit, für alle Menschen die Kinder Adoptieren wollen“.

Rückblick

Dir. Dietmar Janoschek, 44, Präsident von freiraum-europa sowie Bausachverständiger und Elfriede Dallinger, 48, Hausfrau, sind 1991 erblindet. Sie leben seit 1992 zusammen und bemühen sich aufgrund von Fehlgeburten und einem Kinderwunsch seit dem Jahr 2000 um eine Adoption. Bereits damals wurde vom Jugendamt von einer Anmeldung als Adoptionswerber aufgrund der Blindheit dem Paar abgeraten.

2010 stellte das Paar trotzdem den Antrag auf Adoption. Bei der Eignungsüberprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Linz Land kam es zu einem Hausbesuch und Befragungen des Paares. Dabei entstand bei diesem der Eindruck, die Behinderung sei von vornherein ein Hinderungsgrund für eine Adoptionseignung und das negative Ergebnis der Adoptionseignungs-Überprüfung sei nicht objektiv.

Zwei vom Paar sowie ein vom Gericht beauftragte Sachverständige kamen in ihrem Gutachten zum Schluss, dass kein Grund vorliege, den Klägern den Adoptionswunsch zu versagen und die Beurteilung der Jugendwohlfahrt des Landes OÖ fachlich nicht nachvollziehbar ist und nicht dem Stand der Wissenschaft entspricht.

Die BH ist trotz dieser Gutachten der Meinung, das Paar sei als Adoptiveltern nicht geeignet.

Klage erfolgreich

Das Paar klagte das Land Oberösterreich aufgrund der diskriminierenden Ablehnungsgründe nach dem Antidiskriminierungsgesetz mit der Begründung, es werde wegen seiner Erblindung von einer Adoption ausgeschlossen.

Der Klage wurde vom Bezirksgericht Linz im Juni 2013 stattgegeben und das Land OÖ wegen Diskriminierung von Janoschek und Dallinger aufgrund ihrer Behinderung verurteilt.

Weiters wurde das Land OÖ verpflichtet, eine Adoptionseignungsbestätigung auszustellen, mit der das blinde Paar ein Kind adoptieren kann. Das Land OÖ legte Berufung ein. Das Landesgericht Linz (als Berufungsgericht) bestätigte nach erneuter Überprüfung in seinem Urteil von Dezember 2013 die Diskriminierung des blinden Paares. Das Gericht war allerdings der Auffassung, das Land OÖ könne nicht zur Herausgabe einer Adoptionseignungsbestätigung verpflichtet werden und das blinde Paar müsse sich mit je € 1000,– Schadenersatz für die erlittene Diskriminierung durch das Land OÖ begnügen.

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