Österreichs Behindertenbewegung gegen den Stillstand

Während in Österreich Koalitionsverhandlungen geführt werden, versucht die Behindertenbewegung im Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen die Arbeiten für ein Behindertengleichstellungsgesetz zu verstärken.

Michael Krispl
Krispl

Seit dem Vorjahr wird intensiv an dem Text eines Behindertengleichstellungsgesetz im «Forum Gleichstellung» gearbeitet. Der Appell «Gleichstellung jetzt» wurde am 25. September 2002 vom 1. Plenumstag des «Forum Gleichstellung» verabschiedet.

Vor einigen Tagen hat sich nun eine «Bewegung Artikel 7» gegründet. Der blinde Jurist Mag. Michael Krispl setzt sich schon viele Jahre für die Gleichstellung behinderter Menschen in Österreich ein und ist Gründungsmitglied der «Bewegung Artikel 7». kobinet-Redakteur Martin Ladstätter sprach mit ihm über den Stand der Gleichstellung in Österreich.

kobinet-nachrichten: Was bedeutet eigentlich der Name «Bewegung Artikel 7»?

Michael Krispl: Der Name bezieht sich auf das Benachteiligungsverbot für behinderte Menschen und das Staatsziel der umfassenden Gleichbehandlung in allen Bereichen des täglichen Lebens in Artikel 7 Abs. 1 der österr. Bundesverfassung. Es war uns wichtig, nach außen zu signalisieren, dass wir in die Verwirklichung der Behindertengleichstellung in Österreich endlich wieder Bewegung bringen wollen.

kobinet-nachrichten: Womit bist Du derzeit konkret unzufrieden?

Michael Krispl: Derzeit ist Behindertengleichstellung offensichtlich kein Thema der politischen Diskussion. Diesen Stillstand in der Behindertengleichstellungspolitik gilt es abzustellen!

kobinet-nachrichten: Wie könnte dieser Stillstand Deiner Meinung nach beendet werden?

Michael Krispl: Wir wollen umgehend eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt-Verfassungsdienst, der die ExpertInnen der Behindertenbewegung angehören müssen, und die sich mit der Erarbeitung eines Behindertengleichstellungsgesetzes befassen soll.

kobinet-nachrichten: Es gab im Jahr 1998 eine Arbeitsgruppe im Bundeskanzleramt, die diskriminierende Gesetze suchte und auch fand, wie in dem 120 seitigen Bericht nachzulesen ist. Bist Du mit der Umsetzung des Berichtes zufrieden?

Michael Krispl: Nein. Deswegen fordern wir auch die unverzügliche Beseitigung der bereits bekannten behindertendiskriminierenden Bestimmungen in der österr. Rechtsordnung.

kobinet-nachrichten: Wie soll ein Behindertengleichstellungsgesetz aus Deiner Sicht nach aussehen?

Michael Krispl: Unser Ziel sind individuell durchsetzbare Rechtsansprüche auf chancengleiche und gleichberechtigte Teilhabe behinderter Menschen an allen Bereichen des täglichen Lebens!

kobinet-nachrichten: Das klingt sehr abstrakt. Was wären die konkreten Auswirkungen im Alltag?

Michael Krispl: Unzugängliche Gebäude oder Verkehrsflächen, nicht benützbare Verkehrsmittel, Berufsverbote, Benachteiligungen in den Bildungs- und Berufschancen etc. müssen rechtlich bekämpfbar werden!

kobinet-nachrichten: Herzlichen Dank für das Interview.

(Das Interview führte kobinet-Redakteur Martin Ladstätter)

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