ÖVP-Wien und Grüne Wien: Behinderte Menschen sind weiter Bittsteller in Wien

Praniess-Kastner (ÖVP): "Stadtregierung hat offensichtlich kein Interesse an Menschen mit Behinderung" - Smolik (Grüne Wien): "Stadträtin Wehsely negiert konstruktive Vorschläge der Opposition"

Claudia Smolik und Karin Praniess-Kastner 080226
ÖVP

„Die SPÖ-Stadtregierung hat offensichtlich kein Interesse an Menschen mit Behinderungen. Anders ist es nicht zu erklären, dass seit Beginn der laufenden Wahlperiode (November 2005) nahezu alle Anträge der Oppositionsparteien, in denen versucht wurde, der Behindertenpolitik in dieser Stadt neue Impulse zu geben, von der SPÖ rigoros abgelehnt wurden“, kritisiert die Sprecherin für Menschen mit Behinderung der ÖVP Wien, LAbg. Karin Praniess-Kastner.

„Fast 40 mal Nein sagen, zu Vorschlägen, die für die Betroffenen große Verbesserungen bringen würden, ist kein zukunftsfähiges Konzept für die Behindertenpolitik in Wien. Stadträtin Wehsely negiert pauschal die konstruktiven Vorschläge der Opposition zur Behindertenpolitik in Wien“, so die Behindertensprecherin der Grünen Wien, Claudia Smolik. Die SPÖ hat die fast 40 Anträge in den meisten Fällen nicht angenommen, sondern mehrheitlich abgelehnt beziehungsweise lapidar beantwortet. Besonders vernachlässigt werden in Wien die Bereiche „Persönliche Assistenz“ und „Barrierefreiheit“, so die Kritik.

Persönliche Assistenz

Ein besonders anschauliches Beispiel für die Verhinderungs- und Verzögerungstaktik der Wiener SPÖ im Behindertenbereich ist das Konzept der Persönlichen Assistenz (PA). Persönliche Assistenz ermöglicht Menschen mit Behinderung ein Selbstbestimmtes Leben, indem sie bestimmte Aufgaben an andere Personen übertragen.

Praniess-Kastner: „Das bedeutet, dass persönliche Assistenz auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen zugeschnitten sein muss und gleichzeitig, dass der/die AssistenznehmerIn entscheidet, welche Aufgaben er/sie wem, wann und wie überträgt. Dies befreit die AssistenznehmerInnen vom Status eines Objektes, an dem eine Hilfeleistung erbracht wird und ermöglicht ihnen ein Selbstbestimmtes Leben.“

Nicht nur, dass bei der neuen Regelung zur PA bisher jeglicher Rechtsanspruch fehle, finden auch nur Menschen mit körperlichen Behinderungen (ab Pflegegeldstufe 3-7) Berücksichtigung. Sinnesbehinderte Menschen und Personen mit Lernbehinderung zählen dagegen nicht dazu. „Auf Menschen mit anderen Behinderungen wurde bei der Definition der Zielgruppe offenbar vollkommen vergessen“, kritisiert die VP-Behindertensprecherin.

Barrierefreiheit – In der ganzen Stadt umsetzen

„Alle Menschen müssen das Recht haben, ihr Leben selbst zu gestalten. Zu diesem Zweck ist eine barrierefreie Gestaltung der Umwelt äußerst wichtig“, so Smolik (Grüne). Dabei geht es nicht etwa um ein freiwilliges Entgegenkommen seitens der Stadt Wien, sondern um ein verbrieftes Recht auf Basis des seit 2005 geltenden Bundes-Behinderten Gleichstellungsgesetzes.

Das Gesetz legt fest, dass notwendige Maßnahmen zur Barrierefreiheit bis 2015 umgesetzt werden müssen. „Barrierefreiheit bedeutet nicht nur die Umsetzung von Maßnahmen für Menschen mit Körperbehinderungen, sondern umfasst alle Arten von Behinderungen“, so Smolik. Zusätzlich profitieren von Barrierefreiheit auch andere Bevölkerungsgruppen, wie z.B. Menschen mit Kleinkindern oder ältere Menschen. Viele Amtshäuser in Wien sind bei weitem nicht barrierefrei und verhindern so die Mobilität von Menschen mit Behinderungen und deren Integration ins gesellschaftliche Leben. Demokratie bedeutet auch, dass öffentliche Sitzungen – wie z.B. die Bezirksvertretungssitzung – für alle barrierefrei zugänglich sind.

In etlichen Amtshäusern sind aber nicht nur die Bezirksvorstehungen angesiedelt, sondern auch Magistratsabteilungen der Stadt Wien, die von der Wiener Bevölkerung aufgesucht werden müssen. Die Dezentralisierungsbudgets der Bezirke verkraften entsprechende Finanzierungen nicht ohne Unterstützungen aus dem Zentralbudget.

Forderungen für eine wirksame Behindertenpolitik

  • Novellierung des Wiener Behindertengesetzes. Für den Anspruch auf

    Persönliche Assistenz muss eine rechtliche Grundlage geschaffen werden. Die Leistung Persönliche Assistenz muss als individueller Anspruch formuliert werden

  • Flächendeckende Umsetzung „Persönlichen Assistenz“ in ganz Wien

    und für alle Menschen mit Behinderung (derzeit gebunden an:

    körperliche Behinderung ab PG Stufe 3-7, erwerbsfähiges Alter, nur für BewohnerInnen eines Privathaushalts)

  • Ausdehnung des BezieherInnenkreises der Persönlichen Assistenz

    auf Menschen mit Sinnesbehinderungen

  • Einrichtung einer Fachstelle für barrierefreies Planen und Bauen
  • Finanzielle Unterstützung der Bezirke durch die Stadt Wien zum Zwecke des barrierefreien Umbaus von Amtshäusern (Sonderbudget)
  • Ausbau des Blindenleitsystem akustisch (nicht nur taktil)
  • Gestaltung von Informationen und Formularen der Stadt Wien in

    „Easy Read“

  • Sofortige Gestaltung der Website der Stadt Wien nach Standards der Barrierefreiheit
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