Offener Brief an den Sonnenbrand-Politiker

Die Aussage von Landesrat Ackerl, dass man blinden Eltern kein Kind zur Adoption geben kann, weil sie vielleicht einen Sonnenbrand oder Zeckenbiss beim Kind nicht rechtzeitig erkennen könnten, irritiert viel - und war Anlass dieses Briefes.

Sonnenuntergang
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Sehr geehrter Hr. Landesrat Ackerl, ich erlaube mir, als seh- und körperbehinderter in karenzbefindlicher Vater Ihnen kostenlos Nachhilfe in „Wie geht des mit den behinderten Eltern“ zu geben. Wie gesagt, kostenlos.

Warum ich das mache?

Um Ihnen weitere politische Blamagen zu ersparen. Leider konnte ich nicht herausfinden, ob Sie selbst Vater sind oder nicht, dann redete es sich natürlich sozusagen von Kollege zu Kollege. Nachfolgend möchte ich Ihre „Argumente“ mit „behindeter Praxis“ füllen.

Sonnenbrand und seine Anzeichen

Keine Frage der Sonnenbrand ist eine große Gefahr für Alt und Jung. Daher hat sich Gott sei Dank irgendwann jemand etwas dagegen einfallen lassen: Sonnencreme – sehr leicht aufzutragen – auch für sehbehinderte Menschen.

Probieren Sie es einfach aus: Schließen Sie die Augen, stellen Sie sich vor den Spiegel, schmieren Sie sich ein, öffnen Sie die Augen und ich verspreche Ihnen, Sie werden gaaaaaanz rutschige Hände haben.

Und jetzt, wo wir so offen reden: das können blinde Menschen auch, denn nur die Augen sind geschädigt, nicht jedoch die Hände.

Darüber hinaus haben – zumindest steirische – Kinder eine diesbezüglich ziemliche hilfreiche Eigenschaft: Haben sie einen Sonnenbrand, verhalten sie sich NICHT ruhig und sagen „Ich möchte meine Ruhe haben“, sondern machen auf diesen Schmerz sehr gut akustisch aufmerksam. Und, wie ich schon sagte, bei den Ohren hat es ja nichts.

Praxisbeispiel gefällig?

Sohnemann verletzt sich am Spielplatz am Knie. Die Angabe der wunden Stelle bekomme ich durch die Assistentin. (Was das ist, bitte in Ihrem eigenen Chancengleichheitsgesetz nachzulesen.)

Mittlerweile ist die Wunde gut verheilt. Noch heute deutet er auf die vormalige Wunde und sagt „Aua“. Auch hier wieder, das Organ der Ohren ist soooooooo blindengerecht.

Anleitung fürs (politische) Richtigmachen

Anstelle von medialen Ferndiagnosen (beiderseits?), wäre für alle Beteiligten folgendes Vorgehen hilfreich(er) gewesen.

  1. Ja, Herr Landesrat, Ihnen wird nicht erspart bleiben, dass Behindertenbild im Zusammenhang mit der Jugendwohlfahrt neu zu überdenken. Aber, ich verspreche Ihnen, es tut nicht weh.
  2. Die Adoptionswerber und die Behörde werden nicht darum herumkommen, konstruktiv auf eventuelle Problemstellungen Antworten zu überlegen. Hiefür wird es nicht reichen, „Das-Machen-Wir-Dann-Schon“-Antworten zu haben, gleich wenig hilfreich ist es allerdings, von Seiten der Behörde sich Probleme auszudenken.
  3. Herr Landesrat, Hand auf’s Herz, do hot’s wos. Haben Sie schon einmal hinterfragt, ob wirklich die richtigen Leute an den richtigen Stellen sitzen? Da meine ich jetzt nicht nur ihre Funktion, sondern auch Menschen aus Jugendwohlfahrt & Co.
  4. Sie setzen sich (noch) stärker für behinderte Menschen ein, sagen Sie, verschleudern dennoch viel Steuergeld vor Gericht? Zur Info: Bei den beiden handelt es sich genau um Personen aus der Gruppe, für die Sie sich stärker einsetzen möchten …

Setzen Sie sich wirklich ein und verwenden Sie die Gerichtskosten für eine adäquate Unterstützung, Hr. Landesrat …

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8 Kommentare

  • Für mich stellt sich das Ganze unterdessen auch längst schon als ein Machtspiel dar, das mit dem Kindeswohl nichts mehr zu tun hat. Und die „Behörde“ sitzt am längeren Ast – Recht hin oder her.

    Elfi und Dietmar – ich stehe hinter euch und euren Kompetenzen!

  • Ganz herzlichen Dank für diesen super tollen offenen Brief!! Er trifft den Nagel auf den Kopf. Was wir, dass diesbezüglich betroffene und von der Jugendwohlfahrt diskriminierte blinde Paar, nicht verstehen ist, warum genügen 3 Sachverständigengutachen, die Bestätigung der Behindertenanwaltschaft und ein Gerichtsurteil für Herrn SPÖ Lh-Stv Ackerl und andere Parteien im OÖ Landtag nicht, wo die Art und Weise wie unsere Adoptionseignungsüberprüfung erfolgt ist, sehr kritisiert und als fachlich und wissenschaftlich unrichtig kritisiert werden und deswegen die Diskriminierung im Gerichtsurteil festgestellt wurde nicht aus. Um anstatt weiterhin auf uns loszugehen, mal die Aufsichtspflicht über die Verwaltung wahrzunehmen und die fachliche Eignung so mancher Mitarbeiterin zu Hinterfragen. Ist es so schwer einen Irrtum bei der Eignungsüberprüfung einzusehen. Warum glaubt man gegen alle namhaften Gutachter, immer noch man hätte die Weißheit mit dem Löffel gefressen und sei unfehlbar. So präpotent und von sich überzeugt, ist unfassbar. Mit einer Republik hat dieses abgehobene Gehabe, wie ein Kaiser in einer Monarchie nichts zu tun. Wir werden auch wenn bis Dato schon Ausgaben von € 20.000 zusammen gekommen sind, weiter Kämpfen, nicht nur für uns und ein Kinderglück, sondern für alle Menschen mit Behinderung.

  • Vielen Dank für diese deutlichen Worte!
    Und noch dazu in einer sehr leichten Sprache, so dass wirklich jeder, auch Politiker – alles nachvollziehen und verstehen können!

  • @Jakob Als selbst blinde Mutter zweier mittlerweile erwachsener Kinder gratuliere ich Dir zu diesem Deinem Brief. Ich hätte es nicht besser machen können, obwohl ich schon eine Mutter mit jahrzehntelanger Erfahrung bin und ehrlich, soetwas kann politischerseits nur aus zwei Gründen zustandekommen: 1. Hr. Landesrat Ackerl hatte aufgrund der seinerzeit noch nicht gehegten Praxis der Inklusion, der gemeinsamen Beschulung von sinnesbeeinträchtigten und körperbehinderten Kindern mit sogenannten „normalen“ Kindern“ leider noch nicht die Möglichkeit, diese so kennenlernen zu können, wie sie wirklich sind.Und- wie unschwer ersichtlich, Herr Ackerl, es ist Ihnen fürwahr etwas entgangen. es erlernen zu dürfen, wie Menschen, wie wir es sind, leben, wie sie ihren Alltag meistern und vor allem, wie ernsthaft sie sich für eine Aufgabe und deren Bewältigung einsetzen, die ihnen entweder auferlegt wurde oder derer sie sich selbst aus ureigenster Entscheidung annehmen wollen.
    Punkt zwei: Ich hoffe es, dass die Berufung nicht ein ledigliches billiges Machtspiel im Interesse Ihrer Jugendwohlfahrtsmitarbeiter/innen, Ihrer Kinder- und Jugendpsychologen sowie Ihrer politischen Sympathisanten darstellt. Traurig, dass Sie sich anstatt dessen nicht bei Ihrem FPÖ-Bauspezialisten mehr für das barrierefreie Bauen und dessen Umsetzung in Ihrem Bundesland durchgesetzt haben. Vermutlich ist es dort schwieriger, seine Macht zu demonstrieren. Bei den vermeintlichen Hascherln geht das sichtlich ganz ganz locker und hierfür werden auch keine weiteren Gerichtskosten gescheut.

  • Besten Dank für diesen Offenen Brief an den Sonnenbrand-Politiker

  • Das „Kindeswohl“ steht für die Jugendwohlfahrt im Mittelpunkt. Ja, das hat es immer getan. Auch schon vor mehr als sechs Jahrzehnten. Wie hat es Kreisky einst so schön gesagt: „Lernen Sie Geschichte.“

    Nicht wahr, Herr Josef Ackerl.

  • Vielen Dank, Herr Putz, Ihr offener Brief an den LR von OÖ hat richtig Schwung in meinen Wochenbeginn gebracht! :-)