Optik versus Barrierefreiheit reloaded

Unter dem Titel "Korsett Bauordnung" brachte die Ö1-Sendung Kulturjournal am 12. 2. 2013 ein Interview mit Walter Stelzhammer, dem Präsidenten der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten für Wien, Niederösterreich und Burgenland.

Bauplan mit Zirkel
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Herr Stelzhammer kritisierte die Flut an Baunormen, insbesondere in den Bereichen Energieeffizienz, Barrierefreiheit und Brandschutz. Dadurch sei die Rechtsunsicherheit für Architekten sehr groß und das Gutachterwesen blühe und gedeihe, während sich das Prozessrisiko für seine Zunft stetig erhöhe.

Aufgrund der Fülle an Baunormen erhöhten sich laut Stelzhammer die Baukosten um bis zu 15 % und Wohnflächen schrumpften aufgrund des anpassbaren Wohnbaus. Der für rollstuhlbenützende Personen erforderliche Wendekreis von 150 cm vergrößere die Sanitärbereiche sowie Gänge, und Aufenthaltsräume würden dadurch kleiner.

In der Sendung wurde auch die Überlegung angestellt, Behindertenwohnungen nicht mehr flächendeckend zu bauen, sondern Barrierefreiheit zielgerichtet auf Betroffene umzulegen. Es mache ja keinen Sinn, Wohnungen bis in den zwölften Stock behindertengerecht zu gestalten, wenn Lifte im Brandfall keinen Strom hätten und Menschen mit Behinderungen kaum aus höheren Etagen evakuiert werden könnten. Warum also keine Ghettos für behinderte Menschen, wo wir doch in der Vergangenheit bereits sehr gute Erfahrungen mit Sondereinrichtungen in allen Lebensbereichen gemacht haben?

Angeleiert wurde dieser „barrierefreundliche Reigen“ bereits einige Tage zuvor durch den Architekten Christian Knechtl, der ebenfalls auf Ö1 eine Anpassung bzw. Vereinfachung der Normen forderte. Seiner Meinung zufolge sei Barrierefreiheit erheblich am ungesunden Verhalten der österreichischen Bevölkerung schuld, da man ja viel lieber über eine zentral gelegene Prunktreppe gehen würde als über eine den Regeln der Barrierefreiheit entsprechende.

Die Aussagen der beiden Architekten decken sich mit meinen in der Vergangenheit bereits oftmals gemachte Wahrnehmung, dass das Match Optik versus Barrierefreiheit noch lange nicht ausgestanden ist. Eventuell sehen sich Architekten auch mehr als Künstler und weniger als Techniker und eventuell ist ihnen Benutzerfreundlichkeit ebenso ein Fremdwort, wie Inklusion!

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