ÖAR: Rettet ein totes schwer behindertes Kind ein Menschenleben in Indien?
Immer wieder unerwartet, jedoch in gesicherten periodischen Abständen, bringt der ORF ein ausführliches Portrait des australischen Philosophen Dr. Peter Singer, der ja vor allem durch seine krausen Thesen über das Lebensrecht schwer behinderter Neugeborener im Vergleich zum Recht von Tieren bekannt wurde.
Gestern, am 29. August, widmete sich das Fernsehmagazin „Kreuz und Quer“ den äußerst umstrittenen Thesen Peter Singers und der Euthanasie im Speziellen.
Abgeschwächt wurde dieses brisante Thema gleich in der Anmoderation, in der es sinngemäß hieß, Peter Singers Thesen könnten nicht mit jener von NS-Ideologen verglichen werden, weil ja Singer´s Familie – Singer ist jüdischer Abstammung – durch die Nazischergen umgebracht wurde. Singer wurde es dann in der Sendung selbst praktisch allein überlassen, den Part des Denkers über Tod und Leben zu spielen.
An kritischen Gegenstimmen zu Singers Thesen war nur jene eines Vertreters einer internationalen Anti-Euthanasie-Gruppe zu vernehmen; VertreterInnen behinderter Menschen kamen nicht zu Wort. Singer wurde in diesem Beitrag als liebevoller, sanfter „Gutmensch“ portraitiert; aus Mitleid mit all jenen, deren Leben seiner Meinung nach keinen Sinn mehr macht, fordert er deren Tötung, seien es alte oder schwer behinderte Menschen.
Die Sendung gipfelte in einem skurrilen Höhepunkt, als der Utilitarist und „Menschenfreund“ Singer live dokumentieren durfte, dass mit dem Geld, mit dem ein behinderter oder schwer kranker Mensch in Europa – seiner Meinung nach unnötig – am Leben erhalten wird, armen Kinder in Indien die Chance auf ein besseres Leben bereitet werden könnte.
„Einen solchen Beitrag mit einem so brisanten Thema derartig unkommentiert und unkritisch einfach zu übersetzen und auszustrahlen, ist ein Affront für alle Österreicherinnen und Österreicher mit Behinderung. Ich fordere den ORF Publikumsrat auf, sich dieses Falles anzunehmen und darauf zu dringen, dass dieser Unfug eingestellt wird. Es handelt sich hier um eine schwere Diskriminierung behinderter Menschen!“ kommentiert Dr. Klaus Voget, Präsident der ÖAR und des ÖZIV.
Eine derartige Berichterstattung kann nicht im Sinne eines öffentlich-rechtlichen Rundfunks sein, der ja zumindest laut Gesetz noch immer dem Bildungsauftrag unterliegt.