Parlament spricht sich für selbstbestimmtes Wohnen für Menschen mit Behinderung aus

Parteiübergreifende Initiative passiert Nationalrat; Stöger will überkommene Traditionen beenden

Parlament Österreich
BIZEPS

Geht es nach dem Nationalrat, soll für Menschen mit Behinderung in Zukunft ein selbstbestimmtes Wohnen anstelle großer Wohnheime möglich sein. Die parteiübergreifende Initiative basiert auf einem Antrag der Grünen Behindertensprecherin Helene Jarmer und beauftragt Sozialminister Alois Stöger, die Bundesländer aufzufordern, existierende Best-practice Beispiele für zeitgemäße Wohnformen im Behindertenbereich auszutauschen bzw. umzusetzen.

Es gebe bereits Beispiele für gute und alternative Wohnformen in Österreich, sagte Jarmer, die die Positionierung des Nationalrats als Grundlage für eine sukzessive Deinstitutionalisierung in Richtung selbstständiges Leben und Wohnen für Menschen mit Behinderung sieht.

Stöger will überkommene Traditionen, nämlich behinderte Menschen aus der Gesellschaft zu nehmen und in Heimen unterzubringen, beenden. Bereits im Dezember soll das Thema bei der nächsten Sitzung der Begleitgruppe des Nationalen Aktionsplans Behinderung behandelt werden. Handlungsbedarf sah der Minister vor allem bei den Bundesländern.

„Die Kunst liegt darin, die Fürsten der Finsternis in die Verantwortung zu nehmen“, meinte dazu Gerald Loacker von den NEOS. Angesichts der UN-Behindertenrechtskonvention war Österreich bei seiner letzten Staatenprüfung in einigen Punkten säumig.

„Der Wunsch nach eigenen vier Wänden scheitert sehr oft an den nicht vorhandenen Möglichkeiten“, stellte Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) in den Raum. Dass Menschen mit Behinderung in Wohneinrichtungen leben müssen, die gleichzeitig ihr Arbeits- oder Therapieplatz ist, widerspreche außerdem der UN-Behindertenkonvention. Die Abgeordnete bedauerte, dass es im Finanzausgleich nicht gelungen ist, den Inklusionsfonds mit Geld zu dotieren.

Für die Freiheitlichen sprach sich Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ) für das Vorhaben aus. Es gehe darum, wie Menschen leben und leben müssen, die einfach keine andere Wahl und Chance haben, meinte sie.

Ähnlich argumentierte auch Waltraud Dietrich vom Team Stronach, die Großheime, in denen Menschen mit Behinderung fernab von der Gesellschaft untergebracht werden, kritisierte sie. Der diesbezügliche Beschluss des Nationalrats sei zukunftsweisend, um behinderten Menschen auf Augenhöhe zu begegnen.

Franz-Joseph Huainigg (ÖVP) warb für inklusive Wohnformen, in denen behinderte und nicht behinderte Menschen gemeinsam wohnen, wie dies etwa zwischen Menschen mit Behinderung und StudentInnen in München bereits der Fall ist.

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2 Kommentare

  • wer soll diese Wohnungen errichten?
    Wie Hoch sind die Wohnkosten?
    Wer zahlt die Wohnkosten bei Mindestpensionisten oder gar bei Mindestsicherungsbezieher ?
    Hat jeman dafür eine Lösung?

  • Sehr erfreulich. Die Realität schaut aber zum Teil anders aus. Seit Jahren bemüht sich in Oberösterreich der IVMB (Vereinigung der Interessensvertretungen der Menschen mit Beeinträchtigungen in OÖ), dass die bestehende Warteliste für Wohnen abgebaut wird.
    Mehr als Tausend Menschen brauchen dringend (innerhalb eines Jahres) einen Platz, aus budgetären Gründen sind bis 2020 nur wenige Hundert machbar.
    Leider hören wir von den anderen Bundesländern wenig, zum Großteil sind die Wartenden nicht einmal zahlenmaßig bekannt. Eine bundesweite Koordination dieser Bemühungen ist dringend notwendig.