Partizipatives Forschungsprojekt: Wahlbeteiligung von Menschen mit Behinderungen

Kürzlich präsentierte das Forschungsbüro Menschenrechte der Lebenshilfe Soziale Dienste GmbH in der Steiermark den Forschungsbericht mit teilweise spannenden Ergebnissen.

Forschungsbericht - Politische Teilhabe Wahlbeteiligung Menschen mit Behinderungen - Partizipatives Forschungsprojekt
Lebenshilfen Soziale Dienste GmbH

„Das vorliegende Projekt geht von der Annahme aus, dass die Wahlbeteiligung von Menschen mit Behinderungen in Österreich aus unterschiedlichen Gründen eher niedrig ist. Diese Fragestellung zu erforschen und Gründe für eine etwaige geringe Wahlbeteiligung herauszufinden stehen dabei im Zentrum des Interesses“, ist der Einleitung des 64-seitigen Berichts vom Forschungsbüro zu entnehmen.

Das Forschungsbüro

Gegründet wurde das Forschungsbüro im Jahr 2016. Es hat als Aufgabe, „auf Basis partizipativer Forschung Themen zu behandeln, die für alle Menschen, speziell jedoch für jene mit Behinderungen interessant und relevant sind“.

Weiters heißt es: „Im Vordergrund steht daher einerseits der Plan, Menschen mit Behinderungen als Co-Forscherinnen und Co-Forscher mit Expertise in diesen Fragestellungen zu etablieren, andererseits aber auch, über das erforschte Endergebnis hinaus gesellschaftliche Verbesserungen für Menschen mit Behinderungen zu erreichen.“

In Österreich gibt es keinen Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen. Die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen verweist wiederholt auf Inklusion als sicherzustellendes Recht – auch im Bereich der Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben.

Welche Fragestellungen wurden erforscht?

Im Rahmen der Erhebungen wurde u.a. folgenden Hypothesen  nachgegangen:

  • Es bestehen signifikante Unterschiede hinsichtlich der Wahlbeteiligung zwischen Menschen mit Behinderungen und der Gesamtpopulation.
  • Je höher das Alter der Menschen mit Behinderungen, desto geringer ist die Wahlbeteiligung.
  • Es bestehen signifikante Unterschiede hinsichtlich der Wahlbeteiligung zwischen Menschen mit Behinderungen, die im Rahmen der Behindertenhilfe leben und Menschen mit Behinderungen, die bei der Familie leben.

Im Rahmen von Gruppendiskussionen wurden auch die Barrierefreiheit von Wahlen und notwendige Unterstützung im Wahllokal thematisiert.

Die Befragungen wurden von Juni bis November 2017 durchgeführt. In Summe wurden 274 Fragebögen ausgewertet.

Ergebnisse

„Die Wahlbeteiligung bei der letzten Bundespräsidentenwahl (4. 12. 2016) lag unter den befragten Personen bei 60,6 Prozent (166 Personen). Im Vergleich dazu lag die Wahlbeteiligung der österreichischen Gesamtbevölkerung bei 74,2 Prozent“, so eines der Ergebnisse.

Hauptgründe, nicht zu wählen, waren „kein Interesse, keine Lust“, „zu wenig Information – über Politik/über Wahl“. Erwähnt wurde aber auch „Eltern sprechen Wahlrecht ab“ sowie „Person glaubt aus unterschiedlichen Gründen nicht, wählen zu dürfen“.

Es hat sich auch gezeigt: „je geringer das Alter, desto geringer die Wahlbeteiligung“.

Interessant auch folgendes Ergebnis: „Es besteht ein signifikanter Unterschied … zwischen Personen, die bei der Familie leben und Personen, die im eigenen Haushalt leben. Das bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen, die bei der Familie leben eine geringere Wahlbeteiligung aufweisen, als Menschen, die im Rahmen der Behindertenhilfe ein Wohnangebot in Anspruch nehmen und dort leben.“

BIZEPS fragte nach

BIZEPS wollte vom Projektleiter wissen, was die Motivation für diese Studie war.

Kurt Feldhofer, Projektleiter des Partizipativen Forschungsprojekts, hält dazu fest: „Politische Teilhabe und Wahlbeteiligung sind wichtige Bausteine am Weg zu einer inklusiven Gesellschaft.“

„Mich hat am meisten überrascht, dass Menschen mit Behinderung, die im Rahmen der Behindertenhilfe wohnen, häufiger wählen als jene, die noch bei der Familie leben“, antwortete Co-Forscher David Formayer auf die BIZEPS-Frage, welches Studien-Ergebnis ihn am meisten überrascht hat.

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