Vom 11. bis zum 13. Oktober 2004 fand im Arcotel Wimberger in Wien ein Peer Counseling-Kurs statt.
Über 20 TeilnehmerInnen aus verschiedenen Bundesländern waren angereist, als Trainer durften sie das erfahrene Paar Bill und Victoria Bruckner aus San Francisco, USA, begrüßen. Bericht einer Teilnehmerin.
Die Trainer, Bill und Vicki Bruckner, sind von Geburt an behindert und haben über 25 Jahre gemeinsame Erfahrung in Peer Counseling. Sie waren u. a. in den Independent Living Centers an ihrem Heimatort, sowie anderen Orten von 1978 bis 1993 tätig.
Vielleicht werdet ihr euch jetzt fragen, was ist Peer Counseling eigentlich nochmal, gehört habe ich schon davon. Peer Counseling ist nach Bill und Victoria Bruckner das Beraten von gleichartig betroffenen Menschen („peers“) durch ebenfalls gleichartig Betroffene unter Anwendung von Problemlösungstechniken und aktivem Zuhören, um Hilfestellung zu geben. „Gleichartig“ meint, dass es sich um Menschen handelt, die gleichartige Lebenserfahrungen teilen.
Inhaltliche Schwerpunkte des Kurses waren:
- Was ist Peer Counseling und warum wird es angewendet?
- Wie Peer Counseling mitgeholfen hat, die Selbstbestimmt-Leben-Bewegung voranzubringen,
- die theoretischen Grundlagen von Peer Counseling und
- die grundlegenden Fertigkeiten und Techniken des Peer Counseling.
Wir Teilnehmer wurden also in diesen 3 Tagen in 5 Regeln und 6 Techniken der Peer Counseling-Methode eingeführt und mit ihnen vertraut gemacht.
Nach jeweils einem Teil Theorie mit anschließenden praktischen Beispielen erprobten wir eindrucksvoll, wie sich das Anwenden dieser Techniken bei uns selbst bewährt und anfühlt. Für das Erproben machten wir Rollenspiele, bei denen wir jeweils abwechselnd in die Rolle des Beraters bzw. der zu beratenden Person schlüpften.
Dieses Erleben in der jeweiligen Rolle war teilweise sehr intensiv und authentisch, da unsere Gespräche stets ein tatsächlich vorhandenes, persönliches Thema behandeln sollten.
Nach einem kurzen Austausch und Feed-back der Rollenspielpartner untereinander, schilderten alle Gesprächspaare in der großen Runde ihre Erlebnisse, und wie es ihnen ergangen war.
Ein breites Spektrum an Gesprächsinhalten, Problemstellungen und persönlichen Erfahrungen wurde an diesen drei Tagen ausgetauscht, da durch so manchen Gesprächsbericht eine recht vielschichtige Diskussion ausgelöst wurde.
Bemerkenswert war, wie schnell sich in unserer Gruppe eine gewisse Vertrautheit und Zusammengehörigkeit einstellte, da jedem doch irgendwie die Probleme des anderen bekannt waren. Im Kurs stellte ich das erste Mal auch fest, wie schwierig es mitunter sein kann, dem anderen einfach „nur“ zuzuhören und ihm damit Raum zu geben sich auszudrücken ohne in diesen Prozess durch seine eigenen Worte einzugreifen, wenn man in einer ähnlichen Situation ist.
Durch die tollen, eindrucksvollen Erfahrungen, die ich in dem Peer Counselingkurs machte, konnte ich im Bereich des aktiven Zuhörens ohne zu urteilen oder beurteilen, Erfahrungen machen, die sich nun in meinem alltäglichen Leben und in meinen Gesprächen sehr positiv zeigen. Sie wurden für mich beruflich, sowie im privaten Bereich effizient anwendbar, um Harmonie untereinander herzustellen.
Nach Abschluss des Kurses bekamen wir alle ein Zertifikat überreicht, mit dem wir nun unter Supervision einer im Peer Counseling erfahrenen Person Gleichbetroffenenberatung durchführen können.
Ich möchte den Kurs nur jeder/jedem empfehlen, auch wenn sie/er eine beratende Tätigkeit nicht von vornherein anstrebt!
Zum Abschluss möchte ich mich auch noch bedanken bei unserem Dolmetscher Dieter Waidosch, der bestens auf das Thema eingespielt war, sodass es die meiste Zeit über kaum bemerkbar war, dass der Vortrag auf Englisch gehalten wurde.
Dank möchte ich auch den BIZEPS-Organisatoren aussprechen, durch welche der Kurs und auch das Drumherum äußerst gut organisiert worden war. Auch die Versorgung mit Speis und Trank war herrlich.