Nun ist also das Jahr 2013 vorbei. Was hat es gebracht und wie kann man die Behindertenpolitik in diesem Jahr bewerten? Ein Kommentar.
Im Jahr 2013 gab es viele Wahlen. Die wichtigste Wahl – die Nationalratswahl – brachte exakt nichts. SPÖ und ÖVP haben im Rückblick auf das letzte Regierungsprogramm schon versagt und das neue ist überhaupt nur mehr phantasielos. Sozialminister Hundstorfer wird weiter das betreiben, was er für Behindertenpolitik hält und die BehindertensprecherInnen der Regierungsparteien lassen wir den Gedanken, der bringt uns nicht weiter.
Das die von manchen überschätzte Bildungsministerin Claudia Schmied von der ehemaligen Sonderschullehrerin Gabriele Heinisch-Hosek ersetzt wurde, wird auch zu keinem Inklusionsschub führen – befürchte ich.
Wahlen in den Bundesländern
In den Bundesländern gab es bei jeder Wahl Veränderungen – außer in NÖ, wo alles schwarz bleibt. Es gelingt nur mit Mühe und selten, Diskriminierungen zu verhindern. Alles wie gehabt.
Kärnten konnte sich von der Haider-Partie größtenteils befreien. Der Start war – mit der Festschreibung einer Sonderschule ins Regierungsprogramm – mehr als misslungen, aber gegen Jahresende gab es kurz einen Moment zum Aufhorchen. Man wird sehen was daraus wird.
In Salzburg wurden nach dem Finanzskandal die Roten abgewählt und auch gleich in Opposition geschickt. Die ÖVP-GRÜNEN-Team Stronach Regierung ließ mit einem Arbeitsübereinkommen kurz aufhorchen; aber die Umsetzung holpert extrem.
Und auch Tirol hat nun eine neue Regierung aus ÖVP und GRÜNE. Es gab ein halbwegs erträgliches Arbeitsüberkommen sowie Symbolik – seither war nichts mehr zu vernehmen.
2014 wird gerade für Kärnten, Salzburg und Tirol interessant. Werden die neuen Koalitionen bessere Behindertenpolitik machen als ihre Vorgänger? Hoffen wir es.
Und wer küsst den Rest wach?
Die Wahl im Jahr 2010 brachte in Wien eine SPÖ-GRÜNE Regierung und ein Koalitionsübereinkommen, welches schwach ist. Nun ist mehr als die Hälfte der Regierungszeit vorbei und Behindertenpolitik ist bisher ein sprichwörtliches Stiefkind dieser Regierung.
Das „Highlight“ der Verhöhnung ist ein vorgelegter 30-jähriger Umbauplan zu Schaffung von Barrierefreiheit in Gebäuden der Stadt Wien. Schneller geht es nicht, weil angeblich kein Geld da ist – gleichzeitig wird ein 133 Mio. Euro Werbevertrag zur Selbstvermarktung der Stadt unterzeichnet.
Die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention „als Querschnittsmaterie wird in Angriff genommen“, heißt es im Koalitionsübereinkommen. Was wurde daraus? Mehr als Arbeitsgruppen zur Erarbeitung von Vorschlägen für die Sozialstadträtin Wehsely kamen bisher nicht heraus. Den restlichen Mitgliedern der Stadtregierung muss man anscheinend das Wort Querschnittsmaterie noch erklären, weil sie sich bisher nicht angesprochen fühlen bzw. Aufforderungen aktiv zu werden ignorieren. Behindertenpolitik wird derzeit in Wien nicht gemacht; sondern nur verwaltet.
Sehr negative Entwicklungen gab es auch in Oberösterreich, wo die Bauordnung teilweise massiv verschlechtert wurde.
Das Problem Sozialministerium
Die Performance des Sozialministeriums (BMASK) ist – und ja da wiederholt sich der Rückblick der Vorjahre – so unterdurchschnittlich (und das ist schon fast die freundlichste Formulierung, die mir einfällt), dass es weh tut.
Sei es eine Arbeitsgruppe (plus Unterarbeitsgruppe) zur Persönlichen Assistenz, die das BMASK im Sand verlaufen liess, oder eine mehrfach angekündigte Arbeitsgruppe zur Gleichstellung, die es noch immer nicht gibt. Sei es eine konfus ablaufende „Begleitgruppe“ zur Umsetzung des Nationalen Aktionsplans, wo noch immer nicht klar ist, wie Indikatoren zur Zielerreichungsprüfung auszusehen haben bzw. wie die Einbindung der Bundesländer konkret auszusehen haben (erstellt werden dafür höchst dubiose und ungeprüfte Papiere einer angeblichen Umsetzungserfüllung in manchen Bereichen).
Es verwundert angesichts des „Wirkens“ des Sozialministeriums nicht, wenn öfters der Ruf laut wird, die Agenden der Behindertenpolitik aus dem Ministerium herauszulösen. Die Inkompetenz, mit der der aktuelle Sozialminister Behindertenpolitik macht, ist erschreckend; aber die Lethargie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministerium ebenfalls.
Zum Abschluss ein paar positive Dinge
2013 war (wieder) kein gutes Jahr für die Behindertenpolitik in Österreich. Manches ist aber trotzdem positiv zu erwähnen. Österreich musste sich intensiv mit der Staatenprüfung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention beschäftigen. Erstmals wurden blinde Richter bestellt; lange hat es gedauert, nun wurde ein erster Schritt gemacht.
Um angesichts des Wirrwarrs bei der Ausstellung von Behindertenparkausweisen Abhilfe zu schaffen, wurde diese zentralisiert. Das Justizministerium begann einen partizipativen Prozess zur Einführung der „Unterstützten Entscheidungsfindung“. Neu in der Volksanwaltschaft ist Günther Kräuter, der sich von Anfang an stark und gut einbrachte.
Der ORF irritierte heuer besonders mit seiner unterirdischen „Licht ins Dunkel“-Kampagne, was positiverweise vielen Menschen aufgefallen ist. Könnte dies eine Trendumkehr der öffentlichen Meinung andeuten? Zu hoffen wäre es.
Gerettet – und evtl. sogar ausgebaut – werden konnte das ORF-Behindertensport-Magazin „Ohne Grenzen“ – zumindest bis Juni 2014.
Neu ist auch das Inklusionsmagazin VALIDleben, welches 2013 schon drei beeindruckend schöne und gute Ausgaben herausbrachte.
Ausblick auf den Felsblock und die Wand
Trotz des wirklich schlechten Jahres 2013 bleibt uns nichts übrig als 2014 weiterhin wie Sisyphus für unsere Rechte weiterzukämpfen und zu versuchen, den Felsblock die Wand hinaufzurollen.
Wie meinte schon Albert Camus „Wir müssen uns Sisyphus als einen glücklichen Menschen vorstellen.“