Pflege: Chaos beherrscht auch den Jahresausklang

Über das Fördermodell der 24-Stunden-Betreuung ist schon viel geschrieben worden. Es wird nicht die gewünschten Ziele erreichen; aber es wird trotzdem von einigen in Anspruch genommen werden. Ein Kommentar.

Symbol für Rot Schwarze  Regierung
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Was sich in den letzten Tagen und Wochen im Pflegebereich abgespielt hat, übertrifft sogar die lachhafte Politik dieser Regierung des gesamten letzten Jahres. Die Menschen wenden sich angewidert ab oder sind ziemlich verunsichert. SPÖ und ÖVP ziehen an einem Strang; aber in unterschiedliche Richtungen.

Das ist Härte: SPÖ gegen ÖVP

SPÖ und ÖVP sind in einer Koalition; auch wenn man es nicht bemerkt. Das Thema Pflege ist spätestens seit dem letzten Wahlkampf wieder ein großes Thema in den Medien. Die SPÖ hat damit die ÖVP überrascht und deren Tatenlosigkeit schonungslos dargelegt; und das war gut so.

Was zu diesem Zeitpunkt wenige glaubten, traf dann aber ein: Die SPÖ hat die Wahlen gewonnen und muss nun daran gehen, die vollmundigen Versprechungen zumindest teilweise umzusetzen.

In einem BIZEPS-INFO Interview hielt Dr. Alfred Gusenbauer fest: „Das Pflegegeld muss jährlich mit zumindest der Inflationsrate angehoben werden.“ Von dieser den Leuten wirklich etwas bringenden Tat verabschiedete er sich umgehend nach der Wahl. Nicht der einzige Umfaller des nunmehrigen Kanzlers. Der Sozialminister, Dr. Erwin Buchinger (SPÖ), fand an diesem Wortbruch sogar noch positive Aspekte im Vergleich zur Vorgängerregierung.

Keine Liebesheirat

Dass die Koalition zwischen SPÖ und ÖVP keine Liebesheirat war, war von Anfang an klar. Doch diese Koalition benötigt nicht ein mal mehr eine Opposition, um schlecht dazustehen. Hier bekämpfen einander die Minister (beispielsweise Buchinger und Bartenstein) monatelang und lassen fast keine Gelegenheit aus, den anderen schlecht zu machen.

Pflegestreit

Der „Pflegestreit der Koalition eskaliert“, schreibt die Wiener Zeitung und berichtet, dass kurz vor Weihnachten im Bundesrat die Koalitionsparteien unterschiedlich gestimmt haben. Die ÖVP will eine Verlängerung der Amnestieregelung; übrigens auch die Grünen.

Die Gereiztheit wird deutlich spürbar. Die SPÖ-Behindertensprecherin, Mag. Christine Lapp, meint in einer Aussendung dazu: „Dieses eigenwillige Verhalten stellt schon die Frage, ob nicht die Volkspartei eine qualitätsgesicherte politische 24-h-Betreuung nötig hat.“ So dumm auch der Vergleich ist; man ist fast geneigt zu ergänzen: Hoffentlich keine 24-h-Betreuungsregelung, die diese Regierung ausgearbeitet hat.

Der Streit ging weiter als Bundespräsident Dr. Heinz Fischer meinte: Die Gesetze seien zu vollziehen, das gelte für Geschwindigkeitsbeschränkungen ebenso wie für die Pflege – „und zwar in allen neun Bundesländern.“

Ein Sturm der Entrüstung – vor allem bei der wahlkämpfenden ÖVP in Niederösterreich – brach los. „Wenn schon Amnestie, dann nicht für Einsitzende, sondern für Pflegebedürftige. Eine Generation, die dieses Land aufgebaut hat, kann vom Bundespräsidenten Respekt und Unterstützung erwarten und keine Strafandrohungen“, meinte etwa Klubobmann der ÖVP NÖ, Mag. Klaus Schneeberger, zu den Aussagen des Bundespräsidenten.

Durchdrücken

Das von vielen Seiten als Pfusch betitelte Fördermodell des Sozialministers soll – gegen jeden Hausverstand – durchgedrückt werden. Einerseits wird mit Strafen gedroht, andererseits behaupten einige, dass damit dieses Problem der nicht finanzierten 24-Stunden-Betreuung gelöst sei. Buchinger fuhr nun sogar in die Slowakei, um sein Pflegemodell im Rahmen einer Pressekonferenz zu bewerben.

„Auch der Minister mimt im angemieteten Reisebus gleich einmal den Werbefahrtsleiter und schnappt sich das Mikrofon. Bei einem Tageslohn von 50 Euro könnten sich Betreuer um Mehrkosten von knapp 30 Euro im Monat vollen Zugang zum österreichischen Sozialversicherungssystem erkaufen, schwärmt Buchinger“, berichteten die OÖ-Nachrichten und die Presse zitiert ihn mit „Das ist ein unschlagbar günstiges Angebot“.

Diese Pressekonferenz in der Slowakei endete mit Applaus. „Die Presse“ merkt in ihrem Artikel süffisant an: „Am lautesten klatschen die von Buchinger mitgebrachten Ministeriumsmitarbeiter.“

Konsequenzen?

Die erfolglose Politik hat Spuren hinterlassen. „Die SPÖ hat in der Pflegedebatte auf stur geschalten, das ist in einer sozialen Frage besonders unattraktiv“, analysierte Wolfgang Bachmayer OGM im „Profil“ vom 17. Dezember 2007.

Die Botschaft kam an, auch wenn es zu keinen personellen Konsequenzen kommen dürfte. „Auch SPÖ-Sozialminister Buchinger, wegen der Pflegedebatte samt Androhung von Strafen für illegale Pflege in Umfragen abgestürzt, sollte bleiben dürfen“, schreibt etwa die KRONE.

Und was bringt das den Betroffenen?

In NÖ wurde ein pflegebedürftiges Ehepaar mit einer Nachzahlung in der Höhe von 60.000 Euro bedroht. Doch dann nahm die Angelegenheit – wie schon im Bundesbehindertenbeirat von der GRÜNEN Abgeordneten Theresia Haidlmayr in einem ähnlichen Fall berichtet – eine skurrile Wendung. „Die erste Anzeige wegen illegaler Pflege bei der Krankenkasse könnte sich in Luft auflösen. Die Pflegerin wurde adoptiert“, so der Kurier.

Niemand hinterfragt, wieso man einen Tageslohn von 50 Euro jemandem zumutet. Mangels finanzieller Mittel werden dieses Modell deswegen einige pflegebedürftige Menschen anwenden müssen.

Ein Lichtblick

Wirklich erfrischend war in den letzten Tagen nur das Zitat von einem, der sich in diesem Bereich wirklich auskennt. Werner Vogt, Pflegeobmann im Sozialministerium, hält im „Profil“ vom 17. Dezember 2007 klar fest: „Solange es keine gute Alternative gibt, rate ich: Wenn die Leute zufrieden sind, sollen sie die illegale Pflegerin behalten.“

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