Pflege in den eigenen vier Wänden gefährdet

Erhöhung des Pflegegeldes erst ab Stufe 4 – zum Nachteil für den Großteil der Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbezieher.

Ein Stempel aus Holz liegt auf einem Dokument. Aufschrift Pflegegeld
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Seit seiner Einführung im Jahr 1993 hat das Pflegegeld an Wert verloren. Erst kürzlich forderte Volksanwalt Günther Kräuter eine Anpassung aller Pflegegeldstufen um 30 Prozent.

Doch anstatt den Werteverlust des Pflegegeldes auszugleichen, liest man im Regierungsprogramm 2017-2022, dass eine Erhöhung des Pflegegeldes erst ab Pflegestufe 4 geplant ist.

Die Leidtragenden dieser Einschränkung sind die Bezieherinnen und Bezieher der Pflegegeldstufen 1 bis 3, und damit die größte Gruppe der Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbezieher. Das bestätigen auch die Zahlen des Hauptverbandes der Österreichischen Sozialversicherungsträger.

Demnach beziehen rund 307.000 Menschen Pflegegeld der Stufen 1 bis 3. Somit profitieren nur rund 145.000 Personen von der geplanten Maßnahme. Erstere Gruppe ist allein schon aus finanziellen Gründen oft auf die Pflege durch Angehörige angewiesen. Pflegende Angehörige müssen wiederum oft auf Erwerbstätigkeit verzichten und sind somit auf das Pflegegeld angewiesen.

Die Vernachlässigung der Stufe 1 bis 3 bei der Pflegegelderhöhung steht auch im Widerspruch zu der mit 1. Jänner 2018 bundesweiten Abschaffung des Pflegegeldregresses. Denn wird das Pflegegeld in den unteren Stufen nicht erhöht, muss man ohnehin auf das eigene Vermögen zurückgreifen, um sich die Pflege zuhause leisten zu können. Pflegebedürftige und Pflegende werden somit wieder nicht entlastet.

Für Martin Greifeneder, Arbeits- und Sozialrechtsexperte und Richter am Landesgericht Wels, liegt eine andere Vermutung nahe.

„Man kann sich nur unschwer des Eindrucks erwehren, dass damit in Wirklichkeit zumindest zum Teil ein von den Ländern geforderter Ausgleich für den Entfall des Pflegeregresses beabsichtigt ist“, betont Greifeneder gegenüber dem Kurier.

Er betrachtet diese Maßnahme als einen „Verrat an der häuslichen Pflege“.„Ein wesentlicher Teil der Selbstbestimmtheit im Alter, die Wahlmöglichkeit zwischen Pflege in vertrauter Umgebung oder im Heim, wird dadurch zunehmend gefährdet“, so Greifeneder in den OÖ-Nachrichten.

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