„Pflegefaule Regierung“

So nennt die Tageszeitung Kurier am 19. Mai 2007 einen kritischen Artikel zum Thema Pflege und Aktivitäten der Bundesregierung.

BMSK - Sozial- und Konsumentenschutzministerium
BMSK

„Die geplante Förderung bei den Pflegekosten ab Stufe 5 ist ein Pflanz“, zitiert der Kurier aus einem Leserbrief einer Betroffenen. Nur rund 4.000 bis 8.000 Personen sollen einen Zuschuss zur Betreuung daheim erhalten, plane das Sozialministerium.

Ziel

Das Ziel des Vorhabens wird so definiert: „Um die Position pflegender Angehöriger zu stärken und den pflegebedürftigen Menschen so lang wie möglich ein selbst bestimmtes und eigenständiges Leben zu Hause zu ermöglichen, sollen als ein wesentlicher Schritt die folgenden Verbesserungen durchgeführt werden.“

Dies klingt recht gut, aber trotzdem ist Vorsicht geboten. Der gesamte Gesetzestext vermittelt immer den Eindruck, als ginge es um Heimhilfe. Dies zieht sich von der Ausbildungsvoraussetzung bis zur Dokumentation. So aber wird das Ziel nicht erreicht werden. Einerseits ist die Finanzierung bzw. die derzeitig absehbare Finanzierung mangelhaft, andererseits ist auch unklar, wie viele Menschen von diesem neuen Angebot Gebrauch machen.

Fest steht, dass es „teurer werden wird als die bisherige illegale Pflege“, meint etwa Michael Chalupka, Direktor der Diakonie. Ob dies sich die Betroffenen leisten können, bleibt abzuwarten. Dies wird von der Förderung abhängen.

Details werden noch folgen müssen und daher steht im Gesetzesentwurf: „Der Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz hat nähere Bestimmungen über die Voraussetzungen, unter denen eine Zuwendung … gewährt werden kann (wie die Höhe der Zuwendung, besonders berücksichtigungswürdige Umstände, Abwicklung, Maßnahmen der Qualitätssicherung), in Form von Richtlinien zu erlassen.“

Nützt nur sehr wenigen

„Das Modell der Regierung erreicht und nützt nur sehr wenigen. Und die Lösung der 24-Stunden Betreuung reicht nicht, es braucht weitere Perspektiven für die Betroffenen“, meint etwa der Leiter der Wiener Caritas, Michael Landau. „Bleibt also für die meisten nur die Illegalität und das Damoklesschwert einer Anzeige bei der Polizei“, so der Kurier.

Im Sozialministerium ist man sich der Problematik bewusst. „Es sind erste Schritte, aber gute erste Schritte“, sagt eine Sprecherin von Buchinger gegenüber dem Kurier. An weiteren Lösungen werde „mit Hochdruck“ gearbeitet.

Voraussetzung: Ausbildung eines Heimhelfers

Die Pflegekräfte müssen eine Ausbildung nachweisen, zumindest als Heimhilfe. Im Gesetzesentwurf ist dazu zu lesen: „Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung sind: eine theoretische Ausbildung der Betreuungskraft, die im Wesentlichen der Ausbildung eines Heimhelfers nach der Vereinbarung gemäß Artikel 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern über Sozialbetreuungsberufe, BGBl. I Nr. 55/2005, entspricht; diese Voraussetzung muss bis spätestens 30. Juni 2008 erfüllt sein“.

„Gewerkschaft und AK kritisieren die Regelung. Die Pflege werde so zu teuer“, ist dem Kurier zu entnehmen.

Abwicklung über das Bundessozialamt

Das Bundessozialamt samt den Landesstellen wird ab 1. Juli 2007 für die Abwicklung der Pflege-Regelung zuständig sein. „Wir wissen, dass das auf uns zukommt“, wird Dr. Günther Schuster, Leiter der Landesstelle Wien, am 12. Mai 2007 im Kurier zitiert.

Man könne aber vorher keine Informationen an die Betroffenen geben, doch wer mehr wissen will, wird auf Wunsch in eine Liste aufgenommen und bekommt die Informationen, sobald das Gesetz beschlossen ist. Ziel sei jedenfalls eine „möglichst bürgernahe und damit auch unbürokratische“ Lösung.

Kosten minimal

„Es ist budgetäre Vorsorge für den Aufwand durch Überschreitungsermächtigungen in den Bundesfinanzgesetzen 2007 und 2008 von maximal 18,5 Mio. Euro im Jahr 2007 und von maximal 34,0 Mio. Euro im Jahr 2008 getroffen“, steht im Gesetzesvorhaben.

Diese finanziellen Mittel (Budgetüberschreitungs-Ermächtigung) sind schon längst budgetiert und auch die Höhe ist seit Anfang April bekannt.

Weniger häufig erwähnt wird aber, dass diese Kosten minimal sind. Alleine die Abgeltung der Inflation beim Pflegegeld hätte in den nächsten zwei Jahren mehr gekostet. Die wird aber allen Pflegegeldbezieherinnen und Pflegegeldbeziehern von der Regierung verwehrt. Die oben erwähnten 18,5 Millionen Euro sind nur rund 1 Prozent der heurigen Ausgaben des Pflegegeldes in der geplanten Höhe von 1,533 Mrd. Euro. Daran sieht man, um wie wenig es eigentlich geht.

ÖVP auf Abwegen

Völlig aus dem Tritt ist derzeit anscheinend die ÖVP. Man überschlägt sich dort mit sinnlosen Diskussionsbeiträgen. Angefangen hat der Landeshauptmann von Niederösterreich, Dr. Erwin Pröll, als er ankündigte, dass Niederösterreich mit Jahresmitte einen eigenen Weg gehen werde.

„Wir sind soweit, dass wir ein Heimbett innerhalb von drei bis vier Wochen garantieren können“, erläutert der Landeschef gegenüber dem Kurier. Er hat anscheinend noch immer nicht verstanden, dass genau aus diesem Grund – nämlich nicht ins Heim zu kommen – die Menschen sich Hilfe daheim organisieren.

Ähnlich absurd – man könnte auch sagen dämlich – argumentiert der Geschäftsführer der steirischen ÖVP, Mag. Bernhard Rinner, der gegenüber dem ORF sagt: „Das Pflegegeld soll abgeschafft werden und die Geldleistung durch eine Sachleistung ersetzt werden“.

Ein klares Nein zur ÖVP-Forderung nach einer Abschaffung des Pflegegeldes kommt von Seiten des BZÖ. Die stellvertretende BZÖ-Klubobfrau, Sozialsprecherin Ursula Haubner sieht in dem ÖVP-Vorschlag einen Angriff auf das bewährte Pflegegeld. „Das Pflegegeld als Leistung für die Pflegebedürftigen ist unverzichtbar und hat sich bewährt.“

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