Einstimmiger Beschluss im Nationalrat: Ab 1. Jänner 2020 wird das Pflegegeld valorisiert und somit jährlich dem Pensionsanpassungsfaktor entsprechend erhöht.
Für diese Novelle des Bundespflegegeldgesetzes haben sich die Abgeordneten im Nationalrat heute einstimmig entschieden.
Der Gesetzesbeschluss geht auf einen Antrag der Liste JETZT zurück. Ursprünglich wäre die Orientierung am Verbraucherpreisindex vorgesehen gewesen, der Finanzausschuss hat dann mit Zustimmung aller Parlamentsfraktionen beschlossen, stattdessen den Pensionsanpassungsfaktor als Grundlage für die Anhebung zu nehmen. Auch heute herrschte Einstimmigkeit über diese Form des Beschlusses.
Seit der Einführung im Jahr 1993 hat das Pflegegeld mangels laufender Valorisierungen an Wert verloren. Zuletzt erhöht wurde das Bundespflegegeld in sämtlichen Stufen um 2% im Jänner 2016. Ab 2020 wird die jährliche Valorisierung des Pflegegelds nun mit dem jeweiligen Anpassungsfaktor nach dem ASVG erfolgen. Die sich daraus ergebenden Beträge sind jährlich durch Verordnung seitens des Sozialministeriums festzulegen.
Initiator Bruno Rossmann (JETZT) zeigte sich erfreut, dass durch das freie Spiel der Kräfte im Parlament nun endlich eine parteiübergreifende Lösung für die seiner Ansicht nach längst überfällige Valorisierung des Pflegegelds gefunden werden konnte. Das sei man den pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen angesichts des hohen Werteverlusts schuldig, so Rossmann.
Seit 1993 habe es in der höchsten Pflegestufe einen Verlust von 600 € gegeben. Den einstimmigen Beschluss wertete er zudem als Anstoß für eine langfristige, wohlüberlegte Diskussion für eine tragfähige Zukunft des Pflegebereichs.
Auch für Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) ist die Anpassung mehr als notwendig. Der 1993 von der SPÖ vorgelegte Regierungsentwurf zum Pflegegeld sei ein bahnbrechendes Projekt gewesen, das weltweit nachgeahmt wurde, so die Mandatarin. Um die staatlich finanzierte hochwertige Pflege auch in Zukunft sicherstellen zu können, forderte sie eine weitere Milliarde an Mitteln für ein entsprechendes Pflegekonzept ein.
Der Grundsatz der Entscheidungsfreiheit sei seit jeher ein wichtiger Teil des Pflegegelds gewesen, sagte Ernst Gödl (ÖVP). Obwohl Österreich über eines der besten Pflegesysteme weltweit verfüge, sollte die Valorisierung des Pflegegelds nicht darüber hinwegtäuschen, dass man an einem umfassenden Pflegekonzept arbeiten und sich über die Finanzierung Gedanken machen müsse. Zum Zeitpunkt der Einführung bezogen 230.000 Personen Pflegegeld, mittlerweile ist die Anzahl auf fast das doppelte angewachsen, so Gödl.
Zu einem Ideenwettbewerb rief Maria Smodics-Neumann (ÖVP) auf. Auf Basis der nun angestoßenen Diskussion, gelte es Überlegungen anzustellen, wie ein ganzheitliches Pflegesystem langfristig finanzierbar ausgestaltet werden kann. Fraktionskollegin Kira Grünberg (ÖVP) sprach sich dafür aus, den Themenkomplex Pflege von Grund auf neu zu denken, denn das „Thema Pflege wird von Tag zu Tag drängender“.
Dass mit der Valorisierung des Pflegegelds auch einer langjährigen Forderung der FPÖ-Fraktion nachgekommen wurde, erfreute die FPÖ-Abgeordneten Dagmar Belakowitsch und Maximilian Linder. Heute werde etwas umgesetzt, was zu 100% bei denjenigen ankomme, die es wirklich brauchen, so Belakowitsch. Auch wenn man den Werteverlust von 35% seit 1993 nicht finanziell ausgleichen könne, werde es ab heute keinen Werteverlust mehr geben. Maximilian Linder (FPÖ) bezeichnete das als einen „Akt der Fairness“.
Wie auch FPÖ-Fraktionskollege Gerhard Kaniak versteht er die Valorisierung des Pflegegelds ferner als eine Stärkung der Motivation, um zu Hause zu pflegen.
Der Wertverlust der letzten Jahre war nicht mehr vertretbar, meinte auch Gerald Loacker (NEOS). Vor allem Familien, die ihre Angehörigen zu Hause pflegen, würden nun endlich eine Kompensation erhalten. Problematisch erachtete der NEOS-Mandatar, dass bei stark pflegebedürftigen Personen in Heimen das zusätzliche Pflegegeld direkt an den Heimträger ergehe. Die Frage, ob das tatsächlich in bessere Pflege investiert werde, bleibe seiner Ansicht nach offen.
Sozialministern Brigitte Zarfl erachtet die Valorisierung als eine sinnvolle Maßnahme, weil sie eine Verbesserung im Alltag der pflegebedürftigen Menschen und ihren Angehörigen darstelle, wie sie in der Plenardebatte sagte. Die ökonomischen Zuwendungen seien aber nur ein Teil des Systems der Ausgestaltung der Pflege, betonte sie.
In inhaltlicher Hinsicht werde das Sozialministerium bis Herbst eine Grundlage für die neue Bundesregierung erarbeiten und verschiedene Projekte, unter anderem zu neuen Finanzierungsmodellen, zum Umgang mit Demenz sowie zur Attraktivierung von Pflegeberufen, abschließen.
Erika Strutzenberger
05.07.2019, 09:57
Was jahrzehntelang unsere Regierungen nicht gelungen ist, gelingt der Expertenregierung. Es geht doch!!! Die Expertenregierung könnte von mir aus bleiben.
Blindwurm
03.07.2019, 11:10
Jetzt können die Sektkorken knallen!
Wie schade, das Martin Habacher nicht mehr unter uns weilt, denn das wäre Stoff für eine tolle Satire.
Ohne Ibizavideo wäre das wohl nie gekommen. Offen gestanden finde ich es direkt schade, das wir eine neue Regierung wählen. Ich wünschte der jetzige Zustand würde eine Dauerlösung werden. Ich hätte wirklich nicht gedacht, das ich die Valorisierung noch erleben werde!
Martin Wolkerstorfer
06.07.2019, 03:47
Ohne Peter Pilz wäre die Erhöhung des Pflegegeldes nicht gekommen.
Nur fürs Protokoll. Und als kleine Wahlempfehlung.