Am 1. August 2008 präsentierte Nationalratspräsidentin Mag. Barbara Prammer (SPÖ) den Sieger des Architektenwettbewerbs zum Umbau des Nationalratssitzungssaals. Wichtig ist die Schaffung von Barrierefreiheit.
„Wir haben gestern eine wichtige Entscheidung getroffen, was den Umbau des Nationalratssitzungssaales betrifft.“ Mit diesen Worten leitete die Nationalratspräsidentin im Pressenzentrum des Parlaments die Pressekonferenz ein und präsentierte dann das Siegerprojekt des internationalen Architekturwettbewerbs zur Umgestaltung des Nationalratssitzungssaales.
Den Saal gibt es in seiner derzeitigen Form seit 1956 und er sei „absolut nicht mehr zeitgemäß“, hält sie fest und zählt jene Punkte auf, die mit dem Umbau erreicht bzw. geändert werden sollen.
Barrierefreiheit
Der erste von ihr erwähnte Punkt betrifft die Barrierefreiheit. Der „Saal ist nicht barrierefrei“ und dies, obwohl hier die Entscheidung gefallen sei, ein Gesetz für die Barrierefreiheit zu beschließen. Sie spricht dann den Alltag von behinderten Abgeordneten an und „wie diskriminierend sie ihre Arbeitsbedingungen finden müssen“.
Viele Positionen seien überhaupt nicht per Rollstuhl erreichbar, wie beispielsweise die Regierungsbank oder der Platz der Klubobleute. „Die Barrierefreiheit ist für mich einer der zentralsten Punkte“ des Umbaues, hält sie fest.
Besucher
In den letzten Jahren konnte erfreulicherweise die Zahl der Besucherinnen und Besucher im Parlament gesteigert werden. Dieser Weg soll fortgesetzt werden und noch mehr Personen auf die oben befindliche Galerie gelockt werden.
„Oben ist noch weniger barrierefreier, weil dort kommt niemand barrierefrei hin“, ergänzt Nationalratspräsidentin Prammer. Man müsse sich dies wirklich persönlich einmal angesehen haben, um es zu verstehen, erläutert sie. Prammer: „Für mich war auch der barrierefreie Zugang zur Besuchergalarie wichtig.“
Lichtverhältnisse und Arbeitsbedingungen
Die Lichtverhältnisse sind „nicht perfekt“ und die Arbeitsbedingungen – beispielsweise die Sitze und die Infrastruktur – müssen verbessert werden und überdies regnet es durch das Dach, erwähnt sie einige der Punkte. Auch im Parlament müssen alle gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden, resümiert Prammer.
Sieger aus Linz
Zu diesem prestigeträchtigen Projekt gab es 21 Vorschläge, die in zwei Stufen bewertet wurden. Man habe sich in der Jury einstimmig für Kontinuität entschieden und daher ein ruhiges, klassisches Projekt ausgewählt.
Gewonnen hat der Vorschlag des Linzer Architektenbüros Heidl, dessen Umsetzung wahrscheinlich rund 17 Millionen Euro kosten wird und daher unter den veranschlagten 21 Millionen Euro liegt.
„Die Kosten waren aber nicht ausschlaggebend“, ergänzt Prammer und hält fest: „Bei der Barrierefreiheit musste man keine Kompromisse machen.“ Es wird zwar nicht jeder Platz barrierefrei, „aber jede Funktion“ – wie beispielsweise Abgeordneter, Klubobmann, Regierungsmitglied usw. sei barrierefrei erreichbar.
Bei Barrierefreiheit habe man „nicht nur an Rollstuhlfahrer gedacht“, sondern „auch das Thema schlechter hören“ berücksichtigt.
Jury-Vorsitzender Boris Podrecca erwähnt, dass das Parlament keine Schule am Land ist, „umso interessanter ist der Umbau“. Es gab eine sehr gute Kooperation mit dem Denkmalamt und daher „gab es nicht diesen Crash, den es sonst so gibt“, berichtet er.
Im Herbst beginnen die Verhandlungen
Parlamentsdirektor Georg Posch kündigt an, dass im Herbst die Verhandlungen beginnen. Es gibt derzeit leider wegen der Neuwahlen kein Budget und daher verzögere sich der Umbau um einige Monate. Man werde wieder eng mit der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) zusammenarbeiten.
Der Finanzminister habe ein Sonderbudget in Aussicht gestellt, berichtet die Nationalratspräsidentin. „Ob nun alle Parteien dafür sind, sollte uns nicht mehr leiten“, meint sie, denn so ein Projekt „muss aus der Tagespolitik genommen werden“.
Auch die Medienvertreterinnen und -vertreter werden bessere Möglichkeiten vorfinden. „Natürlich können auch behinderte Journalistinnen und Journalisten dann barrierefrei arbeiten“, kündigt Prammer an.
„Noch ist nicht jede Steckdose fertig geplant“, so Posch, denn die Detailplanung ist nicht fertig: „Wichtig ist, dass die große Handschrift stimmt.“ Ein Bezug des neues Saales ist frühestens für Anfang 2012 in Aussicht genommen.
Fehler vermeiden
Im Anschluss an die Pressekonferenz wollte BIZEPS-INFO in einem Interview mit Nationalratspräsidentin Prammer wissen, wie Baufehler vermieden werden. Als Beispiel sei das jüngst erbaute Pressenzentrum des Parlaments genannt, wo soeben die Pressekonferenz stattgefunden hat. Das Podium ist nur über eine sehr hohe Stufe erreichbar und der Grundsatz: „Jede Position ist barrierefrei erreichbar“ nicht realisiert.
Prammer bestätigte diese Bausünde und meinte: „Da sieht man wieder, wie wichtig die Zusammenarbeit mit den Betroffenenorganisationen ist.“ Man werde daher bei der Detailplanung auf dieses Wissen zurückgreifen, kündigte sie abschließend an.