Der ORF-Oberösterreich brachte am 13. April 2009 einen Beitrag zum neuen Chancengleichheitsgesetz des Landes. Betroffene, die Persönliche Assistenz vom Land finanziert bekommen, wehren sich dagegen.

„Mit diesem Gesetz soll in der Behindertenhilfe in OÖ der lang geforderte Wechsel von der Versorgung zur Selbstbestimmung vollzogen werden“, berichteten wir im Jahr 2004. Nun ist alles anders, hört man immer öfter.
Das Gesetz des „Landes soll für Menschen mit Beeinträchtigung ein Mehr an Gleichberechtigung im Vergleich zu Nichtbehinderten bringen“, erfährt man im ORF-Beitrag.
Doch das hat „seinen Preis“, denn das „Land bezahlt gewisse Leistungen nur noch dann, wenn die Betroffenen ihr Einkommen und Vermögen offen legen“. Wer beispielsweise mehr als 999 Euro verdient oder mehr als 12.000 Euro besitzt „muss damit rechnen, dass die Behörden darauf zugreifen“.
Chancengleiheitsgesetz bringt „eklatante Schlechterstellung“
„Man muss quasi einen finanziellen Strip hinlegen wie ein Kapitalverbrecher. Wir können nichts dafür, dass wir beeinträchtigt sind. Das ist eine eklatante Schlechterstellung gegenüber dem restlichen Teil der Bevölkerung“, hält Markus Fritsch, einer der Betroffenen in Oberösterreich im Interview fest.
Ackerl kann Kritik nicht nachvollziehen
Der zuständige Landesrat Ackerl Josef (SPÖ) kann die Kritik „grundsätzlich nicht nachvollziehen, weil ja sowohl die Betroffenen, als auch die Organisationen bei der Erarbeitung des Gesetzes beteiligt gewesen sind und jetzt auch im Rahmen der Umsetzung ja die Möglichkeit besteht, Unzulänglichkeiten auch uns mitzuteilen“.
Das dürfte teilweise unrichtig sein, hält doch die Oberösterreicherin Andrea Fröschl kürzlich in einem Artikel fest: Zuerst „durften“ die Betroffenen an der Entstehung des Gesetzes mitarbeiten. „Zugangsbestimmungen und Kostenbeiträge wurden jedoch später im Alleingang festgelegt und nicht mehr im Detail den Betroffenen kommuniziert.“ Die Rollstuhlfahrerin ist Mitglied des „Arbeitskreises Chancengleichheit“, der die Mängel in der Öffentlichkeit aufzeigt.
Auch inhaltlich beharrt Landesrat Ackerl auf die Einkommens- und Vermögensgrenzen: „Es ist ja nicht einzusehen, dass die Betroffenen selbst, die ein Vermögen haben, für die Lebenshaltung aus diesem Vermögen nichts beitragen müssten. Aber in der Folge irgendwann einmal die Angehörigen, alles erben obwohl der Staat sehr viel bezahlt hat.“
Betroffene fordern Chancengleichheit
„Persönlicher Assistent muss einkommens- und vermögensunabhängig sein“, fordert Klaudia Karoliny von der Selbstbestimmt-Leben-Initiative Oberösterreich und vergleicht die Leistung mit der Familienbeihilfe, die „einfach jedem Menschen zur Verfügung steht“.
Der Konflikt dürfte OÖ auch in den nächsten Monaten intensiv beschäftigen. Bei einer Diskussionsveranstaltung in der Linzer Arbeiterkammer haben Betroffene und Vertreter von Sozialorganisationen das neue Gesetz analysiert und Kritikpunkte formuliert, informiert der ORF abschließend.
uli,
08.06.2009, 13:32
Menschen mit Psychatrieerfahrung geht es mit diesem Gesetz auch nicht besser. Auch hier gilt der vorangige Einsatz von eigenen Mitteln und wenn du Pflegegeld beziehst dann darfst du davon auch einen Teil abgeben…wenn du krank bist mußt du zahlen, damit du arbeiten darfst. Aber vielleich geht es uns ja allen bald so, das wäre dann wieder Chancengleichheit.
Martin Ladstätter,
22.04.2009, 08:52
Auch Burgenland hat seit Jahren eine gesetzliche Regelung der Persönlichen Assistenz.
@Thomas Stix: Du hast 100%ig recht. OÖ ist ein abschreckendes Beispiel.
Anonymous,
21.04.2009, 20:49
Meines Wissens gibt es auch in der Steiermark eine gesetzliche Verankung, aber dann dürft es das wirklich gewesen sein! ;-(
Thomas Stix,
20.04.2009, 11:31
Oberösterreich hat die Persönliche Assistenz gesetzlich verankert, das gibt es – soviel ich weiß – in keinem anderen Bundesland (Tirol?). Das hört sich zwar gut an, aber ein schlechtes Gesetz ist nicht immer besser als kein Gesetz!
Die PA in OÖ kostet dem Land viel Geld und ist sehr ineffizient; kein Behinderter, der rund um die Uhr Assistenz braucht, kann sich das in OÖ organisieren. Die oö Gesetzgebung/Verwaltung hat nicht verstanden, was PA ist, und das ist traurig. PA ist dort ein besserer Begleitdienst für nette Freizeitstunden, so wird es den Behinderten zugestanden …
Ich hoffe, dass andere Bundesländer sich daran kein Beispiel nehmen. Das oö. Gesetz ist gut für die Bürokratie und Verwaltung aber geht nicht auf die existentiellen Bedürfnisse der Behinderten ein.
Gloria Petrovics,
20.04.2009, 09:20
Laut Landesrat Ackerl, der sich zwar Sozialdemokrat nennt und bei öffentlichkeitswirksamen Partnerhundeveranstaltungen mit Geld um sich wirft, aber anscheinend gründlich verlernt hat, was Solidarität eigentlich bedeutet, müssen Behinderte eben Armutschkerln sein. Ein Behinderter, der mehr als 999 Euro verdient (unter dem von seiner Partei immer wieder geforderten Mindestlohn)oder gar ein Einfamilienhaus hat, muss geschröpft werden. Wo kommen wir da denn hin! Und wer blöd genug ist, seine behinderten Verwandten nicht rechtzeitig umzubringen, der ist selber schuld, wenn er dann nichts erbt. Ich habe gedacht, die Kapitalismuskrise wird auch die SPÖ-Politiker wieder zu ihren Wurzeln bringen. War wohl ein Aberglaube…