Protesttag: Diskriminierungen sichtbar machen

Anlässlich des Europäischen Protesttages für die Gleichstellung behinderter Menschen am 5. Mai bekräftigt der Selbstvertretungsverband Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), dass es auch 28 Jahre nach dem ersten Protesttag am 5. Mai 1992 gerade in Zeiten der Corona-Pandemie nötiger denn je ist, gegen Diskriminierungen behinderter Menschen zu protestieren.

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Corona-bedingt finden die Veranstaltungen dieses Jahr anstatt auf der Straße, weitgehend im virtuellen Bereich, also Online, statt.

Ziele der Protestaktionen sind u.a., Diskriminierungen in Corona-Zeiten zu verhindern und die Rahmenbedingungen einzufordern, um aus dieser Krise heraus eine barrierefreie, vielfältige und inklusive Gesellschaft zu schaffen.

Hier müsse man genau hinschauen und schnellstmöglich Benachteiligungen konsequent abbauen. Ottmar Miles-Paul von der ISL kritisiert:

Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie zeigt sich schändlich, wie weit Deutschland trotz UN-Behindertenrechtskonvention noch von Inklusion und Barrierefreiheit entfernt ist. Es gibt kaum Informationen in Gebärdensprache für gehörlose Menschen oder in Leichter Sprache für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Blinde und sehbehinderte Menschen werden durch viele, für sie nach wie vor nicht barrierefreie, Internetangebote benachteiligt. Behinderte Schüler*innen und ihre Eltern werden derzeit meist genauso vergessen, wie die Menschen, die hinter verschlossenen Türen in Einrichtungen leben müssen. Meist ohne Kontrollen und Kontaktmöglichkeiten müssen hunderttausende Menschen unter erschwerten Bedingungen in Behinderten-, Alten- oder Pflegeeinrichtungen leben und sind dort zum Teil erheblichen Gefahren ausgesetzt.

Vor allem werde in dieser Situation nach Ansicht von Uwe Frevert vom Vorstand der ISL deutlich, dass das Leben behinderter und älterer Menschen immer noch geringer bewertet wird, als das von sogenannten nichtbehinderten Menschen. „Dies zeigt sich besonders anhand der aktuellen Diskussion zur Triage, also darüber, wer zuerst behandelt wird, wenn die Ressourcen knapp werden, bzw. wer ein Atemgerät bekommt. Die vorliegenden Empfehlungen der Fachgesellschaften sind völlig unakzeptabel und widersprechen dem Grundgesetz. Hier muss der Deutsche Bundestag endlich klare und benachteiligungsfreie Vorgaben machen“, erklärt Uwe Frevert.

Die Nachteile der Exklusion behinderter Menschen in Sondereinrichtungen würden auch daran deutlich, dass diejenigen behinderten Menschen weitgehend vergessen werden, die zu Hause wohnen und ihre Assistenz selbst organisieren. „Es fehlt an Schutzausrüstung, Coronatests und Regelungen für den infektionsbedingten Ausfall von Assistenzkräften bzw. bei der Infektion von behinderten Menschen. Die Gefahr, dass behinderte Menschen bei Versorgungsproblemen schnell in Einrichtungen oder ins Krankenhaus müssen, ist nach wie vor groß und beängstigend“, betont Uwe Frevert.

Mit vielfältigen Aktionen verschiedener Verbände und Akteur*innen wird daher um den 5. Mai herum mit Online-Veranstaltungen und mit Videos in den sozialen Netzwerken auf die Diskriminierungen behinderter Menschen hingewiesen. Am 5. Mai findet beispielsweise um 14 Uhr eine bundesweite Online-Kundgebung zum Protesttag auf www.maiprotest.de statt.

„Vor allem fordern wir, dass wir aus dieser Krise endlich Lehren ziehen und die Zukunft barrierefrei und inklusiv gestalten. Hierfür ist es nötig, dass bei öffentlichen Förderungen und Investitionen die Barrierefreiheit und eine inklusive Ausrichtung ein zentrales Förderkriterium wird“, betont Ottmar Miles-Paul. „Es ist nach wie vor eine Schande, dass in Deutschland private Anbieter von Dienstleistungen und Produkten nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet sind. Hierfür müssen endlich die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden.“

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2 Kommentare

  • Was machen Behindertenorganisationen und -Vertretungen in Österreich am 5. Mai ???
    Wieder nix? Oder eine kurze Grußbotschaft als Alibi-Handlung über unsere wirklich aktiven Freund*innen aus Deutschland? Haben wir denn in Österreich paradiesische Zustände oder einfach zuwenig Mut und Zuviel an Trägheit, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken?? Was muss denn noch alles passieren, dass wir endlich aufwachen?! Reicht die Coronakrise noch immer nicht als Weckruf?!!

    • Jede und jeder ist aufgefordert, selbst etwas anzuzetteln und was zu tun, nicht nur motzen oder bei anderen abladen!