Hinter all den Hilfsaktionen
In diesen Tagen und Wochen der unbeschreiblichen Flutkatastrophe, der entsetzlichen Zerstörung in unserer geliebten Heimat und anderswo, des fassungslosen Entsetzens der Menschen, lassen sogar vermeintlich „hartgesottene“ Politiker plötzlich ihr oft gut verstecktes Gefühlsleben erkennen.
Das steht ihnen gut an. Sie vermitteln das Gefühl ehrlicher, tief empfundener Betroffenheit und den Willen, schnell und effektiv zu helfen.
Hinter all den Hilfsaktionen, – egal woher sie auch kommen – (von Politikern bis hin zum Nachbarn) steht nicht die Frage, wieviel unsere Hilfeleistung wert ist, sondern ob sie geeignet ist, dem Nächsten ein menschenwürdiges Dasein zu ermöglichen. (Einstmaligen Besuchern eines Religionsunterrichtes sicherlich bekanntes christliches Gedankengut!)
Bevor ich aber in tiefes Philosophieren verfalle, möchte ich an dieser Stelle doch auf jene, mir unlängst widerfahrene Begebenheit zu sprechen kommen.
Ort des Geschehens: ein Strassencafe im 3. Bezirk, das ich im Sommer gerne aufsuche.
Zeit: ein Sonntagvormittag, der zum Zeitunglesen und Seelebaumeln einlädt. Drei runde Tische stehen zur Verfügung, wobei die beiden äusseren von 2 bzw. 1 Dame besetzt waren. Den in der Mitte wollte nun ich in Beschlag nehmen. Da einige Sessel im Weg standen, versuchte ich, für meinen Rollstuhl Platz zu schaffen. Als mir dies nicht so recht gelang, hoffte ich auf die Hilfe zumindest einer der „Damen“. Doch die waren auf einmal intensiv damit beschäftigt, den Gebrauch eines Handys zu erörtern. Meine Anwesenheit wurde nicht nur demonstrativ ignoriert, das Auftauchen eines Behinderten schien die ehrenwerte Gesellschaft massiv zu stören, ja fast zu beleidigen.
Meine nun etwas lautstark geäußerte Frage, ob man mir vielleicht helfen könne, wurde mit erschrockenen und indignierten Blicken beantwortet. Die womöglich vage Hoffnung der irritierten Damen, ich würde doch nun freiwillig das Feld räumen, wollte ich nicht erfüllen.
Ergebnis des „Kampfes“: Rückzug der Übermacht, 3 Tische für mich allein!
Dieses für mich unerfreuliche Erlebnis steht mit Sicherheit in keiner Relation zu den Tragödien und Schicksalen, die jetzt Menschen erleiden. Es hat in mir jedoch die Frage entstehen lassen: wie gehen solche „Ausgrenzer“ mit anderen, auf fremde Hilfe angewiesenen Mitmenschen um?
Durch das Überweisen eines größeren Geldbetrages – womöglich im Beisein von Zeugen – kann man doch wunderbar zur Schau stellen, daß man ein „guter“ Mensch ist.
Wie sich zum Glück in den vergangenen Tagen und Wochen herausgestellt hat, sind die Menschen wesentlich besser, als ihnen oft nachgesagt wird.
Das läßt die Hoffnung zu, daß auch wir „Behinderte“ eines Tages nicht mehr als bloßes Ärgernis in der Gesellschaft empfunden werden!