Reform des Sachwalterrechts: Wartezeit bis zur Umsetzung nutzen!

Individuelle Verbesserungen sind schon jetzt möglich

Foto Buchregal mit vielen Büchern zum Thema Sachwalterschaft
Norbert Krammer

Das Sachwalterrecht wird mit Juli 2018 vom neuen Erwachsenenschutzgesetz abgelöst. Im Sinn der UN-Behindertenrechtskonvention gibt es bei Bestellung einer gerichtlichen Erwachsenenvertreterin /eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters keine automatische Einschränkung der Geschäftsfähigkeit / der rechtlichen Handlungsfähigkeit.

Obwohl es in diesem Bereich noch eine Verlängerung der Übergangsfrist um ein Jahr gibt – die nur im Einzelfall durch Gerichtsbeschluss vorzeitig beendet werden kann – wird ein großer Schritt zur Erhaltung von Selbstbestimmung trotz Vertretung vollzogen.

Zu umfangreiche Wirkungskreise

Bereits bei der Gesetzes-Novelle im Jahr 2006 waren sich alle ExpertInnen einig, dass die vom Gericht beschlossenen Wirkungskreise der SachwalterInnen viel zu weit gefasst sind. Besonders die unglaubliche Häufung von Sachwalterschaften für „Alle Angelegenheiten“ steht im Zentrum der Kritik.

Rund 60 Prozent der SachwalterInnen-Bestellungen erfolgten in dieser umfassenden, an die Entmündigung erinnernden, Form. Die Justizstatistik weist weiterhin einen ähnlich hohen Anteil solcher Bestellungen aus, mit der die Einschränkung der Geschäftsfähigkeit in allen Lebensbereichen verbunden ist.

Die Erfahrung aus der professionellen Vereinssachwalterschaft zeigt seit Jahren, dass „Alle Angelegenheiten“ als Wirkungskreis unnötig ist. In diesem Fall ist zu raten, bei Gericht einen Antrag auf Einschränkung der Angelegenheiten einzubringen und gleichzeitig die wirklich notwendigen Vertretungstätigkeiten aufzulisten.

Ebenso ist die oft pauschale Auflistung von Vertretungen gegenüber Ämtern, Behörden, Gerichten, Sozialversicherungsanstalten, etc. im Einzelfall zu hinterfragen. Angelegenheiten, die nicht mehr relevant sind – beispielsweise die Vertretung in einem bereits abgeschlossenen Verlassenschaftsverfahren – sollten gestrichen werden.

Verwaltung von Vermögen sollte real erforderlich sein und nicht aus verfahrensökonomischen Überlegungen weiter bestehen, obwohl nur ein minimales Monatseinkommen und das kleine Bankguthaben verwaltet werden müssen.

Diese Liste ließe sich noch lange fortsetzen. Aber wichtiger ist die Beurteilung im Einzelfall. Die Gerichte sind auf Grund der schon jetzt bestehenden klaren gesetzlichen Definition dazu angehalten, den Wirkungskreis der SachwalterInnen auf die aktuell und konkret notwendigen Angelegenheiten, bei denen ein realer Nachteil für die vertretene Person droht, einzugrenzen.

Die durch die Reformdiskussion hervorgerufene zunehmende Sensibilität gegenüber Sachwalterschaften sollte genutzt werden, um die ausgesprochenen Wirkungskreise auf ihre weitere Notwendigkeit zu überprüfen.

Sachwalterrecht besser umsetzen und auf Veränderungen vorbereiten

Bei der notwendigen kritischen Diskussion zum gültigen Sachwalterrecht wurde deutlich, dass neben bestehendem Modernisierungs- und Verbesserungsbedarf, die Umsetzung des gesetzlichen Rahmens die zentrale Schwachstelle ist.

Beispielsweise die überschießende Definition von Angelegenheiten und damit Einschränkung der Geschäftsfähigkeit. Oder die Probleme durch Bestellung wenig geeigneter Personen zu SachwalterInnen oder massenhafte Bestellung einzelner privater Personen oder einzelner VertreterInnen von Rechtsberufen.

Auch das Missachten der vorgeschriebenen Wunschermittlungspflicht bei wichtigen Angelegenheiten oder das Unterlassen des erforderlichen monatlichen Kontaktes gehören zu den Umsetzungsdefiziten.

Nicht alle Problembereiche werden durch das neue Erwachsenenschutzgesetz ab Mitte 2018 beseitigt. Einige Schwachstellen können schon jetzt aktiv angegangen werden, indem zum Beispiel Anträge auf Einschränkung der Angelegenheiten gestellt werden oder eine Beendigung der Sachwalterschaft angedacht wird.

Wenn es keinen Kontakt mit der bestellten Sachwalterin / dem bestellten Sachwalter gibt, sollte das Gericht informiert werden. Eine Umbestellung auf eine andere Person kann immer geprüft werden. Die erforderlichen Jahresberichte der Sachwalterin / des Sachwalters können eingesehen oder angefordert werden.

Und schon jetzt können Vorüberlegungen angestellt werden, ob Alternativen – gewählte Erwachsenenvertretung oder die dann erweiterte Form der gesetzlichen Erwachsenenvertretung – denkbar sind. Oder ob die Vertretungsform nicht überflüssig ist, wenn Unterstützungssysteme aktiviert werden können.

Mit den notwendigen Anpassungen im Rahmen des Sachwalterrechts sollte spätestens jetzt gestartet werden! Damit kann schon vor Inkrafttreten des Erwachsenenschutzgesetzes die Einschränkung minimiert und die Selbstbestimmung vergrößert werden.

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