Es bleibt dabei: Die Regierung will das Behindertengleichstellungsgesetz ändern, um sich in den nächsten Jahren Umbaukosten zu ersparen. Dafür wird die Ausgleichstaxe für Unternehmen doch weniger erhöht. Ein Kommentar.

Wenige Maßnahmen im geplanten Sparbudget haben solch ein Kopfschütteln verursacht wie die Verschiebung der gesetzlich vorgeschriebenen Barrierefreiheit gemäß Behindertengleichstellungsgesetz. Fast durchgängig wurde das Ansinnen der Bundesregierung, auf Kosten der Barrierefreiheit zu sparen, abgelehnt.
Die Kleine Zeitung berichtet nun von einer Variation dieser Idee. Es soll nicht mehr automatisch zu einer Verlängerung der Übergangsfrist für Barrierefreiheit bis 2020 kommen, sondern es muss dazu ein fixer Zeitplan vorgelegt werden.
Wie ist das zu bewerten?
„Die aber schon im Begutachtungsentwurf ventilierte Möglichkeit, diese Frist zu erstrecken, bleibt jedoch weiter bestehen. Allerdings muss dazu ein fixer Zeitplan vorgelegt werden. Absolute Deadline für die Barrierefreiheit ist 2020“, schreibt die Kleine Zeitung.
Es ändert sich dadurch nichts an der Möglichkeit, die Verschiebung der Barrierefreiheit um 4 Jahre durchzuführen. Einzelne Ministerien haben ja schon penibel berechnet, was sie sich dadurch ersparen (Beispielsweise das Bildungsministerium mehr als 85 Millionen Euro).
Neu ist nun, dass man einen fixen Zeitplan vorlegen muss. Das ist keine Kunst und auch kein großer Aufwand. Ein paar Zeilen Text und einige Tabellen Absichtserklärungen reichen völlig, wie die Vergangenheit eindrucksvoll gezeigt hat.
Das wirklich Verwerfliche ist das Vorgehen des Sozialministierums, welches völlig ohne Not die gesetzliche vereinbarte Barrierefreiheit bis Anfang 2016 auf Wunsch dreier Ministerien verschob.
„Nachdem das Gesetz zufälligerweise bei mir ist, hab‘ ich dann diesem Drängen nachgegeben, habe gesagt, ok, wir erstrecken das um 4 Jahre“, erläutert der Sozialminister, wie einfach aus seiner Sicht die Dinge sind.
Nochmals Änderungen beim Kündigungsschutz und der Ausgleichstaxe
Auch in anderen Bereichen (erhöhter Kündigungsschutz sowie der Höhe der Ausgleichstaxe) soll es noch Änderungen der bisher vorgelegten Pläne geben. Der Kündigungsschutz soll nun sogar vier (statt wie bisher geplant drei) Jahre nicht wirksam werden.
Die Ausgleichstaxe für Unternehmen – trotz Kritik ob der geringen Erhöhung – sogar nochmals gegenüber den ursprünglichen Plänen reduziert. Im Sparpaket war von einer Erhöhung von 226 Euro auf 346 Euro die Rede für Dienstgeber, „die 100 oder mehr Arbeitnehmer beschäftigen“.
Man mag es kaum glauben, aber der Verfassungsdienst des Bundeskanzleramtes äußerte dagegen Bedenken.
Was nun kommen soll: „Bei 25 bis 99 Mitarbeitern bleibt die Taxe bei 226 Euro pro Person und Monat, ab 100 Mitarbeitern wird sie auf 316 Euro erhöht, ab 400 Mitarbeitern auf 336 Euro.“
Gertrude Sladek,
30.11.2010, 12:04
@Gerhard Lichtenauer
Vollinhaltliche Zustimmung. Es grasiert eine Umfrage zum Thema Neuwahlen und die Mehrheit der Befragten glaubt ernsthaft an vorgezogene Neuwahlen, denn am Thema der Verwaltungsreform kratzt keiner so wirklich, lass ma lieber die Behinderten tümpeln, anstatt dass wir uns von den Futtertrögen zurückdrängen lassen wollen. Auch das ist kein neues Verhaltensmuster in der Menschheitsgeschichte.
Jürgen Wecker,
30.11.2010, 11:44
Da schau her, Eure sind ja genauso grausam wie Unsere, nur machen die das etwas anders. Unsere Aktivgruppe „Barrierefreiheit für alle“ bemüht sich zur Zeit um wirklich barrierefreie Straßenquerungen, aber die Politik hält sich hier lieber bedeckt und unterstützt damit die weitgehend unmöglichen Forderungen der blinden Mitbürger, also noch krassere Barrieren als zur Zeit üblich. Auch Schweigen schafft Tatsachen. Aber für uns, dem Rädervolk wäre es vorteilhaft, wenn die Übergänge auf Null abgesenkt würden und wenn das Ende des Gehweges mit einer Riffelplatte gekennzeichnet würde, damit Langstockgeher auch feststellen können, das der Gehweg endet.
erwin riess,
30.11.2010, 11:37
gerhard lichtenauer hat recht. bitte sein posting noch mal genau lesen.
Vera Rebl,
30.11.2010, 11:26
Die Ausgleichstaxe hat doch nur Sinn, wenn sie die Höhe eines Kollektivvertragslohnes hat.
meia,
28.11.2010, 20:49
Unfassbar – behindertenfeindlich – unsozial – Sparen am falschen Platz!
Die Bundesregierung und deren Minister speziell der Un-Sozialminister sitzen in einem Glashaus – es ist nur eine Frage der Zeit, bis ein riesiger Scherbenhaufen zurückbleibt.
Anonymous,
28.11.2010, 17:38
es ist so grauslich und erbärmlich – wenn da kein bewusstein beim minister vorhanden ist, dann lasst uns doch barrieren schaffen … manche menschen lernen nur durch selbsterfahrung – zugänge/eingänge blockieren ist mal eine idee und ich denke, es gibt noch viel mehr kreative sachen …
Gerhard Lichtenauer,
28.11.2010, 17:37
Dieses behindertenfeindliche SPÖ-ÖVP Regime ist nicht planlos: Jetzt wird ein Terminplan für die Verlängerung von Menschenrechtsverletzungen verlangt. Diese Regierung ist zielgerichtet delinquent bei der Umsetzung von Menschenrechten und konsequent bösartig in der Leugnung von Unterstützungspflichten.
Diese asozialen und menschenrechtsignoranten Repräsentanten dieser Regierung sind einem eugenisch ökonomistischen Grundkonsens verhaftet, der bereits vor 80 Jahren eine Katastrophe einleitete.
Es besteht leider nur noch wenig Hoffnung, dass einzelne Parlamentarier ihres freien Mandats besinnend und dem verfassungswidrigen Clubzwang eins pfeiffend, dafür votieren, dem Grundkonsens der Menschenrechte, der sozialen Sicherheit und des Gemeinwohls für Alle zu folgen.