Regierung plant Demontage der Pflegevorsorge – Teil 2

Brief an Regierungsmitglieder

Angesichts der angekündigten drastischen Einsparungspläne der Bundesregierung beim Pflegegeld haben wir nachfolgendes Schreiben an den Bundeskanzler und die Vizekanzlerin, den Arbeits- und die Sozialministerin, die Klubobmänner und die Behindertensprecherinnen der Regierungsparteien gerichtet:

„Sehr geehrter Herr Bundeskanzler!

Die Hauptaufgabe unseres Zentrums ist es, behinderte Menschen umfassend zu informieren und zu beraten. Aus unserer Arbeit wissen wir daher, daß sich die Lebenssituation vieler behinderter und pflegebedürftiger Menschen seit der 1993 in Kraft getretenen Pflegevorsorge zum Besseren verändert hat.

Für behinderte Menschen, die nicht im Familienverband leben können und sich daher ihre Hilfe und Assistenz selbst organisieren müssen, stellt sich jedoch die Situation sehr oft anders dar.

Wie Sie sicherlich wissen, ist die Arbeits- bzw. die Einkommenssituation dieser Personengruppe nicht immer zum Besten bestellt. Auf der anderen Seite muß sich diese Personengruppe die benötigte Hilfe bzw. Assistenz selbst organisieren und einkaufen.

Mit dem Pflegegeld, das ja bekanntlich nur einen Zuschuß darstellt, kann aber nur ein kleiner bzw. geringer Teil dieser Kosten finanziert werden.

Daher ist die finanzielle Situation dieser Gruppe bereits jetzt äußerst angespannt. Wer benötigte Hilfe nicht organisieren bzw. bezahlen kann, ist nach wie vor von einer Einweisung in ein Pflegeheim bedroht. Fast immer geschieht dies gegen den Willen der Betroffenen.

Wir können aus diesen Gründen die neuerliche Diskussion über ein einkommensabhängiges Pflegegeld nicht verstehen und akzeptieren.

Sie geht völlig an der Realität der Betroffenen vorbei und würde eine weitere Verschlechterung ihrer Lebenssituation bedeuten und sie gegenüber nichtbehinderten Menschen neuerlich benachteiligen.

Zur Information dürfen wir Ihnen einige Fakten aus der Praxis näherbringen:

  • Die Sozialen Dienste z. B. in Wien sind etwa für jene Menschen, die nicht gerade die Mindestpension beziehen, nahezu unerschwinglich. Mehr als 5 Stunden Hilfe pro Tag werden zumeist gar nicht bewilligt,
  • durch die 54. ASVG-Novelle wurde das Beschäftigen von Persönlichen AssistentInnen verkompliziert und verteuert,
  • durch die Änderung des Stundenförderungsgesetzes ist die Beschäftigung von StudentInnen als Persönliche AssistentInnen ebenfalls schwieriger geworden,
  • wenn jemand Hilfe rund um die Uhr benötigt, kostet dies im günstigsten Fall in Wien knapp 3.000 Schilling pro Tag.

Aus den oben angeführten Gründen fordern wir daher seit Jahren für diese Gruppe von Betroffenen ein Pflegegeld in Höhe des tatsächlichen Bedarfs und gegen Nachweis der tatsächlich bezahlten Beträge.

Diese Lösung hätte zudem noch den Vorteil, daß – wie wir aus Beispielen aus Dänemark, Schweden oder den Niederlanden wissen – hier viele neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten.

Wir müssen Sie daher eindringlich ersuchen, von den geplanten Verschlechterungen Abstand zu nehmen. Durch die Nichtvalorisierung des Pflegegeldes ist es für die Betroffenen zu einem beträchtlichen Kaufkraftverlust gekommen.

Wir ersuchen Sie daher, sich für eine Verankerung der Valorisierung im Gesetz einzusetzen. Weiters dürfen wir Sie bitten, die seinerzeitig beschlossene 50 % Kürzung des Taschengeldes für HeimbewohnerInnen rückgängig zu machen. In Erwartung Ihrer baldigen Antwort verbleiben wir …“

Wir werden Ihnen in der nächsten Nummer von BIZEPS-INFO über die Antworten berichten.

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