Reizendes „Licht ins Dunkel“

Der Name "Licht ins Dunkel" ist tiefsinnig und edel, und wirkt. Und offensichtlich wirkt er gut.

„Licht ins Dunkel“ ist eine Geschichte mit Erfolg. „Licht ins Dunkel“ hat sich in dreißig Jahren verändert, entwickelt, ist moderner geworden. Der griffige Slogan „Licht ins Dunkel“, die Überschrift, die Marke ist geblieben. Warum? Weil der Name eine gute Geschichte verspricht und wir alle gerne Geschichten mögen. Gute Geschichten bergen in sich mehr oder weniger versteckt alte archaische Muster, Mythen.

Heute wird ja im Marketing nicht mehr mit Produktinformation geworben sondern mit Emotionen und mythologischen Kürzestgeschichten. Die Story und das Flair einer Marke entscheiden. Gute Geschichten haben aber auch eine kritische Position und ermöglichen Zugang und Auseinandersetzung mit verschiedenen Lebensformen und Sichtweisen. Das aber fehlt bei „Licht ins Dunkel“.

„Licht ins Dunkel“ vermarktet den Mythos von gut und böse, von hell und dunkel, von oben und unten, von integriert und exkommuniziert. Der Name „Licht ins Dunkel“ bringt dies klar zum Ausdruck. Archaische Bilder in uns wissen das Licht mit dem Leben, mit Glück und Freude verknüpft. Dunkelheit und Nacht stehen für Krankheit, Leid und Sterben.

Bei Lichte betrachtet ist der Titel „Licht ins Dunkel“ diskriminierend und abwertend, weil er einen einseitigen Bezug zur Wirklichkeit herstellt, und diese damit verzerrt. Wer Hilfe brauchen kann wird der dunklen Seite des Lebens zugeordnet, wer gibt und spendet kommt von oben mit Licht und mit Geld. Geld macht die Nacht zum Tag. Wer Hilfe brauchen kann darf von unten nach oben zum Lichte blicken und fragen: „Ist da jemand?“.

Betroffene Menschen, die auf Hilfeleistungen angewiesen sind werden auf diese Weise hinters Licht geführt und erscheinen in einem schiefen Licht. Verschiedene Lebenswelten werden mit dem Bild von Licht und Dunkel drastisch und eindringlich gegenübergestellt. Die Distanz zwischen gesund und krank, zwischen Spender und Empfänger wird vergrößert. Die Vorurteile der Nichtwissenden werden bestärkt und bestätigt und behindern einen unverfangenen Blick auf die Wirklichkeit der Menschen, die Hilfe brauchen. Angst vor Neuem und Fremden wird nicht abgebaut. Aufklärung erfolgt keine. Verzerrte Bilder erhöhen die Quote. Diese Art von Berichterstattung ist eine der erfolgreichsten.

Sind lediglich Spendenrekorde das oberste Gebot mögen diese Mittel schon recht sein. Eine etwas undifferenzierte mediale Ausschlachtung von Einzelschicksalen in schwarz-weiß, in licht und dunkel passt dazu. Werden Aufklärung, Akzeptanz und ein respektvoller Umgang als Werte von der Aktion „Licht ins Dunkel“ angestrebt, sollte diese reizende Marke umbenannt werden.

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