Rollstuhlfahrer, die versuchen, Weltraumflüge barrierefreier zu gestalten

Zwölf Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen nahmen an einem Parabelflug teil, um so dabei zu helfen, den Raumflug auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich zu machen.

Links: Centra Mazyck fliegt schwerelos auf uns zu mit ausgebreiteten Armen. Rechts: Gruppenfoto vor einem Flugzeug. Hintere Reihe stehend, von links nach rechts: Mary Cooper, Cheri Wells-Jensen, Eric Shear, Apurva Varia, Sina Bahram, Zuby Onwuta, Mona Minkara, Viktoria Modesta. Vorne: Sawyer Rosenstein, Dana Bolles, Eric Ingram, Centra Mazyck
AstroAccess/Zero G Corporation

Für den 27-jährigen Rollstuhlfahrer Sawyer Rosenstein ist im September 2021 ein Traum wahr geworden. Er und drei weitere Rollstuhlfahrer nahmen mit zwölf anderen Menschen mit Behinderungen an einem Parabelflug von AstroAccess teil.

Ein Parabelflug ist ein spezielles Flugmanöver, bei dem eine Parabel geflogen wird, um so die im Weltall vorherrschende Schwerelosigkeit zu simulieren.

Im Inneren des Flugzeugs befinden sich 38 Sitze mit Gurten, die im hinteren Teil des Flugzeugs angebracht werden. Im vorderen Teil des Flugzeugs gibt es einen großen offenen Bereich mit gepolsterten Wänden, um die verschiedenen Stufen der Schwerelosigkeit sicher erleben zu können.

Die Gruppe flog zunächst fünfzehn aufeinander folgende Parabeln zwischen 7300 und 9500 Metern hoch über dem Pazifik. Zunächst simulierte man eine begrenzte Schwerelosigkeit, die ungefähr der auf dem Mond oder dem Mars ähnelt. Dann folgten zwölf Parabeln in völliger Schwerelosigkeit.

Ein ganz neues Gefühl

Das war für Sawyer Rosensteins erster Parabelflug. Rosensteins erste Aufgabe klingt erst einmal simpel. Sie bestand darin, mit begrenzter Schwerkraft an Ort und Stelle stehen zu bleiben. Doch das ist gar nicht so leicht wie es sich anhört. Rosenstein beschreibt in einem Artikel von NewMobility wie sich die Schwerelosigkeit für ihn angefühlt hat. „Bei der Simulation der Marsgravitation stieß ich mich mit der Hand vom Boden ab und hüpfte im Grunde wie ein Frosch auf und ab“.

Die Schwerkraftsimulation des Mondes führte dazu, dass Rosenstein das erste Mal seit langer Zeit erleben konnte, wie es ist zu stehen.

„Zum ersten Mal seit 15 Jahren war ich tatsächlich aufrecht“, beschreibt Rosenstein. Er dachte sofort: „Das möchte ich nochmal machen“. Die totale Schwerelosigkeit beschreibt er als bizarres Gefühl: „Es ist wie wenn man oben auf einer Achterbahn steht und kurz davor ist von der Kante zu springen. Man hat das Gefühl auf dem Sitz zu schweben, bleibt aber trotzdem einfach liegen“.

Der Körper habe sich während der Schwerelosigkeit wirklich gut angefühlt, beschreibt Rosenstein. „Zum ersten Mal seit langer Zeit merkte ich, dass ich keine Schmerzen hatte. Es ist wirklich erstaunlich wie schnell sich der Körper daran gewöhnt und wie gut sich das anfühlt“.

Wie funktioniert Raumfahrt barrierefrei?

Ein wichtiges Ziel des Fluges war es, herauszufinden, wie Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen mit den Anforderungen der Schwerelosigkeit zurechtkommen und welche Probleme es bei der bestehenden Raumfahrt gibt. Eines der größten Probleme war es, in der Schwerelosigkeit still stehen zu können, sagt ein anderer Teilnehmer im Rollstuhl.

Auf der internationalen Raumstation benutzt man Fußhalterungen, um stillstehen zu können, die sind aber nicht für Menschen im Rollstuhl oder für Menschen mit Amputation der unteren Gliedmaßen geeignet. Wichtig ist es, sicherzustellen, dass die Lösungen auf eine große Zahl von Menschen anwendbar sind.

So gibt es die Möglichkeit der Verwendung von Handschlaufen, diese können auch taktile Markierungen enthalten, mit denen Menschen mit eingeschränktem Sehvermögen erkennen können, wo sie sich gerade befinden.

Rosenstein stellte fest, dass er, um die Aufgaben in der Schwerelosigkeit zu erfüllen, beide Hände freihaben musste. Eine Astronautin kam in diesem Zusammenhang auf einen Mechanismus, der in Raumanzügen verwendet wird, die für Weltraumspaziergänge benutzt werden. Dieser ermöglicht es, sich selbst an Ort und Stelle zu halten und gleichzeitig eine gewisse Beweglichkeit für den Gebrauch der Hände zu haben.

Nicht immer sind Hightech-Lösungen nötig, um Probleme zu lösen. Rosenstein benutzte einfach Klettbänder, um seine Beine zusammen zu halten und eine Schlaufe an seiner Hose, um seinen Oberkörper positionieren zu können.

Menschen mit Behinderungen von Anfang an miteinbeziehen

Das möchte AstroAccess: „Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Raumfahrzeuge so neu sind, dass es sehr einfach ist, sie zu modifizieren und besser zugänglich zu machen“, sagt Rosenstein. Die Tatsache, dass er selbst nur simple Mittel – wie ein Klebeband oder ein Schaumstoffkissen brauchte – beweist, dass die Änderungen, die man an einem Raumfahrzeug vornehmen müsste, minimal wären.

Die Zukunft liegt im Weltall

AstroAccess ist nicht das einzige Projekt, das sich mit Inklusion von Menschen mit Behinderungen in der Raumfahrt beschäftigt. 2021 suchte die European Space Agency (ESA) erstmalig auch Menschen mit Behinderungen für Missionen. In der 49. Radiosendung von barrierefrei aufgerollt wird Rüdiger Seine von der ESA dazu interviewt.

Eric Ingram ist Rollstuhlfahrer und nahm ebenfalls am Parabelflug teil. Er ist Mitglied der Space Frontier Foundation – das ist eine Organisation, die sich für die Besiedelung des Weltalls einsetzt. Flüge wie diesen Parabelflug, findet Ingram, sollten keine einmalige Sache sein, sondern der Beginn einer ganzen Reihe von Flügen, welche die Forschung vorantreiben. Bei dem Flug habe Ingram sehr interessante Dinge erfahren, z.B. wie sich der Körper und grundlegende funktionelle Fähigkeiten in der Schwerelosigkeit verändern.

Auch der 2018 verstorbene Astrophysiker Stephen Hawking nahm schon an einem Parabelflug teil und meinte, dass die Zukunft der Menschheit im Weltall liegen müsse.

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5 Kommentare

  • Vielleicht könnte man solche Parabell Flüge unabhängig von der Raumfahrt als Theraphieflüge anbieten, wenn manche Leute keine Schmerzen mehr hatten oder aufrecht stehen konnten. Ist sicher teuer aber das sind Delphintherapien oder ähnliches auch, man könnte Geld für Kinder sammeln die nicht mehr lange leben usw..

    Statt Barrierefreiheit in der Raumfahrt sollte man aber in die Situation der Behinderten im Alltag investieren, da gebe ich den Anderen recht. Die Raumfahrtbehörden bekommen generell zu viel Geld und produzieren zu wenig Ergebnisse, wie dies typisch für staatliche Organisationen/Firmen oft leider ist, da sie nicht in Konkurs gehen können..

    • Parabelflüge können, vorausgesetzt das Geldbörserl ist dick genug, normal gebucht werden. Da sprechen wir aber oft von 10.000 € aufwärts.

  • Eine Handvoll Menschen träumen von einer barrierefreien Weltraumfahrt.
    Millionen behinderte Menschen werden auf der Erde täglich diskriminiert, ignoriert, abgesondert, weggesperrt, vergessen.
    Ich finde einen solchen unreflektierten Artikel zynisch und entbehrlich!

    • Der windfall profit der erfondung des lasers war der beamer ……der rolli im mond koennte fuer furore sorgen.

    • Genau, total entbehrlich, unnötig und überflüssig!