Sängerin im Rollstuhl zwischen den Fronten

Konflikt zwischen Ukraine und Russland greift auf den Eurovision Song Contest über

Julia Samoilowa
EBU

The flame is burning“, zu deutsch: Die Flamme brennt, so lautet der Titel des Liedes der diesjährigen russischen Eurovision Song Contest-Teilnehmerin. Ihr Name ist Julia Samoilowa.

Die junge Rollstuhlfahrerin war Teilnehmerin einer russischen TV-Show und eröffnete 2014 die Paralympics in Sotschi. Während für Samoilowa ein Kindheitstraum wahr wird, kochen in Russland und in der Ukraine die Gemüter hoch. 

Ukraine droht mit Einreiseverbot

Der jahrelange Konflikt zwischen der Ukraine und Russland droht jetzt der Song Contest-Teilnahme Samoilowas einen Strich durch die Rechnung zu machen. Der Grund: Die Sängerin trat 2015 in der Stadt Kertsch auf der ukrainischen Halbinsel auf. Die Krim ist 2014 von Russland besetzt worden. 

Seit dieser Besetzung ist es verboten, über Russland in die Ukraine einzureisen. Vom ukrainischen Geheimdienst wird derzeit geprüft, ob Samoilowa bei ihrem Auftritt 2015 über Russland in die Ukraine gekommen ist. Sollte dies der Fall sein, dürfte sie nicht mehr in die Ukraine einreisen und könnte somit nicht am Song Contest teilnehmen. 

Samoilowas Behinderung instrumentalisiert?

Die Tatsache, dass Samoilowa Rollstuhlfahrern ist, macht die Sache noch zu einem ganz eigenen Politikum. Beide Seiten spielen scheinbar Samoilowas Behinderung gegeneinander aus.

Die Ukraine unterstellt Russland, dass bewusst eine Teilnehmerin im Rollstuhl gewählt wurde, damit bei einem möglichen Einreiseverbot für die Sängerin die Ukraine international als diskriminierend dastehen würde. Der ukrainische Außenminister, Pawel Klimkin, meint, das Gesetz solle für alle gelten und dass Russland schon seit vielen Jahren Provokationen gegen die Ukraine betreiben würde. Der Kreml bestreitet das. 

Die Politik solle sich aus dem Eurovision Song Contest raushalten

Ein Song Contest sei internationaler Wettbewerb und man müsse sich daher an internationale Regeln halten, so ein Sprecher des Kremls. Von russischer Seite aus wird behauptet, dass Samoilowa einfach die beste Kandidatin gewesen sei.

Man wolle eine Person mit einer interessanten Geschichte und keine Person aus dem Showbiz, so der Leiter der russischen Delegation des Songcontestes in einem Ö1-Bericht vom 15. März 2017 im Morgenjournal. 

Bis jetzt steht noch nicht fest, ob die Sängerin teilnehmen darf. Auch ob die Behinderung der Sängerin tatsächlich instrumentalisiert wurde, kann man noch nicht mit Sicherheit sagen. Fest steht, dass sie in der ganzen Diskussion sehr auf ihre Behinderung reduziert wird. Das wird sogar von den heimischen Medien übernommen. Im Ö1-Bericht verwendet die Sprecherin Carola Schneider die Redewendung „an den Rollstuhl gefesselt“.

Die Person an sich oder ihr Talent scheinen nicht mehr zu zählen. Für die Sängerin wäre es traurig, wenn sie nur ein politischer Schachzug ins Rampenlicht gerückt hätte. Fest steht aber auch, dass auch Samoilowa sich an das Einreiseverbot der Ukraine halten müsste, denn Gesetze gelten nun mal für alle. Weder die Behinderung noch der Song Contest können daher einen Ausnahmefall schaffen.

„Der Veranstalter will sie nun per Satellit live aus Russland zuschalten lassen“, berichtet der Spiegel.

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4 Kommentare

  • Absolut legitim. Wenn jemand für Russland, also für Putin in einen Wettbewerb geht, spielt der Rollstuhl keine Rolle, sondern die politische Haltung. Somit ist das Verbot mehr als richtig. Im Grunde ist es ja für Russland peinlich, wenn sie eine – salopp gesagt – Behinderte ins Rennen schickt um Ukraine auf dem Weg auch noch eins reinzuwürgen. Unterm Strich passts aber auch perfekt zur restlichen Propaganda Russlands.

  • Hier müßten sich aller Teilnehmerstaaten einig sein und auf die Teilnahme am Song Contest in der Ukraine verzichten. Alle können sich an anderer Stelle treffen und Ihre Songs dort vortragen. Wenn die Ukrainer meinen den Song Contest politisieren zu müssen, dann sollen sie auch das Schicksal tragen und alleine trällern. Auf keinen Fall sollte der Ersatzort auf russischen Grund sein, das würden die Russen leidenschaftlich politisch ausnutzen, das würde der Rollstuhlfahrerin auch nichts nutzen, ihr vieleicht eher schaden und das würde mir auch nicht gefallen.

    • Der ESC war von Beginn an politisch und jetzt halt noch mehr. Man erinnere sich die Abstimmungen in den 90er. Wer hat da wen Punkte gegeben, sicherlich nicht aufgrund der künstlerischen Darbietung.

  • Das Einreiseverbot für die Sängerin ist schon in Kraft.